Die Regierung in Österreich treibt offenbar Pläne voran, die zu einer Zweiklassengesellschaft in Skigebieten oder Museen führen könnten. Demnach sollen Einheimische an Skiliften oder an der Museumskasse vergünstigte Tarife bekommen. „Es gilt überall dort, wo wir Infrastruktur haben, die sowohl von Gästen als auch von Einheimischen genutzt wird. Da soll es Vorteile für die einheimische Bevölkerung geben“, hatte die zuständige Staatssekretärin für Tourismus im Wirtschaftsministerium, die ÖVP-Politikerin Elisabeth Zehetner, bereits im November erklärt.
Nach EU-Recht gelten Rabatte für Einheimische als Diskriminierung. Laut den Verträgen im Rahmen der sogenannten Dienstleistungsfreiheit müssen eigentlich alle EU-Bürger in einem Mitgliedsland denselben Zugang zu Dienstleistungen zu denselben Preisen haben.
Dieses Prinzip hatte EU-Tourismuskommissar Apostolos Tzitzikostas im Herbst bei einer Veranstaltung in Innsbruck indes infrage gestellt. Er sagte laut dem österreichischen Sender ORF, seine persönliche Position wäre es, dass es „in spezifischen Regionen solche speziellen Preise für Einheimische geben soll“. Man werde das Thema in Brüssel „überprüfen und bewerten“. Und dann entscheiden, ob es „eine Änderung der aktuellen EU-Richtung geben wird“.
Der Politiker aus Griechenland forderte die Regionen auf, der Kommission Argumente für Einheimischentarife zu übermitteln: „Es ist wichtig für uns zu wissen, warum es dort jeweils spezielle Preise geben sollte.“ Für die Einheimischen sei es jedenfalls notwendig, dass sie „regelmäßig Ski fahren gehen können“. Das gehöre auch zu einem „nachhaltigen Tourismus“.
Konkrete Pläne für günstigere Tickets
Die Regionen in Österreich und die Bundesregierung in Wien hatten diese Botschaft aus Brüssel äußerst positiv aufgenommen. Sie wollen jetzt Druck machen, dass es so kommen wird. „Wir kämpfen auf europäischer Ebene dafür, dass es überhaupt die Rahmenbedingungen gibt und die Möglichkeiten, dass wir eben Vorteile für die lokale Bevölkerung herausholen“, so Österreichs Tourismus-Staatssekretärin Zehetner. Sie schlug vor, Einheimischen beispielsweise beim Kauf von Saisonkarten günstigere Preise anzubieten als Touristen.
Schon heute versuchen einige Skigebiete in Österreich, das Diskriminierungsverbot der EU zu umgehen und der lokalen Bevölkerung billigere Tarife anzubieten. Beliebt ist etwa die Variante, günstige Skipässe im Vorverkauf anzubieten – zu einem Zeitpunkt also, an dem die Touristen noch nicht vor Ort sind und auch keine Informationen zum Ticketverkauf haben.
Sollte Brüssel demnächst tatsächlich Ausnahmen beim Diskriminierungsverbot von Dienstleistungen zulassen, dürfte das weitreichende Folgen haben. Dann könnten beispielsweise auch die Museumsbesuche in Italien oder Spanien für Einheimische günstiger werden. Experten sind sich einig: Die günstigeren Tarife für die lokale Bevölkerung müssten die Touristen dann durch spürbare Preiserhöhungen gegenfinanzieren. Ob das gerecht ist, dürfte schon bald debattiert werden.
Offen wäre auch die Frage, wie weit man es mit dieser Zweiklassengesellschaft in Tourismus-Gebieten treiben soll. Sollen dann auch unterschiedliche Preise für Einheimische und Touristen in lokalen Supermärkten gelten? Oder unterschiedliche Tarife bei der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln?
In diesem Zusammenhang ist auch eine Initiative in Südtirol interessant. Sie fordert auf Demonstrationen: „Make tourists pay for free Öffis“. Hintergrund ist, dass Gäste Bahnen und Busse aufgrund spezieller Arrangements für Touristen häufig zu niedrigeren Preisen benutzen können als Einheimische. Das schafft viel Unmut.
Die Initiative „Make Tourists Pay“ fordert nun auf Demonstrationen, dass jeder Tourist in Südtirol künftig eine Sonderabgabe von zwei Euro pro Tag zahlen soll, damit die Südtiroler den öffentlichen Nahverkehr kostenlos nutzen können.
Christoph B. Schiltz ist Korrespondent in Brüssel. Er berichtet unter anderem über Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU, die europäische Migrationspolitik, die Nato und Österreich.
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