Die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf hat ihren Rückzug von der Kandidatur für ein Richteramt am Bundesverfassungsgericht noch nicht verdaut. „Es ist eine Entscheidung, das sage ich ganz ehrlich, mit der ich immer noch hadere, weil sich damit letztlich unsachliche Kampagnen durchgesetzt haben“, sagte Brosius-Gersdorf der Wochenzeitung „Die Zeit“.
Die Entscheidung sei trotzdem richtig gewesen, weil irgendwann klar gewesen sei, dass sie nicht gewählt werde. „Ich hatte den Eindruck, der Streit innerhalb der Koalition könne sich derart zuspitzen, dass es keinen vernünftigen Ausweg mehr gibt. Mir war außerdem wichtig, eine Beschädigung des Bundesverfassungsgerichts zu verhindern“, sagte die Juristin, die an der Uni Potsdam lehrt.
Wegen Vorbehalten aus der Union gegen die von der SPD nominierte Brosius-Gersdorf war die Wahl von drei Verfassungsrichtern im Juli abgesagt worden. Im August zog sie schließlich ihre Kandidatur zurück. Die SPD schickte daraufhin Sigrid Emmenegger ins Rennen. Sie wurde vergangene Woche schließlich im zweiten Anlauf zur Richterwahl zusammen mit Ann-Katrin Kaufhold und Günter Spinner zu neuen Verfassungsrichtern gewählt.
Merz hat sich nicht bei ihr gemeldet
Sie freue sich, dass die Wahl geklappt habe, sagte Brosius-Gersdorf. „Das ist gut für das Bundesverfassungsgericht, aber auch für unsere Demokratie“. Sie sprach in der „Zeit“ von einer „Achterbahnfahrt der Gefühle“. „Ich werde diesen Sommer nicht so schnell vergessen“, sagte die Juristin.
Brosius-Gersdorf verneinte die Frage, ob sich Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) je bei ihr gemeldet habe. „Ich kenne ihn aus einer Zusammenarbeit vor vielen Jahren, die ich als angenehm in Erinnerung habe. Ich fand es aber nicht richtig, dass er die Richterwahl im Plenum des Bundestages zu einer Gewissensfrage erklärt hat“, sagte sie. „Das ist keine Gewissensfrage, sondern eine Personalentscheidung, für die eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag erforderlich ist und für die man auch die Opposition braucht.“
Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) habe sie unmittelbar nach ihrer Rückzugserklärung angerufen. „Es war ein kurzes Telefonat, in dem er eingeräumt hat, dass einiges nicht so gut gelaufen sei. Und dass er das bedaure.“
Ruf als Juristin nicht beschädigt
Ihren Ruf als Juristin sieht Brosius-Gersdorf durch die Vorgänge um die Wahl nicht beschädigt. „Ich hatte eine Zeit lang die Sorge, mein Ruf unter Nichtjuristen könne leiden, bei Wirtschaftsunternehmen, Sozialverbänden, einzelnen Menschen.“ Die letzten Wochen hätten aber gezeigt, dass die Sorge unbegründet gewesen sei.
Brosius-Gersdorf äußerte die Hoffnung, dass die „Politisierung der Richterwahl“, die man im Sommer erlebt habe, ein einmaliger Fall bleiben könnte. „Wir erleben Gott sei Dank bislang keine Politisierung der Justiz, sie arbeitet unabhängig. Das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz und vor allem in das Bundesverfassungsgericht ist zu Recht hoch“, sagte Brosius-Gersdorf.
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