Die Ampel zerbrach am Streit über den Haushalt für 2025. Genau den bringt Schwarz-Rot nun in den Bundestag ein. Die Generaldebatte wird zur Generalabrechnung von AfD, Grünen und Linken mit der Regierung. Merz verteidigt seine Agenda mit demonstrativer Gelassenheit.

Bundeskanzler Friedrich Merz hat die Menschen in Deutschland um Geduld mit seiner schwarz-roten Regierung gebeten. "Ich bitte schließlich alle, die uns genau und auch kritisch beobachten und alle, die ungeduldig auf die Veränderungen warten, auch um die notwendige Ausdauer. Wir haben gerade erst begonnen", sagte Merz während der Generaldebatte im Bundestag. Vieles werde gerade erst beschlossen. "Wenn die Dinge erst wirken, dann werden sich viele weitere positive Impulse ergeben."

Anlass waren die abschließenden Debatten über den Haushalt 2025, also das laufende Jahr. Das der erst jetzt im Bundestag angekommen ist, hat fast schon historische Gründe. Es ist der Haushalt, auf den sich die Ampelkoalition vor knapp einem Jahr nicht mehr einigen konnte und daran zerbrach - eine Hürde, die die neue Regierung aus CDU, CSU und SPD gerade dabei ist, zu überspringen. Die weitgehende Aushebelung der Schuldenbremse macht's möglich.

Die "Ausdauer", um die Merz bat, kann die noch junge Regierung gut gebrauchen. In Umfragen steht sie schlecht da, eine Aufbruchstimmung gab es nie und Querelen wie der Streit um die Verfassungsrichter-Wahl oder auch die Stromsteuer wirkten ernüchternd.

Dröge: Wie hätte Oppositionsführer Merz diesen Kanzler beurteilt?

In diese Kerbe schlug Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge. "Sie hätten mit dem gigantischen Sondervermögen die Chance gehabt, einen Moment des Aufbruchs zu schaffen", hielt sie Merz vor. Stattdessen habe es einen "Moment der Enttäuschung" gegeben.

Sie fragte Merz, welches Zeugnis er dem Bundeskanzler Merz wohl ausgestellt hätte, wenn er noch Oppositionsführer wäre - damals attackierte der CDU-Chef den SPD-Kanzler Olaf Scholz scharf und leidenschaftlich. Dröge hielt ihm vor, es gebe drei Millionen Arbeitslose und der Handelsdeal der EU mit den USA sei einfach schlecht. "Sie haben auch nicht zu wenig Geld", sagte sie. "Sie geben es nur den Falschen." Nichts sei teurer in der Regierung als die CSU, die für ihre Projekte - Ausweitung der Mütterrente und Absenkung des Agrardiesels - zehn Milliarden Euro bekommen habe.

Als erste in der Debatte hatte AfD-Chefin Alice Weidel gesprochen, ein Recht das der größten Oppositionskraft zusteht. Sie ließ erwartungsgemäß kein gutes Haar an Merz und seiner Regierung. Zunächst hielt sie ihm vor, nichts zum Tod von Charlie Kirk gesagt zu haben, dem rechtsradikalen US-Agitator, der kürzlich ermordet worden war. Er sei ein Konservativer gewesen, ein gläubiger Christ.

Weidel verhöhnt Merz

Politisch forderte sie im Wesentlichen, Ausgaben für Asyl, Ausländer und EU zusammenzustreichen, die Grenzen dichtzumachen und die Mittel für den Klimaschutz herunterzufahren. Gelächter erntete sie, als sie behauptete, Merz "sabotiere" die Bemühungen von US-Präsident Donald Trump, den Ukraine-Krieg zu beenden. Weidel beschuldigte Merz der Kriegstreiberei und verhöhnte ihn als Sandkasten-General, der außerdem alle seine Wahlversprechen gebrochen habe.

Falls das Merz provozieren sollte, ließ sich der CDU-Chef nicht darauf ein. So leidenschaftlich er einst noch gegen Scholz gewütet hatte, so nüchtern-sachlich gab er sich nun - fast schon so wie Scholz selbst. Er begründete noch einmal den Kurs, den seine Regierung eingeschlagenen hat. Er nannte drei "ganz grundsätzliche Beobachtungen": Die Freiheit sei in Gefahr, das deutsche Wirtschaftsmodell stehe unter Druck und der Zusammenhalt werde offen infrage gestellt.

Daher müsse die Bundeswehr und Nato wieder gestärkt werden. Die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigung habe "maßgeblich dazu beigetragen, dass die Nato auf dem Gipfel eben nicht auseinandergebrochen" sei. Sie sei stärker denn je. Ob das angesichts der aktuellen Schwäche der Bundeswehr und des Unsicherheitsfaktors Trump so stehen bleiben kann, dürften viele bezweifeln.

Merz wandte sich gegen den oftmals zu beobachtenden Eindruck, die Politik sei machtlos. Ein sehr "konkretes Gegenbeispiel" sei die Migrationspolitik. Die Asylbewerberzahlen im August seien im Vergleich zum Vorjahr um 60 Prozent zurückgegangen. Dabei verschwieg er, dass das auch mit dem Ende des Assad-Regimes in Syrien und Grenzmaßnahmen anderer Länder zu tun hat. Allerdings werden mittlerweile auch Asylbewerber an deutschen Grenzen abgewiesen. Weidel hielt ihm vor, das betreffe nur einen geringen Teil der Asylsuchenden.

Lack ist vorm Herbst der Reformen ab

So war die Regierungserklärung eine Übung in Defensive. Man könnte sagen, "der Lack ist ab" von der neuen Regierung - wenn es jemals eine Anfangseuphorie gegeben hätte. Was auch daran liegt, dass Merz selbst im Wahlkampf noch für eine ganz andere Politik geworben hatte. Das haute ihm die Linke Heidi Reichinnek um die Ohren. Vor der Wahl habe Merz noch 30 Milliarden beim Bürgergeld sparen wollen, jetzt seien es nur noch drei Milliarden. Teils erreichte sie Weidelsches Aggro-Niveau: Sie warf ihm "zynische, widerliche Politik" vor, die nichts anderes als "Armenhass" sei. Wie die Grünen forderte Reichinnek eine Vermögenssteuer.

Dabei wird die Union voraussichtlich nicht mitmachen, auch wenn Weidel ein "Umfallen" in dieser Frage vorhersagte. Dennoch begibt sich die Regierung demnächst auf dünnes Eis. Der selbst ausgerufene "Herbst der Reformen" steht an. Bürgergeld und Rente sollen auf neue Füße gestellt werden. Im Koalitionsvertrag hatten es sich Union und SPD noch leicht gemacht und die Themen in Kommissionen ausgelagert. SPD-Fraktionschef Matthias Miersch kündigte bei aller Reformbereitschaft an, den Sozialstaat zu verteidigen. Zugleich rücken die Verhandlungen über den Haushalt 2027 mit seiner 70 Milliarden-Euro-Lücke näher. Die "Ausdauer", die Merz erbat, wird er selbst ebenso brauchen.

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