Der ukrainische Präsident Selenskyj unterzeichnet ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz, das die Unabhängigkeit von zwei Antikorruptionsbehörden einschränkt und ihm selbst mehr Einfluss gibt. Was folgt, ist viel Kritik. Und ein innenpolitischer Konflikt, den das Land nicht gebrauchen kann.

In der Ukraine werden in Zukunft die Antikorruptionsbehörden NABU und SAP der Generalstaatsanwaltschaft unterstellt sein. Diese wiederum wird vom Präsidenten ernannt, was ihm folglich viel Einfluss sichert. Angesichts der Unterzeichnung des Gesetzes durch Staatschef Wolodymyr Selenskyj formierte sich Protest auf Kiews Straßen. Kein Massenprotest, aber einer, der nicht zu unterschätzen und in dem Land selten geworden ist.

Der "Kyiv Independent" verweist auf viele kritische Worte von Politikern, Experten und Aktivisten, die vor einem Sprung in Richtung Autoritarismus warnen. Einige sollen sogar einen Vergleich zur Entscheidung von Ex-Präsident Viktor Janukowitsch aus dem Jahr 2013 ziehen, die europäische Integration der Ukraine rückgängig zu machen. Damals folgte die Euromaidan-Revolution und der Sturz des Präsidenten.

Der ukrainische Journalist Illia Ponomarenko nennt das Gesetz auf X eine "schockierende Demontage der Antikorruptionsinstitutionen. Ein Jahrzehnt hart erkämpfter Reformen seit der Revolution von 2014 seien durchkreuzt worden. Dies sei eine "schwere Niederlage im internen Krieg gegen die dunkle Seite".

Der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, warnt angesichts der aufkommenden Unruhe: "Die ukrainische Geschichte hat uns gelehrt, dass eine Nation verliert, wenn sie durch innere Widersprüche auseinandergerissen wird." Er sei sich sicher, dass das Land durch eine starke Armee und starke Institutionen gerettet werde. "Wir müssen Klugheit und Verantwortung zeigen."

Opposition strebt Verfassungsbeschwerde an

Der deutsche Militärexperte Nico Lange schreibt auf der Plattform Bluesky zu dem umstrittenen Schritt der ukrainischen Regierung: "Mit der Unterstellung der Antikorruptionsbehörden unter den Generalstaatsanwalt haben Präsident und Selenskyj und seine Partei überzogen." Unabhängige Ermittlungen bei Korruptionsverdacht seien eine lange und hart erkämpfte Errungenschaft der ukrainischen Zivilgesellschaft, so Lange.

Schon nach der Abstimmung im Parlament über das Gesetz, das besser vor russischem Einfluss schützen soll, teilte die EU-Erweiterungskommissarin Marta Kos auf X ihre Besorgnis mit: "Die Abschaffung der wichtigsten Garantien zum Schutz der Unabhängigkeit der NABU ist ein ernster Rückschritt. Unabhängige Einrichtungen wie NABU und SAPO sind für den Weg in die EU unerlässlich."

Im ukrainischen Parlament wollen sich die Kritiker derweil nicht geschlagen geben. Der Oppositionspolitiker Jaroslaw Schelesnjak von der Partei Holos schrieb auf Telegram, das "schäbige Gesetz" sollte vor dem Verfassungsgericht zum Scheitern gebracht werden. Bei der Verabschiedung seien so viele Artikel der Geschäftsordnung verletzt worden, dass das durchaus realistisch sei, meint Schelesnjak. 45 Unterschriften von Abgeordneten sollen für eine Verfassungsbeschwerde nötig sein.

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