Wladimir Putin war erst wenige Minuten auf US-amerikanischem Boden, schon machte ihm sein Gastgeber ein besonderes Willkommensgeschenk. An Donald Trumps Seite schritt Russlands Präsident über den roten Teppich, als die beiden rechts von sich ein Rauschen hörten. Aus Alaskas bewölktem Himmel schoss ein B-2-Bomber, flankiert von vier F-22-Kampfjets, über den Landeplatz auf der Militärbasis nahe Anchorage.

Trump hätte sich keine bessere Symbolik einfallen lassen können. Das starke Amerika, das mit genau diesen Bombern vor acht Wochen Irans Atomanlagen angriff. Ein krasser Fingerzeig an Teherans Freund im Kreml, zu welchen Entscheidungen der US-Präsident im Zweifelsfall fähig ist.

Die Geste passte zu den Ankündigungen, die Trump seit dem Gespräch mit den Europäern und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vergangenen Mittwoch gemacht hatte. Es werde „schwerwiegende Folgen haben“, wenn Putin einer Waffenruhe nicht zustimmt. Kurz vor dem Treffen in Alaska wiederholte Trump dieses Ziel in einem Interview. „Ich bin nicht glücklich, wenn ich das Treffen ohne eine Form der Waffenruhe verlasse“, sagte der US-Präsident dem „Fox News“-Moderator Bret Baier. Wenn das Treffen gut laufe, „dann werden wir sehr schnell ein weiteres Treffen haben.“

Weder von einer Waffenruhe noch von einem Folgetreffen sprach Trump aber nach Ende des Treffens am Freitagnachmittag Ortszeit. Er habe mit Putin „ein äußerst produktives Treffen gehabt, bei dem wir uns über viele Punkte einig geworden sind. Es sind nur noch wenige Punkte offen. Einige davon sind nicht besonders wichtig. Einer davon ist wahrscheinlich der wichtigste, aber wir haben sehr gute Chancen, ihn zu erreichen.“ Der wichtigste Punkt, damit meinte Trump vermutlich die Waffenruhe. Aber er brachte den Begriff nicht über die Lippen.

Statt von einem Folgetreffen sprach er davon, umgehend Verbindung mit den Europäern und Selenskyj aufzunehmen. „Ich werde in Kürze die Nato anrufen. Ich werde verschiedene Personen anrufen, die ich für geeignet halte, und natürlich auch Präsidenten Selenskyj, um von dem heutigen Treffen zu berichten.“ Es sei letztlich von ihnen abhängig, ob sie mit dem einverstanden sind, was sein Team erarbeitet habe.

Der Gipfel von Alaska brachte keine Antworten, aber viele Fragen. Wenn Trump und Putin tatsächlich „viele Punkte“ lösen konnten, warum präsentierten sie nichts Konkretes? Legten die Russen Trump einen Vorschlag vor, den der US-Präsident ohne Rücksprache mit den Europäern nicht publik machen wollte?

Darauf deutet hin, was Trump nach Ende des Treffens einem weiteren „Fox“-Moderator verriet. Im Gespräch mit Sean Hannity erklärte Trump, dass nun Selenskyj und die Europäer am Zuge seien. „Jetzt liegt es wirklich an Präsident Selenskyj. Und ich würde auch sagen, dass die europäischen Nationen sich ein wenig einbringen müssen, aber letztendlich liegt es am Präsidenten (Selenskyj, d. Red.).“

Für Russlands Machthaber Putin schien das Treffen derweil sehr wohl Resultate gebracht zu haben. Er sprach von einer „Übereinkunft“, blieb aber vage. Die europäischen Verbündeten der Ukraine sollten die „aufkeimenden Fortschritte nicht torpedieren“.

Doch diese Aussage bestätigte Trump nicht. „Es gibt keinen Deal, bis es einen Deal gibt.“ Erneut blieb Trump jedes Detail schuldig, ob nach seinem dreistündigen Gespräch mit Putin und dessen Team irgendeine Art von Plan ausgearbeitet worden sei und wie die nächsten Schritte Richtung Waffenruhe aussehen.

Für Ukraine hätte es schlechter laufen können

Im Interview mit Hannity gab Trump noch mehr verwirrende Kommentare ab. An einer Stelle sagte der US-Präsident, er würde Selenskyj raten: „Mach einen Deal. Russland ist mächtig.“ Dem Moderator Hannity sagte er vor laufender Kamera sogar, dass er das „Fox“-Interview vor dem Treffen bedauere. „Ich habe das vor zwei Tagen zugesagt. Aber da wusste ich ja nicht...Ich hätte das Interview lieber nicht zusagen sollen.“

Es hatte sich schon frühzeitig abgezeichnet, dass der Gipfel von Anchorage anders als geplant ablief. Die Pressekonferenz wurde früher einberufen als erwartet, weil der zweite Agendapunkt gestrichen worden war. Eigentlich hatte nach dem Gespräch im kleinsten Kreise zwischen den Präsidenten und ihren engsten Beratern ein Treffen von russischen Geschäftsleuten und Trumps Wirtschaftsleuten stattfinden sollen. Doch der US-Präsident wollte vermutlich nicht mit Putin über Geschäfte reden, ohne belastbare Zusagen des Kreml-Herrschers in Sachen Ukraine zu bekommen.

Europäische Diplomaten in Washington sagten nach dem Treffen, dieses hätte auch noch schlechter ausgehen können. „Immerhin hat Trump Selenskyj nicht im Regen stehen lassen“, so der Kommentar einer hochrangigen Diplomatin.

Russlands Präsidenten gelang es dann noch, Trump aufs Eis zu führen. Bei seinem Presse-Statement hatte Putin zunächst in ausschweifenden Worten die historische Verbundenheit zwischen Russen und Amerikanern beschworen, um dann ungerührt seine Maximalforderung zu wiederholen. Mit der Ukraine sei kein Frieden möglich, wenn die „tieferliegenden Ursachen“ des Ukraine-Krieges nicht beseitigt würden. Aus Moskaus Sicht heißt das, dass die Ukraine nicht der Nato beitreten darf, sich größtenteils entmilitarisiert und die vier Oblasten abtritt. Allesamt für Kiew niemals akzeptable Forderungen. Trump ließ das kommentarlos stehen.

Ganz am Ende des gemeinsamen Auftritts vor der Presse sprach Putin dann plötzlich Englisch. „Vielen Dank. Nächstes Mal sehen wir uns in Moskau!“, rief er dem US-Präsidenten zu. Trump verzog das Gesicht. „Oh, das ist ein interessanter Vorschlag. Dafür bekomme ich hier Ärger. Aber ich könnte es mir vielleicht vorstellen.“

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke