Die Arbeitgeber regen wegen der Finanzprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung eine Kontaktgebühr an. Patienten würden dann bei jedem Praxisbesuch zur Kasse gebeten. Die Ärzte, die unmittelbar damit zu tun hätten, haben dazu eine klare Meinung.
Der Hausärzte-Verband lehnt den Vorstoß zur Einführung einer Kontaktgebühr für Patienten in deutschen Arztpraxen rundweg ab. "Dieser Vorschlag der Arbeitgeber ist nicht nur unsozial, sondern auch komplett undurchdacht", sagte die Verbandsvorsitzende Nicola Buhlinger-Göpfarth der "Rheinischen Post".
"Eine allgemeine Kontaktgebühr würde bedeuten, dass man die Patientinnen und Patienten bei jedem Arztbesuch zur Kasse bittet - egal ob es sich um eine Krebsbehandlung, eine Impfung oder sonst ein dringendes Anliegen handelt", so Buhlinger-Göpfarth. Chronisch Kranke müssten die Gebühr dann Dutzende Male im Jahr bezahlen. "Das würde insbesondere sozial Schwache finanziell komplett überfordern", warnte die Chefin des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes. Auch würde eine solche Gebühr zwingend notwendige Arztbesuche verhindern, mit schweren gesundheitlichen Folgen für die Patientinnen und Patienten, weil etwa Erkrankungen zu spät behandelt würden oder eine Vorsorgemaßnahme nicht stattfinde.
"Ärzte-Hopping" soll vermieden werden
Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter, hatte sich angesichts steigender Zusatzbeiträge bei den Krankenkassen für eine Kontaktgebühr bei jedem Arztbesuch ausgesprochen. Im "Berlin Playbook"-Podcast von "Politico" sagte er, eine solche Gebühr könne eine stärkere Patientensteuerung herbeiführen und "Ärzte-Hopping" begrenzen.
Buhlinger-Göpfarth räumte ein, dass nicht alle Arzt-Patienten-Kontakte notwendig seien. Die Antwort seien aber keine allgemeinen Kontaktgebühren, sondern eine bessere Patientensteuerung. Dafür brauche es ein hausärztliches Primärarztsystem. Dabei ist die Hausarztpraxis immer die erste Anlaufstelle, die bei Bedarf weitere Fachärztinnen und Fachärzte hinzuzieht.
Es hatte schon einmal eine Praxisgebühr gegeben. Von 2004 bis 2012 wurden beim ersten Arztbesuch im Quartal zehn Euro fällig. Die Politik erhoffte sich unter anderem, dass Menschen nicht wegen Bagatellfällen zum Arzt gehen. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz wandte sich gegen eine Neuauflage einer solchen Gebühr. Stiftungsvorstand Eugen Brysch sprach gegenüber dem ZDF von einer "alten Leier". Die 2012 abgeschaffte Gebühr habe "keine Steuerwirkung" gehabt und Patienten teils davon abgehalten, rechtzeitig ärztliche Hilfe zu suchen. Auch der Verwaltungsaufwand für Praxen sei hoch gewesen.
Auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sieht in Kontaktgebühren keinen Beitrag zur besseren Steuerung von Patientinnen und Patienten. "Sie würden die soziale Schieflage in der medizinischen Versorgung weiter verschärfen", sagte Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler im ZDF. Stattdessen brauche es ein starkes Primärarztsystem und tragfähige Konzepte für die Versorgung in ländlichen Regionen.
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