Der russisch-amerikanische Gipfel in Alaska ist historisch, aber nur wegen der Umstände - nicht des Inhalts. Wladimir Putin und Donald Trump halten Händchen, reden fast drei Stunden lang und verkünden: Es gibt keinen Deal. Der Kremlchef pocht auf seine Position.

Und dafür das ganze Brimborium? US-Präsident Donald Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin haben sich in Alaska getroffen, um den Frieden zurück nach Europa und insbesondere in die Ukraine zu bringen. So war es angekündigt, so war das Motto des historischen Treffens der beiden in Anchorage. Nach drei Stunden der Beratungen, vorwiegend über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine, verkünden sie jedoch: nichts.

Sie hätten große Fortschritte in vielen Punkten gemacht, aber nicht in allen, sagt Trump. Insbesondere nicht im "wichtigsten". "Keinen Deal" gebe es. Details nennen die beiden Staatschefs keine, beantworten keinerlei Fragen. Den angestrebten Waffenstillstand haben sie bislang nicht erzielt, auch keinen vorläufigen oder sonstwie begrenzten. Was Trump jedoch erreicht hat: Putin ist persönlich zurück auf der Weltbühne, auf Augenhöhe der USA. Der Präsident des wichtigsten Staates in der Nato verhandelt mit ihm. Putin, der vom Internationalen Strafgerichtshof angeklagte Kriegsverbrecher, wurde auf einer US-Militärbasis hofiert.

"Werden Sie aufhören, Zivilisten zu töten?"

Die Air Force One und das Flugzeug aus Russland stehen nah beieinander auf dem Rollfeld, beide Türen sind geöffnet. Trump kommt hinaus, schlingert über seinen breiten roten Teppich und applaudiert mehrfach in Richtung Putins, während er auf ihn wartet. Die beiden schütteln sich lächelnd die Hände und gehen in Richtung eines Fotopodiums - Putin guckt etwas überrascht und anerkennend nach oben. Ein B2-Tarnkappenbomber und vier F-35-Kampfjets donnern über die Köpfe der beiden hinweg. Eine Reporterin ruft Putin ihre Fragen entgegen, während die Staatschefs für Fotos nebeneinanderstehen.

"Werden Sie einem Waffenstillstand zustimmen?", "Wie können die USA ihrem Wort trauen?" Als sie fragt: "Werden Sie aufhören, Zivilisten zu töten?", deutet Putin auf sein Ohr und macht eine entschuldigende Geste, als würde er nichts verstehen. Dann steigt er, höchst ungewöhnlich, gemeinsam mit Trump in das Auto seines Gastgebers ein. Auf den rund zehn Minuten Fahrt können sie sich unbeobachtet austauschen. Der bis dahin letzte ausländische Staatschef, der bei einem US-Präsidenten mitfuhr, war der britische Premierminister Winston Churchill bei Franklin D. Roosevelt, berichten US-Medien sogleich. Anders gesagt: Mehr symbolische Vertrauensbeweise gibt es kaum.

Trump und Putin setzen sich mit den weiteren Teilnehmern in Hufeisenform zusammen, die beiden Staatschefs nebeneinander. Auch die Außenminister Sergej Lawrow und Marco Rubio sind dabei, zudem der US-Sonderbeauftragte Steve Witkoff, der zuletzt mit Putin in Moskau gesprochen hatte, und Putins außenpolitischer Berater Yuri Uschakow. Nur zwischen Putin und Trump steht ein kleiner dunkler Holztisch mit zwei Wassergläsern und ein paar Dokumente. Putin wirkt entspannt, Trump äußerst konzentriert. Nach langen Sekunden wird die Presse herausgeschickt. Der historische Gipfel, das erste Aufeinandertreffen eines US-Präsidenten mit dem russischen Staatschef seit 2019, beginnt. Und offenbar sind die Positionen schneller ausgetauscht als gedacht. Die Pressekonferenz beginnt früher als vom Kreml angekündigt.

Putin pocht weiter auf "Grundursachen"

Doch es stellt sich heraus: Es ist keine Pressekonferenz, denn da wären Fragen zugelassen gewesen. Für Trump ist es höchst ungewöhnlich, dass er so verfährt - üblicherweise eröffnet er bei Besuchen anderer Staatschefs eine offene Fragerunde, ist sehr auskunftsfreudig. Putin beginnt und nennt das Treffen "ziemlich nützliche Verhandlungen". Der Kremlchef betont die gemeinsame Geschichte der beiden Länder, insbesondere die Zusammenarbeit im Zweiten Weltkrieg. Und er kommt auf die vergangenen Jahre, die schlechtesten Beziehungen zwischen Russland und den USA seit Ende des Kalten Krieges.

Zur Sache erwähnt er einmal mehr: Russland habe nationale Interessen, die "Grundursachen" des Ukraine-Krieges müssten beseitigt und das "gerechte Gleichgewicht" in europäischer Sicherheit wiederhergestellt werden. Laut früherer Aussagen ist das für Putin die Rückabwicklung der Nato-Osterweiterung und praktisch das Ende der westlichen Orientierung Kiews. Er erwarte, sagt der Kremlchef nun, dass die Ukraine und die Europäer das Ergebnis des Treffens akzeptierten, um den Konflikt mit der Ukraine beizulegen. Wie das Ergebnis aussieht, erläutert er nicht. Die Verantwortung für den eigenen Angriffskrieg hat er so im Handumdrehen weitergeschoben.

Putin meint, er wolle zukünftig wieder mit den USA zusammenarbeiten und "Geschäfts- und pragmatische Beziehungen" herstellen. Der Kontakt mit Trump sei "vertrauenswürdig". Und er schmeichelt seinem Gastgeber: Den Krieg in der Ukraine, behauptet Putin, hätte es mit Trump im Weißen Haus nicht gegeben. Er führt nicht aus, was er damit meint.

Trump ist sichtlich angetan - schließlich erzählt er genau das schon seit Jahren öffentlich. Putin übergibt das Wort an Trump, und auch der bleibt äußerst ungefähr über die Inhalte und das Ergebnis des Gipfels. Putin wolle wie er den Krieg beenden, aber: "Es gibt keinen Deal bis es einen Deal gibt." Nun werde er mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sowie den europäischen Staats- und Regierungschefs telefonieren.

"Das wird mir Ärger einbringen!"

Der US-Präsident macht auch noch ein bisschen Innenpolitik: Der Vorwurf der russischen Wahlbeeinflussung zu seinen Gunsten 2016 sei "Schwindel" gewesen. In den vergangenen Wochen holte Trumps Regierung das Thema in den USA immer wieder aus der Schublade, das Justizministerium kündigte gar neue Ermittlungen an - gegen Regierungsmitglieder seines Vorgängers Barack Obama. Die US-Geheimdienste sahen die Wahlbeeinflussung schon in Trumps erster Amtszeit als erwiesen an, aber der sagte nach einem Vieraugengespräch mit Putin in Helsinki 2018 öffentlich, er glaube dem russischen Staatschef und dessen Beteuerungen, mit all dem nichts zu tun zu haben.

Als Trump zum Abschluss der wenigen Minuten meint, er wolle Putin bald wiedersehen, wirft der auf Englisch ein: "Next time in Moscow!" Trump schmunzelt: "Das wird mir ein bisschen Ärger einbringen." Die beiden verlassen gemeinsam die Bühne und plaudern dahinter noch ein wenig weiter. Es geht zurück zum Flugfeld, zunächst hebt Putins Maschine ab, dann die Air Force One.

Zurück bleibt die Frage, warum der Kreml das Treffen wollte. Um Strafmaßnahmen des Weißen Hauses zu verhindern? Die Anfrage aus Moskau kam kurz vor Ablauf von Trumps Ultimatum an Russland für einen Waffenstillstand. Trump stimmte dem Gipfel zu, weil er auf ein Einlenken Putins hoffte. Der US-Präsident hatte harsche Sanktionen sowie Sekundärzölle gegen Russlands Handelspartner angedroht. Doch ein Waffenstillstand in der Ukraine, der ist den öffentlichen Äußerungen nach zu urteilen nicht abzusehen. Frieden noch weniger.

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