Kuriose Situation im Bundestag: Schon eine Woche nach der Generaldebatte zum Haushalt gibt es eine Neuauflage. Auf den nachgereichten Haushalt für 2025 folgt nun der fürs kommende Jahr. Die Debatte ist überraschend munter - auch wegen des Bundeskanzlers.

Nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt: Nur eine Woche nach der Generaldebatte zum Haushalt für das laufende Jahr hat der Bundestag sich schon wieder zur Generaldebatte getroffen. Diesmal ging es um die Ausgaben für 2026. Da konnte man sich schon fragen: Wurde nicht schon letzte Woche alles gesagt? Die zweite Debatte drohte so langweilig zu werden wie eine Wiederholung im Fernsehen. Doch es kam anders.

Das zeigte sich schon daran, dass die Parteien teils anderes Personal ans Rednerpult schickten. Statt Katharina Dröge vertrat Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann die Grünen, statt Alice Weidel eröffnete der Co-Fraktionsvorsitzende Tino Chrupalla die Debatte für die AfD. Und die CDU? Friedrich Merz hat keinen Co-Bundeskanzler - und trotzdem zeigte sich ein ganz anderer Typ.

Vergangene Woche trug Merz noch sehr ruhig und sachlich vor, so sachlich, dass vielleicht mancher ein Gähnen unterdrücken musste. Wie anders war es diesmal: Fast war da wieder der alte Merz, wie man ihn als Oppositionsführer kannte. Er machte die Generaldebatte einfach zur Verlängerung der ersten vor einer Woche. Er wolle auf einige Dinge eingehen, die vergangene Woche über seine Rede gesagt worden seien, erklärte er.

Merz reagiert auf Vorwürfe

Dazu bot die zweite Haushaltsdebatte die Gelegenheit. Haßelmann hielt ihm anschließend sogar vor, er habe sich an den Grünen regelrecht abgearbeitet. Womit sie nicht ganz falsch lag: "Es ist reagiert worden auf eine Rede, die ich gar nicht gehalten habe", sagte der Kanzler in Richtung der Oppositionspartei. Als Beispiel nannte er die geplante Reform des Sozialstaats. Ziel sei es, diesen zu erhalten. "Man konnte nicht im Entferntesten auf die Idee kommen, es gehe um Kahlschlag oder Abbruch."

Die Grünen hätten außerdem den Eindruck erweckt, es mangele ihm an Empathie. Doch die Reformen kämen auch den Menschen in Köln-Chorweiler und Gelsenkirchen zugute, versprach Merz. Dröge hatte vergangene Woche ausgiebig auf die prekär lebenden Menschen in ihrem Wahlkreis in Chorweiler verwiesen, denen Merz mal seine Politik erklären müsse. Merz sagte nun, die Investitionen aus dem Milliardenkredit namens Sondervermögen würden auch in "solche Orte" fließen.

Auch zum Klimaschutz bezog er Stellung - bekannte sich dazu, provozierte die Grünen aber mit dem Begriff "Technologieoffenheit". "Ich weiß, dass sie ihn nicht mögen", sagte Merz. Für die Grünen klingt das Wort immer nach einer Hintertür, doch für alle Zeiten Verbrenner zu fahren und Kohle zu verstromen. Union und auch FDP meinen aber, man müsse es dem Markt überlassen, die besten Wege für das Erreichen der Klimaziele zu finden - und nicht alles auf E-Auto oder Wärmepumpe ausrichten.

Das sorgte für Stimmung im Plenum, so viel, dass Bundestagspräsidentin Julia Klöckner einschritt: „So, jetzt reißen wir uns zusammen, es ist genug reingerufen worden", sagte sie. Was Merz aufgriff und entgegnete: "Frau Präsidentin, ich bedanke mich sehr, aber ich halte das aus. Manche Zwischenrufe sind für die Zuschauerinnen und Zuschauer aufschlussreicher als mancher Redebeitrag".

Haßelmann ging anschließend gleich zum Gegenangriff über, ähnlich wie schon Dröge vergangene Woche. So hatte Merz den Kompromiss als solchen gelobt, verteidigt und gefordert - und das regte Haßelmann auf: "Was für eine Erkenntnis, Herr Merz!", rief sie. "Von Ihnen haben wir bis zur Wahl etwas ganz anderes erlebt! Was haben Sie die Sozialdemokraten, die Ampel attackiert", hielt sie ihm vor.

Außerdem kritisierte sie ihn dafür, dass er nicht nach New York zur Generalversammlung der UNO gereist war - wo US-Präsident Donald Trump eine mäandernde Rede voller Vorwürfe, Halb- und Unwahrheiten vom Stapel gelassen hatte. "Eine starke Stimme des Regierungschefs aus Deutschland wäre wichtig gewesen", sagte sie. Unionsfraktionschef Jens Spahn hielt später dagegen: "Was hätten Sie für ein Theater gemacht, wenn er nicht hier gewesen wäre?"

Weidel holt wieder Holzhammer raus, Chrupalla sachlicher

Merz ging auch auf Anwürfe von AfD und Linken ein. So griff er den Satz von Heidi Reichinnek auf, im Haushalt finde sich nichts, was das Leben besser mache. So hatte es die Linken-Fraktionsvorsitzende ihm vergangenen Mittwoch um die Ohren gehauen und so tat sie es später an diesem Morgen erneut. Merz sah da ein "grundlegendes Missverständnis": "Es geht nicht um Verteilung, sondern um Erwirtschaftung eines höheren Bruttoinlandsproduktes für alle", sagte er. Aber auch die Sozialpolitik, die Investitionen in Straßen und Schienen und den Wohnungsbau machten das Leben der Menschen besser.

AfD-Abgeordnete lachten höhnisch, als Merz von einer "grundlegenden Korrektur unserer Einwanderungs- und Asylpolitik" sprach. "Na ja, Sie mögen das nicht gerne hören, wie Ihnen damit eines Ihrer Lieblingsthemen verloren geht", hielt er ihnen entgegen.

Dabei hatte auch die AfD zunächst ganz andere Töne angeschlagen als vergangene Woche. Statt Weidel sprach Chrupalla und statt der Stammtisch-Botschaft "Deutschland geht komplett den Bach runter" übte er einigermaßen sachliche Kritik. Die geplanten Schulden seien viel zu hoch, die Steuern müssten sinken und alle, auch Beamte, sollten in die gesetzliche Rente einzahlen. Die richtig kontroversen AfD-Überzeugungen wie die Total-Absage an Zuwanderung und die Pro-Putin-Position im Ukraine-Krieg fanden kaum statt.

Als Weidel später übernahm, holte sie aber wieder den Holzhammer heraus. Merz werde als größter Bankrotteur in die Geschichte eingehen, die Steuerzahler würden über den Tisch gezogen und Lug und Trug sei alles, was die Regierung mache.

Dass Merz sich so in die Debatte stürzte, war durchaus eine Überraschung. Vielleicht hatte er Gesprächsbedarf, auch über den Bundestag hinaus. Deutschland werde in einer "turbulenten Welt" herausgefordert wie selten zuvor. So versuchte er, Mut zu machen: "In unserem Land steckt so viel Kraft", sagte er. "Wir sind entschlossen, trotz aller Widrigkeiten die Potenziale auszuschöpfen." So ganz ist die Botschaft im Land noch nicht angekommen. Im Trendbarometer von RTL und ntv steht die AfD mittlerweile mit 27 Prozent zwei Punkte vor der Union.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke