Die Linke reagiert verärgert auf das Vorgehen von CDU und CSU bei der Besetzung von Richterposten am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. „Es ist sehr irritierend, dass die Namen öffentlich sind, aber die Union weiterhin kein Gespräch mit uns über die Vorschläge und das zukünftige Verfahren zur Benennung geführt hat“, sagte Fraktionschefin Heidi Reichinnek. Gespräche seien Bedingung für eine potenzielle Zustimmung in der Sache.

Die Linke wird – neben den Grünen – für die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit zur Richterwahl gebraucht, wenn Union und SPD sich nicht auf Stimmen der AfD stützen wollen. Die Union hat einen Grundsatzbeschluss, dass es weder mit der AfD noch mit der Linken parlamentarische Zusammenarbeit geben soll. Die Linke will hingegen im demokratischen Lager einbezogen werden. Reichinnek sagte, die Union spiele parteipolitische Spielchen und schade „damit unserer Demokratie und dem Verfahren“.

Kreise der Unionsfraktion im Bundestag hatten der dpa zuvor bestätigt, dass CDU und CSU Richter Günter Spinner vom Bundesarbeitsgericht bei der für nächste Woche geplanten Wahl im Bundestag aufstellen will. Spinner war Ende Mai von allen jetzigen Bundesverfassungsrichtern favorisiert worden. Aus Unionsfraktionskreisen hieß es: „Wer den jetzt nicht wählt, beschädigt damit das Bundesverfassungsgericht selbst.“

Nach einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ hat auch die SPD ihre Kandidatinnen für zwei weitere Positionen in Karlsruhe nominiert: die Professorinnen für Staatsrecht, Frauke Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold.

„Völlige Realitätsverweigerung“

Reichinnek sagte: „Wir äußern uns nicht öffentlich zu Personalvorschlägen.“ Gleichzeitig appellierte sie an die Union. „Es wird immer wieder Situationen geben, bei denen eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich ist“, sagte die Fraktionschefin. „Dass man vonseiten der Union vor diesem Hintergrund nicht einmal zu Gesprächen bereit ist, zeugt von völliger Realitätsverweigerung.“ Die Linke habe bereits gezeigt, dass sie bereit sei, mit allen demokratischen Parteien zum Wohle der Menschen zusammen zuarbeiten und demokratische Institutionen zu schützen.

Vordringlich geregelt werden soll die Nachfolge des Verfassungsrichters Josef Christ, der seit Ende 2017 auf damaligen Vorschlag der CDU/CSU in Karlsruhe sitzt. Eigentlich wäre Christ schon seit vergangenem November altersbedingt im Ruhestand. Für die Verfassungsrichter gilt eine Altersgrenze von 68 Jahren. Christ führt das Amt seitdem geschäftsführend weiter, während seine Nachfolge geklärt wird. Dafür ist nun Spinner im Gespräch.

Das Vorschlagsrecht liegt bei der Union. Die hatte in der vergangenen Legislaturperiode Richter Robert Seegmüller vom Bundesverwaltungsgericht vorgeschlagen. Die Nominierung scheiterte aber am Widerstand der Grünen, denen Segmüller als zu konservativ galt.

Die insgesamt 16 Richter des Bundesverfassungsgerichts werden eigentlich je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt. Wenn die Neuwahl zwei Monate nicht zustande kommt, kann das Gericht eigene Personalvorschläge machen. So kam es zu dem Votum vom Mai. Mit der Vorschlagsliste begann eine Drei-Monats-Frist. Wenn danach noch immer kein Nachfolger gewählt wurde, kann das Wahlrecht an den Bundesrat übergehen.

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