Kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit als Bundesinnenministerin soll Nancy Faeser (SPD) den Zeitplan für die Veröffentlichung des Gutachtens zur Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) entscheidend mitbestimmt haben. Das berichtet die „Süddeutschen Zeitung“ unter Berufung auf interne E-Mails. Diese belegen demnach, dass Faeser bereits am Morgen des 2. Mai über ihren Staatssekretär Hans-Georg Engelke den Inlandsnachrichtendienst angewiesen hat, die neue Einstufung noch am selben Tag öffentlich bekannt zu geben.

Demnach sollte die Pressemitteilung idealerweise gegen 10 Uhr veröffentlicht werden, damit Faeser im weiteren Verlauf des Tages eigene Öffentlichkeitsarbeit leisten konnte. Überraschend war das Vorgehen auch für den Verfassungsschutz selbst, der erst wenige Tage zuvor in einer Videoschalte mit den Landesämtern noch keine Veröffentlichung angekündigt hatte. Auch Faesers Nachfolger Alexander Dobrindt (CSU) sowie der designierte Kanzler Friedrich Merz (CDU) sollen erst am Tag der Bekanntgabe telefonisch beziehungsweise per SMS informiert worden sein. „Die Kurzfristigkeit des Anliegens bitte ich zu entschuldigen“, schrieb Faesers Staatssekretär Engelke in einer begleitenden E-Mail.

Um 10.02 Uhr veröffentlichte das BfV die Pressemitteilung mit der Information, dass es die AfD als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ einstufte. Die Entscheidung basiert auf einem mehr als 1100 Seiten starken Gutachten, das über Monate erarbeitet wurde. Die damalige Ministerin Faeser betonte anschließend in einer Erklärung vor der Presse, dass das Bundesamt eigenständig arbeite und den klaren Auftrag habe, die Demokratie zu schützen.

Tatsächlich geht laut „Süddeutscher Zeitung“ aus dem internen Schriftverkehr hervor, dass Faeser zwar den Zeitplan der Veröffentlichung stark beeinflusste, inhaltlich aber keinen Eingriff in die Bewertung der AfD vornahm. Das Ministerium erhielt das fertige Gutachten am 28. April und ließ sich regelmäßig über die Entwicklung der AfD informieren, ohne die Arbeit der Verfassungsschützer zu beeinträchtigen, heißt es in dem Artikel.

Enge Kommunikation zwischen Ministerium und Verfassungsschutz

Die „Süddeutsche Zeitung“ wertete nach eigenen Angaben umfangreichen internen Schriftverkehr aus, der sich auf die AfD bezieht. Dabei handelt es sich um verschlüsselte E-Mails innerhalb des Verfassungsschutzes sowie zwischen dem Bundesamt und dem Innenministerium aus den vergangenen zwei Jahren. Die Unterlagen verdeutlichen demnach, wie eng das Ministerium vom Nachrichtendienst informiert wurde. So wurde etwa im Januar 2023 nach dem AfD-Bundesparteitag in Riesa und dem organisatorischen Neustart der Jugendorganisation „Junge Alternative“ um eine kurze Lageeinschätzung gebeten.

Faeser erklärte der „Süddeutschen Zeitung“, dass sie die Veröffentlichung kurz vor dem Regierungswechsel beschleunigen wollte, um klarzustellen, „dass es keinen politischen Einfluss auf die fachliche Einschätzung des Verfassungsschutzes gibt“. Sie trat damit der von der AfD vorgebrachten Kritik entgegen, der Verfassungsschutz agiere als „Regierungsschutz“ und diene der politischen Konkurrenzabwehr.

Die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ erleichtert den Sicherheitsbehörden erheblich die Überwachung der Partei. Schon in der vorherigen Phase als Verdachtsfall konnte der Verfassungsschutz nachrichtendienstliche Mittel einsetzen, etwa durch die Anwerbung von V-Leuten oder gezielte Beobachtung von Mitgliedern.

Mit der Hochstufung sinkt die rechtliche Hürde für solche Maßnahmen weiter. Das Bundesamt für Verfassungsschutz kann damit einzelne Überwachungsmaßnahmen schneller und umfassender durchführen, was die Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung und Gefahrenabwehr deutlich erweitert. Nach einer Klage der AfD hat das Bundesamt die Einstufung als „gesichert rechtsextremistisch“ vorerst ausgesetzt, bis das Verfahren abgeschlossen ist.

Während Faeser nicht auf den Inhalt des Gutachtens eingewirkt haben soll, ist eine solche Einmischung in der Vergangenheit offenbar vorgekommen, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet. Faesers Vorgänger im Amt, der CSU-Politiker Horst Seehofer, soll auf Änderungen in dem Gutachten bestanden haben, als der Verfassungsschutz die AfD im Jahr 2021 zum Verdachtsfall erklärte. Nach einem Treffen mit dem Minister schwächte das Bundesamt demnach manche Passagen ab.

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