Mit Streiks und Protesten haben zahlreiche Israelis ihre Solidarität mit den Geiseln zum Ausdruck gebracht, die seit fast zwei Jahren von der Hamas im Gazastreifen festgehalten werden. Mehr als 200.000 Menschen versammelten sich am Abend im Zentrum von Tel Aviv, wie die Organisatoren unter Berufung auf Polizeischätzungen mitteilten. Sie forderten lautstark die Freilassung der Geiseln und ein Ende des Gaza-Kriegs, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur beobachtete.
Das Forum der Geiselangehörigen hatte für Sonntag – dem Beginn der israelischen Arbeitswoche – zu einem landesweiten Streik aufgerufen. Das Land sollte an diesem Tag „lahmgelegt“ werden, kündigten sie an. Bereits in den Morgenstunden blockierten Demonstranten zahlreiche Straßen im Land, darunter auch eine zentrale Schnellstraße in der Küstenmetropole Tel Aviv. Sie schwenkten blau-weiße israelische Flaggen sowie gelbe Fahnen, die Solidarität mit den Geiseln symbolisieren.
Der mächtige Gewerkschafts-Dachverband Histadrut schloss sich dem Streik zwar nicht an, äußerte aber Verständnis für den Schritt. Zahlreiche Unternehmen sowie Kommunen streikten als Ausdruck der Solidarität. Auch die beiden großen Theater in Tel Aviv stoppten ihre Aufführungen. Mehr als 30 Menschen wurden nach Angaben der Polizei festgenommen. In Jerusalem wurden Wasserwerfer gegen Demonstranten eingesetzt.
Auch bei der Großdemonstration am Abend forderten Redner und Teilnehmer die Beendigung des Gaza-Kriegs und die sofortige Freilassung der Hamas-Geiseln. Zudem riefen sie die israelische Regierung dazu auf, ihre Entscheidung rückgängig zu machen, die Stadt Gaza und andere Gebiete im Gazastreifen einzunehmen. „Die israelische Regierung unternahm nie einen ernsthaften Versuch, die Geiseln durch ein umfassendes Abkommen freizubekommen“, sagte Einav Zangauker, deren Sohn Matan eine von 20 lebenden Geiseln im Gazastreifen ist, in ihrer Ansprache. „Sie machte aus dem am meisten gerechtfertigten Krieg einen falschen.“
Angehörige deutscher Geisel fleht um seine Rettung
Die Tante von Alon Ohel, der auch deutscher Staatsbürger ist, sagte auf dem „Platz der Geiseln“ vor dem Tel Aviver Kunstmuseum: „Unser Alon befindet sich vierzig Meter unter der Erde. Er ist in Ketten gefesselt, schwer verwundet und verliert wahrscheinlich sein Augenlicht. Er leidet unter schweren Kopfverletzungen und Splittern im ganzen Körper, und er ist allein. Er ist hungrig, ihm ist heiß, und er ringt nach Atem. Er schwebt in unmittelbarer Lebensgefahr – rettet ihn!“
Mehrere ehemalige Hamas-Geiseln, die während einer Waffenruhe im Frühjahr freigekommen waren, hielten ein Spruchband mit der Aufschrift: „Bringt sie jetzt heim!“
Der rechtsextreme israelische Finanzminister Bezalel Smotrich nannte die Protestaktionen in einem Post auf der Plattform X eine „schlechte und schädliche Kampagne, die der Hamas in die Hände spielt“. Auch Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kritisierte die Proteste. „Diejenigen, die heute ein Ende des Krieges fordern, ohne die Hamas zu besiegen, verhärten nicht nur die Haltung der Hamas und verzögern die Freilassung unserer Geiseln, sondern stellen auch sicher, dass sich die Schrecken des 7. Oktober immer wiederholen werden und unsere Söhne und Töchter immer wieder in einem endlosen Krieg kämpfen müssen“, sagte er nach Angaben seines Büros bei einer Kabinettssitzung.
Vorbereitungen auf Ausweitung des Gaza-Kriegs
Die Regierung plant in den kommenden Wochen noch eine Ausweitung des Krieges im Gaza-Streifen. Ziel ist die Einnahme der Stadt Gaza sowie weiterer Teile des Küstenstreifens. Der israelische Generalstabschef Ejal Zamir sagte, die neuen Einsätze sollten bald beginnen. Bei einem Besuch von Truppen im Gazastreifen erklärte er, man wolle die Schläge gegen die Hamas verstärken, „bis zu ihrer entscheidenden Niederlage“.
Israel bereitet bereits die Umsiedlung von Zivilisten vor. Die Militärbehörde Cogat teilte am Samstag auf der Plattform X mit, am Sonntag werde die Lieferung von Zelten und Ausstattung für die Unterkünfte wieder aufgenommen. Dies sei Teil der Vorbereitung der Evakuierung der Bevölkerung aus Kampfgebieten. Bis Sonntagnachmittag gab es keine Informationen darüber, ob die angekündigte Lieferung erfolgt ist.
Indirekte Verhandlungen Israels und der Hamas um ein Ende des Krieges und die Freilassung der Geiseln waren ergebnislos geblieben. Der israelische Staatspräsident Izchak Herzog besuchte den Platz im Tel Aviver Stadtzentrum und forderte internationale Entscheidungsträger dazu auf, Druck auf die Hamas auszuüben, damit diese die Geiseln freilässt. „Ich will der Welt sagen: Hört auf mit der Heuchelei!“
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke