Der finnische Verteidigungsminister Häkkänen fordert Tempo beim Aufbau des "Drohnenwalls" an der Ostflanke. Die EU brauche zudem Pläne für die Abwehr russischer Raketen und Marschflugkörper. Hinter Moskaus Provokationen im europäischen Luftraum wittert er eine besondere Taktik.
Der finnische Verteidigungsminister Antti Häkkänen erkennt in der Verletzung des europäischen Luftraums durch Drohnen und Kampfflugzeuge einen Versuch Russlands, von der Ukraine abzulenken. "Russland versucht, unseren Fokus auf die Verteidigung unseres Luftraums zu verlagern, damit wir die Unterstützung der Ukraine vergessen", sagte Häkkänen im Gespräch mit ntv.de und weiteren deutschen Medien in Helsinki. Die russische Armee versuche momentan alles, um Kiews Luftverteidigung zum Zusammenbruch zu bringen. Europäische Staaten dürften sich davon nicht irritieren lassen. Sie sollten nicht aus den Augen verlieren, neben der eignen Luftverteidigungsfähigkeiten auch die der Ukraine zu stärken.
Auf Russlands aggressives Vorgehen müsse die Nato eine klare Antwort haben. "Unsere Botschaft an Russland: Wir sind bereit, alle Maßnahmen zu ergreifen, um nationalen Bedrohungen entgegenzuwirken und die Nato-Gebiete zu verteidigen", sagte Häkkänen. Am Montag und Donnerstag meldete Dänemark mehrere Drohnensichtungen über Flughäfen im Land. Zuletzt hatten auch Polen, Estland und Rumänien Verletzungen ihres Luftraums durch russische Drohnen und Kampfflugzeuge festgestellt. Die Nato wertet dies als gezielte Provokationen Russlands. Moskau wies die Vorwürfe zurück.
Häkkänen pocht auf schnelle Resultate in Gesprächen über einen "Drohnenwall", den EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zur Verteidigung der Nato-Ostflanke gefordert hatte. Am Freitag wird EU-Verteidigungskommissar Andrius Kubilius mit Häkkänen und Vertretern weiterer nord- und osteuropäischer Staaten sowie der Ukraine über erste Vorschläge zur Stärkung der Drohnenabwehr sprechen.
Sensoren an der östlichen EU-Außengrenze geplant
Nach EU-Angaben liegen bislang lediglich vage Vorstellungen darüber vor, wie der Drohnenwall aussehen soll. Als möglicher erster Schritt wurde der Einsatz zusätzlicher Sensoren an der östlichen EU-Außengrenze genannt. Ein integriertes, gemeinsames Abwehrsystem zur Drohnenabwehr dürfte demnach erheblich zeitaufwändiger sein. Bei einem Besuch von Kubilius und von der Leyen vor einigen Wochen in Helsinki habe Finnland seine Vorschläge zur Drohnenabwehr bereits auf den Tisch gelegt, sagt Häkkänen. Es soll um einen kostengünstigen Weg gehen, Russland Aattacken abzuschmettern. Als vor zwei Wochen russische Drohnen in den Luftraum Polens eingedrungen waren, schoss die Nato mehrere davon ab. Dabei mussten Kampfjets der jüngsten Generation teure Lenkflugkörper abfeuern, um die billigen russischen Drohnen abzuschießen. Die europäischen Staaten suchen nun nach effizienteren Lösungen.
Finnland könne in die Gespräche über den Drohnenwall die nötige Expertise einbringen - durch die Erfahrungen mit der hybriden Kriegsführung Moskaus, die Verteidigung des Finnischen Meerbusens sowie der 1300 Kilometer langen Grenze zu Russland, sagte Häkkänen. Der finnische Außenminister verwies auf gemeinsame europäische Verteidigungspläne, die sein Land bereits innerhalb der Nordic Defence Cooperation (Nordefco) ausgearbeitet hat. Die Nordefco ist ein Militärbündnis der nordeuropäischen Staaten Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden. Enge Absprachen über den gemeinsamen Einsatz von Truppen und Investitionen in Hochtechnologie würden dort getroffen, sagte Häkkänen. Dabei geht es auch um die Luftraumverteidigung: "Zum Beispiel werden wir am Ende dieses Jahrzehnts gemeinsam 250 moderne Kampfjets haben, die ohne jegliche Luftraumbeschränkung in Nordeuropa eingesetzt werden."
Häkkänen pochte auf eine "mehrschichtige Luftverteidigung" Europas, bei der es nicht nur um Drohnen, sondern auch um die Abwehr ballistischer Raketen und Marschflugkörper sowie Sensoren für elektronische Kriegsführung ginge. Jedes "Schlupfloch" in der Verteidigung könne Russland die Gelegenheit für neue Provokationen bieten. "Wenn der Westen Präsident Wladimir Putin durch mangelnde Verteidigung Möglichkeiten gibt, dann wird er uns weiter testen", so Häkkänen.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke