Mit dem Auto Richtung Österreich oder Italien? Wenn in Nordrhein-Westfalen, Belgien oder den Niederlanden die Winterferien beginnen, dann ist die Autobahn München-Salzburg nur noch im Konvoi befahrbar – und das, wenn es gut läuft. Die zwei Bahntrassen von München in den Süden sind ebenfalls überlastet und die Züge überfüllt. Und wer sich angesichts des unberechenbaren Landwegs fürs Fliegen entscheidet – der muss auf dem Landweg erst mal den Flughafen München erreichen.

Anders als in anderen Landesteilen wächst die Bevölkerung in Oberbayern. Die Region ist das wirtschaftliche Kraftzentrum des Freistaats und damit auch wichtig für die Ökonomie der Bundesrepublik. Aber die Infrastruktur wächst seit Jahren nicht mit.

Nur ein Beispiel: Allein der Regierungsbezirk Oberbayern ist mit 4,8 Millionen Einwohnern fast fünfmal so groß wie das Saarland. Die Oberbayern erwirtschaften nicht nur absolut, sondern auch pro Person deutlich mehr als die Saarländer. Das Bruttoinlandsprodukt pro Person beträgt im Saarland knapp 43.000 Euro pro Jahr, in Oberbayern dagegen knapp 68.000 Euro. Während das kleinste Flächenland per Länderfinanzausgleich im vergangenen Jahr 630 Millionen Euro bekam, zahlte Bayern 9,8 Milliarden Euro ein. Der größte Teil davon dürfte aus Oberbayern stammen, was zwar nicht direkt erhoben wird, sich aber aus Wirtschafts- und Steuerdaten abschätzen lässt.

Die Bevölkerungsentwicklung hier wie da ist eine logische Folge: Die Einwohnerzahl des Saarlandes schrumpft, die von Oberbayern wächst kräftig – in der zurückliegenden Dekade um acht Prozent und laut bisheriger Prognose bis zum Jahr 2042 um weitere 6,6 Prozent. Die Konsequenz fällt jedes Jahr zu den Reisezeiten deutlicher ins Auge. Zum zunehmenden Alltagsverkehr der Einheimischen kommt dann jeweils der Reiseverkehr der Auswärtigen.

Auf welche Unwägbarkeiten sollte man sich also einstellen, wenn man von oder durch Bayern in den Winterurlaub reisen will? Eine Übersicht nach Verkehrsmittel:

Auto

Die Autobahnen zwischen München, Salzburg und Kufstein sind in jede Fahrtrichtung nur zweispurig. Wochentags sind die rechten Spuren auf Kilometerlänge von Lkw-Konvois belegt. Entsprechend langsam geht es auch auf der linken Spur zu. An Reisewochenenden stauen Auswärtige die parallel laufende Staatsstraße durch die Dörfer entlang des Mangfalltals bis Bad Aibling zu. Vor Bad Aibling geht es zurück auf die Autobahn, weil die Kurstadt den Durchgangsverkehr durch eine enge verkehrsberuhigte Zone fädelt, weshalb die Navi-Systeme Autofahrer da nicht hindurch lotsen.

Gegen den überfälligen Autobahn-Ausbau wehren sich stets dieselben Gruppen. Auf Initiative grüner Politiker trafen sich etwa in Irschenberg vor gut zwei Jahren grüne und sozialdemokratische Gegner eines Ausbaus. Nach derzeitiger Planung soll ein Teil der A8 zwischen Rosenheim und Traunstein auf je drei Spuren pro Fahrtrichtung erweitert werden.

Die Planungsdaten sind Deutschland-typisch: Begonnen werden sollen die Bauarbeiten im Jahr 2027, wenn denn bis dahin alle Einsprüche abgearbeitet sind. Die Bauzeit wird auf sieben Jahre veranschlagt. Mit dem Auto dürfte es auf lange Zeit also eher schlimmer statt besser werden.

Bahn

Bei der Deutschen Bahn sieht es überraschenderweise für die Weihnachtstage besser aus. Zwar ist das Schienennetz ebenfalls überlastet. Die Bahn hat aber vor allem auf der hochbelasteten Hauptstrecke zwischen München und Rosenheim mehrere „Langsamfahrstellen“ im wörtlichen Sinn flott gemacht: Die dafür nötigen Bauarbeiten haben für viele Verspätungen und Zugausfälle gesorgt, sind aber fürs Erste beendet.

Ein großer Teil der Züge wird von der privaten Bayerischen Regiobahn betrieben. „Unsere Züge sind zum Teil sehr stark ausgelastet“, teilt deren Sprecherin mit. „Zu Ferienzeiten und an schönen Wochenenden sind sie voll mit Ausflüglern. Mehr Züge fahren zu lassen, ist bei der Auslastung der Strecke unmöglich“ – auch ohne Baustellen.

Die freilich wird es ab 2027 wieder zahlreich geben. Denn die Strecken zwischen München und Rosenheim seien auch deshalb fit gemacht worden, weil sie umgeleitete Züge von den Strecken zwischen Nürnberg, Regensburg und Passau aufnehmen sollen, teilte eine Bahn-Sprecherin auf WELT-Anfrage mit. Die Trassen weiter nördlich sollen dann generalsaniert und dafür immer wieder auch gesperrt werden.

Auf sich warten lässt auch das große Neubauprojekt, mit dem die Bahn ihre chronische Gleis-Überfüllung lösen will, nämlich den „Nordzulauf“ Richtung Österreich und Brenner. Über dieses Projekt wird in der Region seit Jahren gestritten. Bürgerinitiativen blockieren die Pläne im Bündnis mit den Grünen und Ortsverbänden der CSU. Während Österreich und Italien schon ganze Streckenabschnitte fertiggestellt haben, gibt es auf deutscher Seite nicht einmal ein konkretes Startdatum für den Bau.

Flugzeug

Bleibt noch das Flugzeug. Nur ist der Flughafen München 30 Kilometer weit von München entfernt und vergleichsweise schlecht angebunden, sodass in der Region als geflügeltes Wort gilt, er sei ausschließlich aus der Luft zu erreichen. Gemessen an den Passagierzahlen ist der Münchner Flughafen nach Frankfurt die Nummer zwei, mit 42 Millionen Passagieren im Jahr 2024 – mit kräftiger Wachstumsrate.

Nachdem – infolge grüner Verhinderung – die Magnetschwebebahn zwischen München und Flughafen nur eine Vision des damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) blieb, fährt auf der Schiene ausschließlich die Münchner S-Bahn den Flughafen an. Die Fahrt dauert 45 Minuten. Es gibt zwei Linien, die beide alle 20 Minuten fahren, sofern keine Züge verspätet sind oder ausfallen – was bei der Münchner S-Bahn allerdings häufig passiert.

Mit dem Auto ist der Flughafen zwar auch erreichbar, aber die Parkgebühren kosten im Parkhaus um die 200 Euro pro Woche. Etwa dasselbe kostet das Taxi für Hin- und Rückfahrt aus und zurück in die Münchner Innenstadt; meist etwas mehr, wenn man aus umliegenden Landkreisen zum Flieger will.

Christoph Lemmer berichtet für WELT als freier Mitarbeiter vor allem über die Politik und Gerichtsprozesse in Bayern.

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