Zwei Jahre nach dem Tod von Jewgeni Prigoschin steht die berüchtigte Söldnergruppe Wagner vor einem Scherbenhaufen. Das zeigt sich vor allem in Mali. Hier haben die russischen Kämpfer für mehr statt für weniger Terror gesorgt.

Vor knapp vier Jahren sind die ersten Söldner der berüchtigten Wagner-Gruppe aus Russland in Mali angekommen. Der Auftrag: Sie sollen in dem westafrikanischen Land für Ordnung sorgen, die malische Militärjunta in ihrem Kampf gegen islamistische Gruppen unterstützen und im Gegenzug viel Geld nach Russland transferieren.

Vier Jahre später ist Wagner stark geschwächt. Ihr langjähriger Chef Jewgeni Prigoschin ist seit über zwei Jahren tot, bei einem mysteriösen Flugzeugunglück ums Leben gekommen. Zwei Monate, nachdem Prigoschin zum Aufstand gegen Moskau aufgerufen und seine Leute in Richtung russischer Hauptstadt fahren gelassen hatte.

Die Aufgaben von Wagner in Mali übernimmt seitdem das sogenannte Afrikakorps. So heißt die Nachfolgeorganisation, die direkt dem russischen Verteidigungsministerium unterstellt ist. Das Fazit von Wagner zum Einsatz in Mali fiel auch ohne ihren einstigen Kopf hervorragend aus: "Mission erfüllt", hieß es Anfang des Sommers bei Telegram.

Die Russen sind in Mali mit ihren Söldnern weiterhin präsent, wenn auch anders strukturiert. Für das von Krieg und Terror geplagte Land ist das allerdings keine gute Nachricht mehr. Die Sicherheitslage in Mali hat sich in den vergangenen Jahren verschlechtert. Wagner hat in dem westafrikanischen Land anders als gehofft nicht für weniger, sondern für mehr Chaos und Terror gesorgt.

"Für Terrorbekämpfung ungeeignet"

Auch die Zahlen sprechen dagegen, dass Wagner seine Mission erfüllt hat. Von 2022 bis 2024 gab es jedes Jahr durchschnittlich knapp über 3000 Opfer im Zusammenhang mit islamistischem Terror. In diesem Jahr gehen schon fast 2000 Todesfälle auf das Konto von Islamisten, meldet das Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), eine Beobachtungsstelle für bewaffnete Konflikte. In den Jahren davor gab es weniger als 1000 Terror-Opfer pro Jahr.

Dennoch war die Sicherheitslage in Mali bereits schlecht, bevor Wagner eintraf. Die Präsenz der Islamisten geht nicht auf das Konto der Russen, aber: "Die Vorgehensweise von Wagner ist für die Terrorbekämpfung ungeeignet", steht in einem Bericht der amerikanischen Kriegsbeobachtungs-Organisation Sentry.

Denn die Söldner sind skrupellos: Wagner sei im Verlauf der letzten dreieinhalb Jahre "reaktiver und gewalttätiger geworden", zitiert Sentry einen malischen Soldaten. Die russischen Söldner hätten "Menschen getötet, ohne ihren Verdacht vorher zu überprüfen".

Doch dieses Vorgehen hat seinen Preis. Wagner musste wenig überraschend feststellen, "dass die Ermordung gewöhnlicher Malier kein geeignetes Mittel ist, um diese für sich zu gewinnen", berichtet die Militärbeobachtungsstelle weiter. Die Zahl der Informanten ist laut ALCED um 80 Prozent zurückgegangen. Die Terrorgruppen haben im Verlauf der Wagner-Jahre in Mali nicht an Zulauf verloren, sondern gewonnen.

Schwere Vorwürfe gegen Wagner

Die Russen könnten lediglich einen Erfolg verbuchen, bilanziert der niederländische Sicherheitsexperte Bram Posthumus gegenüber der Deutschen Welle: "Die Einnahme der Stadt Kidal im Nordosten im November 2023. Das war die Hochburg der Tuareg-Rebellen, die nun über die Grenze nach Algerien oder in die Berge rund um Kidal geflohen sind." Ansonsten seien erfolgreiche Militäroperationen ausgeblieben. Die Bedrohung durch dschihadistische Extremisten nehme derzeit zu.

Das Fazit ist ernüchternd, aber auch nicht überraschend, denn die russischen Söldner sollen innerhalb der malischen Streitkräfte zunehmend Chaos gestiftet und "dazu beigetragen haben, die Unsicherheit aufrechtzuerhalten".

Hunderte Zivilisten seien entführt, gefangen gehalten und gefoltert worden. Es seien sechs Orte in Mali ermittelt worden, an denen die Wagner-Gruppe in den Jahren 2022 bis 2024 Zivilisten festgehalten habe, darunter ehemalige UN-Stützpunkte, hat das Journalistennetzwerk Forbidden Stories im Sommer berichtet.

Zudem hätten die Russen ungefragt Militärgerät mitgenommen. Befehle seien missachtet worden, genauso sei rassistisches Verhalten gegenüber den malischen Streitkräften an der Tagesordnung gewesen. Wagner habe den Weg für die "Zersplitterung des malischen Staates" geebnet, analysiert Sentry.

Teilweise Abkehr von Russland?

Hat sich die Söldnertruppe verkalkuliert? In Mali können die Russen den Berichten zufolge nicht nach demselben Muster operieren wie in anderen afrikanischen Ländern. Anfangs ging es Wagner darum, Bergbaukonzessionen des zweitgrößten Goldproduzenten Afrikas zu sichern. Im Gegenzug für militärische Unterstützung.

Doch die malische Militärregierung war nicht bereit, Wagner umfassende Bergbaurechte zu übergeben. Deshalb war das Verhältnis zwischen den Maliern und den Russen von Anfang an kompliziert. "Wagner hat sich in Mali zurückhaltend gezeigt, militärisch zu intervenieren, selbst wenn die Hauptstadt bedroht wurde."

Malis Interimspräsident Assimi Goita strebt laut verschiedener Beobachter inzwischen eine Diversifizierung weg von Russland an, während Verteidigungsminister Sadio Camara engere Beziehungen zu Moskau unterhält. Setzt sich Goita durch, könnte Mali für andere Staaten interessant werden.

Die USA hätten bereits Beamte nach Bamako geschickt, berichtet der "Economist". Die Trump-Gesandten sollen über mögliche Sicherheitshilfen und Mineraliengeschäfte diskutieren. Zudem gewinne die Türkei als wichtiger Drohnenlieferant zunehmend an Einfluss beim malischen Interimspräsidenten. Auch die Golfstaaten mischen mit.

"Eingeständnis der Unzulänglichkeiten von Wagner"

Für Russland wäre eine teilweise malische Abkehr ein großes Problem. "Der Reiz von Wagner lag darin, dass das Unternehmen bereit war, Kämpfe zu führen, die der Westen oder die Vereinten Nationen ablehnten", analysiert der "Economist". Spätestens seit der Umwidmung der Gruppe in Afrikakorps ist das Geschichte, weil es jetzt eine "klarere Verantwortungslinie gegenüber Moskau" gibt. Dies sei ein "stillschweigendes Eingeständnis der Unzulänglichkeiten von Wagner".

Zwei Jahre nach dem Tod von Jewgeni Prigoschin und gut vier Jahre nach der Ankunft in Mali, steht die Söldnergruppe Wagner vor einem Scherbenhaufen. Inzwischen hat Prigoschins Sohn Pawel die Rolle des Kommandeurs der Söldnergruppe übernommen. Die Einheit ist aber stark geschrumpft. Bereits ein Jahr nach Prigoschins Tod zählte Wagner laut britischem Verteidigungsministerium nur noch etwa 5000 Kämpfer. Zum Vergleich: kurz vor Prigoschins Tod waren es noch etwa 50.000.

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