CDU/CSU-Fraktionschef Jens Spahn zeigte sich im ARD-Polittalk von Caren Miosga zuversichtlich, dass die Wahl der drei neuen Richter am Bundesverfassungsgericht diesmal ohne Pannen ablaufen werde. Vor einigen Monaten war die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf bereits vor einer Abstimmung im Bundestag gescheitert – wegen Vorbehalten in den Reihen der Union, unter anderem wegen ihrer liberalen Haltung beim Thema Schwangerschaftsabbruch.
„Ja, es wird klappen“, sagte Spahn zu der am Donnerstag anstehenden Wahl. Die neue Kandidatin Sigrid Emmenegger sei „eine sehr, sehr gute. Überzeugend und fachlich versiert.“ Man habe aus der Causa Brosius-Gersdorf gelernt, so Spahn: „Es gab eine Kampagne gegen sie, und da haben wir gemerkt, wir müssen die Prozesse ändern. Das haben wir, Union und SPD, getan.“
Drei Abstimmungen am Donnerstag
Am Donnerstag stehen nun drei Personalien zur Abstimmung: neben Emmenegger die Juristin Ann-Katrin Kaufhold, ebenfalls von den Sozialdemokraten vorgeschlagen, sowie der von der Union vorgeschlagene Richter am Bundesarbeitsgericht, Günter Spinner. Da für die Wahl eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist, werden auch Stimmen der Linken gebraucht. Union, SPD und Grüne haben für die Mehrheit sieben Stimmen zu wenig, auf Stimmen der AfD soll es nach Ansicht aller übrigen Fraktionen nicht ankommen.
Spahn gab sich optimistisch: „Wir sind zum Erfolg verpflichtet.“ Die Koalition aus Union und SPD sei keine Liebesheirat, sondern eine Pflichtgemeinschaft in schwierigen Zeiten, nach dem Scheitern der „Ampel“ und dem starken Bundestagsergebnis der AfD. „Wir haben eine Verantwortung für dieses Land.“
Im ZDF-Polittalk „Maybrit Illner“ hatte Spahn vergangene Woche eine Reform der Erbschaftssteuer angeregt, um mehr Gerechtigkeit beim Thema Vermögen zu erreichen. Bei Miosga wiederholte er dies: „Wir haben in Deutschland beim Thema Vermögensverteilung keine Fairness. Keiner kann sich entscheiden, wo er hineingeboren wird.“ Gerechtigkeit heiße für ihn nicht, „anderen etwas wegzunehmen“, sondern „denjenigen, die bisher keine Chance hatten, die Möglichkeit zu geben, selbst etwas aufzubauen.“
Viele Menschen könnten aus geringen Einkommen kaum sparen, „der Höchststand, den sie erreichen, sind vielleicht 15.000 bis 20.000 Euro.“ Deshalb wolle er Modelle wie die Frühstartrente oder Programme zum erleichterten Erwerb von Wohneigentum voranbringen, um gerade Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen Vermögensaufbau zu ermöglichen.
Auf Nachfrage zur Änderung der Erbschaftssteuer schränkte Spahn aber ein: „Wir werden aktuell an dem Thema nichts machen“, sagte er mit Blick auf das laufende Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, das die Regelungen zur Erbschaftssteuer überprüft. Ein Urteil wird für Anfang 2026 erwartet.
„Nicht selten höre ich den Satz: Sie sind ja netter, als ich dachte“
Auch das Thema Selbstkritik kam bei Miosga zur Sprache. Sie erinnerte Spahn an die Vorwürfe in der Corona-Zeit, etwa im Zusammenhang mit Maskenbeschaffungen, und an andere politische Debatten, in denen er unter Druck geraten war. „Nicht selten höre ich den Satz: ‚Sie sind ja netter, als ich dachte.‘ Da sage ich immer: besser als andersrum“, sagte der CDU-Politiker. Er räumte ein, gelegentlich übers Ziel hinauszuschießen: „Liege ich auch mal falsch? Ja klar. Ich weiß aber auch, was gelungen ist in den letzten Jahren.“ Grundsätzlich nehme er für sich in Anspruch, Debatten nicht nur anzustoßen, sondern sie auch zu Ende zu bringen: „Jede Debatte, die ich bringe, da bleibe ich dran. Ich beginne keine Debatte, ohne sie auch zu einer Lösung zu bringen.“
„Die AfD ist im Kern anti-amerikanisch. Sie ist eher pro-russisch und hat hier Spione für China“
Nach der ersten halben Stunde rückte Moderatorin Miosga das eigentliche Sendungsthema in den Mittelpunkt: „Trump spaltet die USA – welchen Schaden nimmt die Demokratie?“ Dazu saßen dann auch die deutsch-amerikanische Politikwissenschaftlerin Cathryn Clüver Ashbrook und die langjährige Auslandskorrespondentin der „Zeit“ in Washington, Kerstin Kohlenberg, mit am Tisch.
Hintergrund ist die aufgeheizte Stimmung in den Vereinigten Staaten nach der Ermordung des konservativen Aktivisten Charlie Kirk, dessen Trauerfeier am Wochenende Zehntausende Anhänger mobilisierte. Politologin Ashbrook warnte vor einer gefährlichen Dynamik: Der Trumpismus sei längst keine reine Personenbewegung mehr. „Man hat ihn lange auf Trump reduziert. Jetzt sieht man, dass es eine Bewegung ist, die strategisch viel breiter aufgestellt ist“, sagte sie.
Journalistin Kohlenberg beschrieb, wie Trump und sein Umfeld Institutionen gezielt umbauten und demokratische Regeln aushöhlten. Die USA befänden sich „in einer ihrer kritischsten Phasen.“ Ashbrook sprach von einer „neuen Verfolgungsdynamik“, die an die 1950er-Jahre erinnere, und kritisierte, Trump behandle das Präsidentenamt „wie einen Selbstbedienungsladen.“
Spahn wiederum versuchte, Parallelen zu Europa zu ziehen. Den Umgang mit unliebsamen Stimmen bezeichnete er als „gefährlich“. Der Rauswurf des US-Talkmasters Jimmy Kimmel, dessen Late-Night-Show nach mehr als zwei Jahrzehnten abgesetzt wurde, sei zwar ein amerikanisches Beispiel, doch auch in Deutschland gebe es ähnliche Diskussionen. Mit Blick auf die Debatte um die BR-Moderatorin Julia Ruhs, sagte er: „Wir erleben das hier gerade auch.“ Cancel Culture, egal von welcher politischen Seite, sei der falsche Weg, so der CDU-Politiker. Die Polarisierung in den Vereinigten Staaten führe zu Hass und Hetze, statt zum demokratischen Streiten, bei dem der Respekt beibehalten bleibe. In Deutschland gebe es ebenfalls erste Anzeichen, sagte Spahn, „in den USA sieht man, wo es enden kann.“
Mit Blick auf die AfD betonte er zugleich die Unterschiede zu Trumps Republikanern, obwohl Experten Verbindungen zwischen der MAGA-Bewegung und der deutschen Partei sehen. „Die AfD ist im Kern anti-amerikanisch. Sie ist eher pro-russisch und hat hier Spione für China.“ Für Deutschland sei die Partnerschaft mit Washington dagegen unverzichtbar, so Spahn: „Wir sind abhängig von den USA für unsere Sicherheit – und auch unser Wohlstand hängt zu weiten Teilen von den Vereinigten Staaten ab.“
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