Auch eine Woche nach der Ermordung des US-Aktivisten und Influencer Charlie Kirk tobt in der MAGA-Bewegung von US-Präsident Donald Trump ein Streit über die Konsequenzen. Auf der einen Seite steht jene Gruppe, die fordert, hart gegen Hassrede („Hate Speech”) vorzugehen, die ihrer Meinung nach politische Gewalt schürt.

Andere lehnen das ab und verweisen darauf, dass für Kirk die Verteidigung des ersten Verfassungszusatzes, der die Meinungsfreiheit garantiert, besonders wichtig gewesen sei. Sie fordern stattdessen ein Vorgehen gegen NGOs und linke Gruppen, die ihrer Meinung nach Gewalt gegen Republikaner und Strafverfolgungsbeamte finanzieren.

Trump hatte schon kurz nach dem Attentat in einem Video aus dem Oval Office die „radikale Linke“ für die Ermordung verantwortlich gemacht und aufgerufen, gegen Organisationen vorzugehen. Was genau daraus folgt, ist aber weiter unklar.

„Es liegen viele Optionen auf dem Tisch“, sagt ein Beamter des Weißen Hauses gegenüber der WELT-Partnerpublikation „Politico“. Die Diskussionen über konkrete Maßnahmen konzentrierten sich aktuell auf „Organisationen, die zu Gewalt aufrufen, diese finanzieren oder organisieren“.

Dazu gehörten das Einleiten von Ermittlungen gegen Gruppen und die Aufhebung der Steuerbefreiung für diejenigen, die beschuldigt werden, illegale Doxxing-Kampagnen (also die systematische Veröffentlichung privater Informationen politischer Gegner) zu orchestrieren und Sammelstellen für Waffen und Materialien für Ausschreitungen zu organisieren. Der Beamte verwies als Beispiele auf Angriffe auf Tesla-Händler und gegen Einwanderungsbeamte. „Es geht nicht um Meinungsäußerungen“, sagte der Beamte. „Es geht um Gewalt und kriminelle Handlungen.“

Dennoch stellten einige Republikaner die Frage, wie weit Social-Media-Nutzer in ihrer Rhetorik gehen dürfen. Vizepräsident J.D. Vance selbst schlug in einer Episode der Charlie Kirk Show, die er selbst moderierte, die Arbeitgeber derjenigen anzurufen, die Kirks Ermordung feiern oder verharmlosen.

Die Debatte eskalierte am Dienstag, als Generalstaatsanwältin Pam Bondi ankündigte, das Justizministerium werde gegen jeden vorgehen, der Hassrede gegen andere verwendet, und sagte: „Es gibt freie Meinungsäußerung, und dann gibt es Hassrede.“

Die Aussagen stießen sowohl bei Linken als auch bei Konservativen auf heftige Kritik, die auch Hassrede vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sehen. Bondi stellte schnell klar, sie habe sich bezogen auf „Hassrede, die die Grenze zu Gewaltandrohungen überschreitet“. Die Ministerin konnte damit viele im Trump-Lager nicht mehr besänftigen. Sie werfen der Justizministerin weiter vor, ihre Worte stünden in direktem Widerspruch zu Kirks Überzeugungen.

„Der erste Verfassungszusatz schützt die Meinungsfreiheit absolut“, sagte der republikanische Senator Ted Cruz aus Texas am Dienstag auf dem AI & Tech Summit von „Politico“ in Washington. „Er schützt auch Hassrede absolut. Er schützt abscheuliche Äußerungen. Er schützt schreckliche Äußerungen. Was bedeutet das? Es bedeutet, dass man nicht wegen Äußerungen strafrechtlich verfolgt werden kann, selbst wenn diese böse, intolerant und falsch sind.“

Auch hochrangige Regierungsbeamte, darunter der Vorsitzende der US-Medienaufsicht, Brendan Carr, lehnen die Idee eines Vorgehens gegen Online-Kommentare ab. „Ich denke, man kann eine ziemlich klare Grenze ziehen, und der Oberste Gerichtshof tut dies seit Jahrzehnten: Unser erster Verfassungszusatz, unsere Tradition der freien Meinungsäußerung, schützt fast alle Äußerungen“, sagte Carr auf dem Gipfel.

Trumps ehemaliger Chefstratege Steve Bannon, eine einflussreiche Figur des MAGA-Universums, erklärte gegenüber „Politico“, die Regierung ziehe eine Reihe von Maßnahmen in Betracht, darunter die Einstufung von „Antifa“-Mitgliedern – einem losen Begriff zur Bezeichnung von Aktivisten der extremen Linken – als inländische Terroristen.

Er sagte auch, dass die Regierung als Reaktion auf dortige Proteste die Verhängung des Kriegsrechts in einem Teil von Portland im US-Bundesstaat Oregon erwäge. Sie ziehe außerdem in Betracht, gegen linke Gruppen zu ermitteln, denen Konservative vorwerfen, politische Gewalt zu finanzieren. „Das Wichtigste ist, die Ermittlungen zu dem Attentat von einem einzelnen Mord auf eine umfassendere Verschwörung auszuweiten“, sagte Bannon. „Wenn wir in den Krieg ziehen, dann ziehen wir in den Krieg.“

Der Beamte des Weißen Hauses sagte, in der Regierung gebe es aktuell keine Selbstbeschränkung mit Blick auf mögliche Reaktionen.

Die Behörden hatten am Dienstag den mutmaßlichen Kirk-Attentäter Tyler Robinson wegen schweren Mordes, Schusswaffengebrauch und Behinderung der Justiz angeklagt. Dem 22-Jährigen könnte die Todesstrafe drohen. Noch immer arbeiten die Ermittler daran, das genaue Motiv für den Mord herauszufinden. Trump und seine Verbündeten mutmaßen unterdessen längst, dass Robinson Teil einer koordinierten Bewegung der Linken sei, die Gewalt gegen Konservative schüre.

Vizepräsident Vance sagte, das harte Vorgehen der Regierung werde sich auf „radikale linke Verrückte“ konzentrieren. Beobachter vermuten, dass zu den ersten Zielen des Vizepräsidenten die Ford Foundation gehören könnte und die Open Society Foundation, die gemeinnützige Organisation des demokratischen Großspenders George Soros.

Trumps stellvertretender Stabschef Stephen Miller sagte Reportern zuletzt, dass der Vizepräsident von einem „ganzen Netzwerk von Organisationen“ spreche. Miller hatte zuvor angedeutet, dass die Regierung das Justizministerium und das Heimatschutzministerium einsetzen werde, um gegen linke „Terror“-Netzwerke vorzugehen, die Doxxing-Kampagnen und gewalttätige Straßenproteste organisieren.

„Der entscheidende Punkt, den der Präsident angesprochen hat, ist, dass jemand für all das bezahlt. Das geschieht nicht umsonst“, sagte Miller. „Auf Anweisung des Präsidenten wird das Justizministerium herausfinden, wer dafür bezahlt, und diese Personen werden strafrechtlich für die Finanzierung von Gewalt zur Verantwortung gezogen.“

Dieser Text erschien zunächst im US-Medium „Politico“, mit dem WELT im Axel Springer Global Reporters Network verbunden ist. Übersetzt und redaktionell bearbeitet von Klaus Geiger

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