Noch ist der Angriff auf das Nasser-Krankenhaus in Chan Junis nicht vollständig aufgeklärt. Das israelische Militär liefert allerdings eine erste Begründung, warum die zivile Einrichtung überhaupt Ziel der Armee war. Die Empörung über den Tod von 20 Menschen ist groß - auch aus Berlin kommt Kritik.
Der israelische Angriff auf das Nasser-Krankenhaus im Gazastreifen hat einer vorläufigen Untersuchung der Armee zufolge die Zerstörung einer von der Hamas installierten Überwachungskamera zum Ziel gehabt. Die Kamera sei auf dem Gelände der Klinik platziert worden, um israelische Truppen während ihrer Einsätze zu beobachten und letztlich terroristische Aktivitäten gegen sie zu verüben, teilte das Militär mit. Nachdem die Truppen die Kamera entdeckt hatten, seien sie vorgegangen, um die "Bedrohung" zu beseitigen, und hätten die Kamera zerstört, hieß es weiter.
Bei dem Angriff auf das Krankenhaus am Montag in Chan Junis im südlichen Gazastreifen waren nach palästinensischen Angaben 20 Menschen getötet worden. Unter den Toten waren auch fünf Journalisten, von denen einige für internationale Medien arbeiteten. Den Angaben zufolge kamen bei dem Angriff auf die Klinik auch Sanitäter zu Tode. Die Empörung über den Vorfall war international groß. Das israelische Militär kündigte nach dem Vorfall eine gründliche Untersuchung an.
Augenzeugen berichteten, es habe zunächst einen Angriff auf den vierten Stock im Empfangsgebäude des Krankenhauses gegeben, in dem sich die Journalisten aufhielten. Als Sanitäter und Mitarbeiter des Zivilschutzes zur Rettung eilten, habe es einen weiteren Angriff auf das Gelände gegeben. Aus der vorläufigen Untersuchung geht nicht hervor, welche Munition bei dem Angriff eingesetzt wurde. Zunächst war vermutet worden, es habe sich um einen Luftangriff gehandelt. Medien berichteten dann, es habe sich wahrscheinlich um Panzerangriffe gehandelt. Generalstabschef Ejal Zamir ordnete laut Mitteilung an, mehrere offene Punkte weiter zu untersuchen - darunter den Prozess der Genehmigung des Angriffs sowie der eingesetzten Munition.
Das Militär erklärte, die islamistische Hamas habe während des gesamten Gaza-Kriegs das Nasser-Krankenhaus für ihre terroristischen Aktivitäten genutzt. Die Untersuchung habe zudem ergeben, dass sechs der bei dem Angriff getöteten Menschen Terroristen waren, von denen einer am Massaker vom 7. Oktober 2023 beteiligt gewesen sein soll. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen. Generalstabschef Zamir äußerte Bedauern über zivile Opfer. Die Armee richte ihre Einsätze ausschließlich gegen militärische Ziele, hieß es. Die getöteten Journalisten seien kein Ziel des Angriffs gewesen.
Merz sieht sich in Waffen-Beschluss bestätigt
Bundeskanzler Friedrich Merz hatte vor Bekanntwerden der ersten Untersuchungsergebnisse den israelischen Angriff scharf kritisiert. Was die israelische Armee tue, sei "nicht akzeptabel", sagte er in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem belgischen Regierungschef Bart De Wever in Berlin. "Dieses Ereignis von gestern wirft einen schweren Schatten auf die ansonsten ja in jeder Hinsicht berechtigte Vorgehensweise gegen die Hamas."
Er glaube im Augenblick nicht, dass es sich um einen gezielten Angriff auf Journalisten gehandelt habe, sagte Merz. Er wolle vor einem abschließenden Urteil erst einmal das Ergebnis der zugesagten umfassenden Untersuchung des Vorgangs abwarten.
Der Kanzler betonte, es handele sich um die Folgen des Beschlusses der israelischen Regierung, die Stadt Gaza einzunehmen und die Bevölkerung in den Süden des Gazastreifens zu evakuieren. Es sei zu befürchten, dass in den nächsten Tagen und Wochen weitere derartige Angriffe zu sehen sein werden. Das lasse sich möglicherweise gar nicht vermeiden. "Und insofern fühle ich mich in meiner Einschätzung und auch meiner Entscheidung, dass Israel aus Deutschland keine Waffen bekommt, die im Gazastreifen unter diesen Bedingungen eingesetzt werden können, mehr als nur bestätigt."
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