Estland wirft Russland vor, illegal in den Nato-Luftraum eingedrungen zu sein. Moskau beteuert, die Flüge seien regelkonform abgelaufen. Nach neuen russischen Angriffen in der Ukraine heben nun Militärflugzeuge in Polen ab, um die Nato-Grenze zu sichern.
Die ukrainische Luftwaffe warnte am frühen Samstagmorgen vor russischen Raketen- und Drohnenangriffen. In fast der gesamten Ukraine wurde Luftalarm ausgelöst. Polen hat daraufhin Flugzeuge der eigenen Flotte sowie von Verbündeten aufsteigen lassen. Sie sollen die Sicherheit des polnischen Luftraums an der Nato-Grenze gewährleisten, teilte das Einsatzkommando der Streitkräfte auf der Plattform X mit. Zudem seien die bodengestützte Luftabwehr und die Radaraufklärung in höchste Bereitschaft versetzt worden.
Russlands Verteidigungsministerium hat die Darstellung Estlands unterdessen bestritten, dass drei russische Kampfjets den Luftraum des baltischen Nato-Landes verletzt haben sollen. "Der Flug wurde unter strikter Einhaltung der internationalen Luftraumregeln durchgeführt, ohne die Grenzen anderer Staaten zu verletzen", beteuerte das Verteidigungsministerium in Moskau gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur Tass.
"Während des Fluges wichen die MiG-31-Jets nicht von der abgesprochenen Flugroute ab und verletzten nicht den estnischen Luftraum", hieß es weiter. Vielmehr habe die Route über neutrale Gewässer mehr als drei Kilometer nördlich der estnischen Ostsee-Insel Vaindloo geführt. Unabhängige Flugdaten liegen dazu nicht öffentlich vor.
Estlands Armee hatte den Vorfall anders dargestellt und am Freitag eine erneute Verletzung seines Luftraums durch drei russische Kampfjets gemeldet, die am Morgen nahe Vaindloo unerlaubt in den Luftraum des EU-Staates eingedrungen seien und sich insgesamt zwölf Minuten darin aufgehalten hätten. Die Flugzeuge hätten keine Flugpläne übermittelt, ihre elektronische Kennung ausgeschaltet gehabt und auch keinen Funkkontakt mit der estnischen Flugsicherung gehalten. Auch diese Angaben lassen sich nicht unabhängig verifizieren.
Die Nato habe sofort reagiert und die russischen Flugzeuge abgefangen, sagte eine Sprecherin des Verteidigungsbündnisses. Nach estnischen Angaben waren F-35-Kampfjets der italienischen Luftwaffe im Einsatz, die die russischen Kampfflugzeuge in die Region Kaliningrad eskortierten. Weil die an Russland grenzenden Länder Estland, Lettland und Litauen keine eigenen Kampfjets besitzen, sichern die Nato-Verbündeten den baltischen Luftraum. Nato-Generalsekretär Mark Rutte bezeichnete die Reaktion des Bündnisses als schnell und entschlossen. Estland beantragte nach dem Vorfall Konsultationen nach Artikel 4 des Nato-Vertrags. Der Artikel sieht Beratungen mit den Verbündeten vor, wenn sich ein Nato-Staat von außen gefährdet sieht.
Kallas: Luftraumverletzungen "äußerst gefährliche Provokation"
Luftraumverletzungen durch Russland sorgten zuletzt für zunehmend Unruhe unter den Nato-Verbündeten in Europa. Bei einem russischen Luftangriff auf die Ukraine war erst in der vergangenen Woche eine große Zahl von Drohnen in den Luftraum Polens und damit der Nato geflogen. Die polnische Luftwaffe und andere Nato-Verbündete schossen erstmals einige der Flugkörper ab. Auch Warschau beantragte nach dem Vorfall Nato-Konsultationen nach Artikel 4. Später kam es zu weiteren Vorfällen, bei denen mutmaßlich gezielt russische Drohnen über Polen und Rumänien gelenkt wurden. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas verwies darauf, dass es die dritte Verletzung des EU-Luftraums innerhalb weniger Tage gewesen sei und dies die Spannungen in der Region weiter verschärfe. Sie sprach von einer "äußerst gefährlichen Provokation".
Nach Bekanntwerden des Vorfalls in Estland meldete am Freitagabend dann Polen, dass sich zwei russische Kampfjets im Tiefflug einer polnischen Bohrinsel in der Ostsee genähert hätten. Sie hätten die Bohrplattform Petrobaltic in einer Flughöhe von 150 Metern angeflogen, teilte das Innenministerium mit. Dabei wurde nach Angaben des Grenzschutzes die Sicherheitszone über der Plattform verletzt. Zur Verletzung der Staatsgrenze sei es nicht gekommen, sagte eine Sprecherin der Behörde dem Sender TVN24. Die Öl-Plattform, die dem polnischen Konzern Orlen Petrobaltic gehört, befindet sich in der polnischen Wirtschaftszone der Ostsee, etwa 70 Kilometer nördlich von Jastarnia.
"Das sind keine Zufälle", so die Einschätzung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Die Vorfälle seien "eine systematische russische Kampagne", teilte er auf der Plattform X mit. Es müssten entschlossene Maßnahmen gegen Russland ergriffen werden - sowohl gemeinsam als auch einzeln von jeder Nation.
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