Um das Land wirtschaftlich voranzubringen, sollen wir auf einen, besser zwei Feiertage verzichten, so die Forderung von Ökonomen wie Michael Hüther oder Moritz Schularick. Echt jetzt?

Immer wenn die Konjunktur lahmt, dann kommt irgendwoher der Vorschlag, man könne doch einen Feiertag abschaffen. Oder auch zwei. Tatsächlich liegt aktuell wirtschaftlich so einiges im Argen, aber an zu vielen Feiertagen liegt es nicht, dass wir schon das dritte Jahr in Folge kein Wachstum verzeichnen. Es mangelt schlicht an Innovationskraft im Lande.

Dass das zunächst nichts mit Feiertagen zu tun hat, illustriert anschaulich die Tatsache, dass das Bundesland mit den meisten Feiertagen in Deutschland, nämlich Bayern, unter den Flächenländern auch die höchste Wirtschaftsleistung pro Kopf erzielt.

Streit um Arbeitszeit Ist noch jemand da?

Statt Feiertage abzuschaffen, sollten wir neue Technologien umarmen

Der Wohlstand beruht eben nicht darauf, dass wir alle möglichst viel arbeiten, sondern dass wir das möglichst effizient tun. Produktivität ist das Stichwort. Das hat uns lange getragen, doch seit Mitte der Neunziger ist das Wachstum der Arbeitsproduktivität Jahr für Jahr weniger geworden – bis die Produktivität in den vergangenen beiden Jahren zum ersten Mal abnahm. Das führt dazu, dass die Wirtschaftsleistung in den vergangen beiden Jahren schrumpfte, obwohl die Deutschen in Summe zuletzt so viele Stunden gearbeitet haben, wie nie zuvor. 

Was aber könnte die Produktivität wieder steigern?

Noch immer hinkt Deutschland bei der Digitalisierung von Wirtschaft und Verwaltung anderen EU-Staaten hinterher. Eine voll durchdigitalisierte Verwaltung würde auch die bürokratischen Hürden erheblich abmildern, was ebenfalls der Produktivität zugutekäme. Künstliche Intelligenz könnte jetzt ein Motor sein, um die Arbeitsproduktivität deutlich zu steigern. Die deutsche Wirtschaft zeigte in den vergangenen Jahren deutliche Schwächen, wenn es darum geht, neue Technologien aufzugreifen. Das Schicksal unserer Autoindustrie, die den Wechsel zu E-Mobilität komplett verschlief, unterstreicht das nur allzu deutlich.

Präzedenzfall: Buß- und Bettag

Natürlich würde ein Feiertag weniger die Wirtschaftsleistung einmalig erhöhen – genau genommen um etwa 0,2 Prozent. Aber wäre das auch fair? Schließlich ist es die Schuld von Politik und Wirtschaft, dass die Produktivität lahmt, nicht von jedem einzelnen Arbeitnehmer. 

Arbeitszeiten: Sind die Deutschen fauler als der Rest der EU?

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Belgien Laut den Zahlen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) liegt Belgien mit 1021 pro Erwerbstätigen am unteren Ende der Skala – die niedrigste Arbeitszeit unter den ausgewerteten Ländern. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf beträgt 46.231 Euro, das im Vergleich am oberen Rand der Produktivitätsskala liegt. Trotz der kurzen Arbeitszeit gelingt es Belgien, eine hohe Produktivität zu erzielen. © Philip Reynaers
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Es gibt einen Präzedenzfall: Vor 30 Jahren wurde bereits ein bundesweiter Feiertag, der Buß- und Bettag, abgeschafft. Damals ging es um die Aufteilung der Kosten für die neu eingeführte Pflegeversicherung. Der Deal war: Die Arbeitgeber übernehmen die Hälfte der Kosten, dafür arbeiten die Arbeitnehmer einen Tag mehr. Und heute? Jetzt alle einen Tag mehr arbeiten zu lassen, wäre ein einseitiges Geschenk an die Arbeitgeber. Politisch verordnet. Denn was wäre die Gegenleistung?

Gerade die diskutierten Feiertage wie Pfingstmontag und Himmelfahrt sind Gelegenheiten, mit der Familie einen kurzen Urlaub zu machen. Mal abzuschalten. Die Arbeit ist in den vergangenen Jahren dichter geworden, flexibler, für viele entgrenzter. Handy, E-Mail und Chats machen Arbeitnehmer ständig erreichbar, überprüfbar. Das Homeoffice macht es leichter, Beruf und Familie zu vereinbaren, ganz sicher, es lässt aber auch die Grenzen verschwimmen. Der immer schnellere technische Wandel verlangt uns viel ab. 

Bei all dem sind Feiertage ein wichtiger Anker. Die Arbeit ruht für die meisten. Eine kleine Bremse im Alltag, Zeit für Familie und Freunde, für Gemeinsamkeit. Und das ist wichtig, um auch produktiv im Job sein zu können.

Mein Kollege Rolf-Herbert Peters sieht das übrigens ganz anders. Seine Argumente können Sie hier lesen

  • Feiertag
  • Christi Himmelfahrt
  • Pfingsten
  • Michael Hüther
  • Moritz Schularick
  • Konjunktur

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