Vor der Wahl ist bekanntlich nicht nach der Wahl - besonders, wenn es um die Erfüllung von Versprechen geht. Dass die Bundesregierung nun die Stromsteuer nicht für alle Verbraucher senkt, stößt der Wirtschaft sauer auf. Ebenso wie die Mütterrente, das Lieblingskind der CSU.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat die ausbleibende Absenkung der Stromsteuer für alle kritisiert und der Koalition Vertrauensbruch vorgeworfen. "Die Stromsteuersenkung für alle Betriebe war nicht irgendwo angekündigt, sondern mehrfach und verbindlich schriftlich festgehalten - im Koalitionsvertrag, in Beschlüssen des vorherigen Koalitionsausschusses und im sogenannten Entlastungspaket der Bundesregierung", sagte Verbandspräsident Jörg Dittrich.

Viele Handwerksbetriebe hätten der Zusage vertraut und sie in ihre Planungen einbezogen. "Wenn zentrale, mehrfach zugesagte Entlastungen nicht kommen, während gleichzeitig teure politische Projekte umgesetzt werden, gerät bei den Betrieben das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit politischen Handelns insgesamt ins Wanken", sagte er.

Als Ergebnis des zweiten Treffens im Koalitionsausschuss von Union und SPD soll die Stromsteuer vorerst für Verbraucher nicht so stark gesenkt werden wie ursprünglich versprochen. Die ausgeweitete Mütterrente, ein Lieblingsprojekt der CSU, soll dagegen bereits zum 1. Januar 2027 kommen - und damit ein Jahr früher als zunächst angenommen. Bei der Mütterrente für vor 1992 geborene Kinder steigt die monatliche Rente pro Kind um rund 20 Euro. Die Kosten dafür sollen mit jährlich etwa fünf Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Eine Senkung der Stromsteuer für alle würde nach Angaben des Bundesfinanzministeriums im kommenden Jahr rund 5,4 Milliarden Euro zusätzlich kosten.

Exportverband: "Überflüssige Rentengeschenke"

Harsche Kritik an den Beschlüssen kam auch vom Exportverband BGA. "Für überflüssige Rentengeschenke gibt es genug Geld. Für die signifikante Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bleibt zu wenig übrig", sagte Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA).

Zugleich beklagte er die Ungleichbehandlung der Unternehmen: "Dass es in der längsten Wirtschaftskrise der Nachkriegsgeschichte immer noch nicht möglich ist, die Stromsteuer für alle Unternehmen abzusenken, ist enttäuschend." Alle nicht-industriellen Branchen, darunter der Großhandel, blieben bei den Entlastungen größtenteils außen vor.

Spahn muss Pläne verteidigen

Unionsfraktionschef Jens Spahn verteidigte den Beschluss, die Stromsteuer für Verbraucher vorerst nicht so stark zu senken wie versprochen. "Wir halten an dem gemeinsamen Ziel fest, für alle die Stromkosten deutlich zu senken", sagte Spahn in der ARD. Wichtig seien aber auch solide Finanzen.

Spahn verwies darauf, dass private Haushalte zum 1. Januar 2026 entlastet würden über die Senkung der Strom-Netzentgelte und die Abschaffung der Gasspeicherumlage. Auch komme die ausgeweitete Mütterrente und gebe Rentnerinnen mehr Spielräume. "Der erste Schritt dieses Versprechens wird gegangen", sagte der CDU-Politiker. Sobald es mehr finanzielle Möglichkeiten gebe, folgten die nächsten Schritte, so Spahn, der sich zuvor selbst für deutliche Entlastungen bei den Stromkosten eingesetzt hatte.

Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst, schob für die fehlende Stromsteuersenkung für Verbraucher Finanzminister Lars Klingbeil von der SPD die Verantwortung zu. "Es ist vor allem der Job des Finanzministers, das möglich zu machen - und es gibt eine Menge Möglichkeiten", sagte der CDU-Politiker dem Nachrichtenmagazin "Politico".

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