Erste israelische Truppen haben bereits Außenbezirke von Gaza besetzt. Die Einnahme der Stadt steht laut dem israelischen Militär kurz bevor. Sie soll nach dem Willen von Ministerpräsident Netanjahu schneller gehen als bisher geplant.

Die israelische Armee hat nach Angaben ihres Sprechers Effie Defrin mit "vorbereitenden Maßnahmen" zur Einnahme der Stadt Gaza im Gazastreifen begonnen. Schon jetzt hielten israelische Truppen die Außenbezirke der Stadt besetzt, sagte er. Man habe die "nächste Phase des Kriegs" begonnen.

Zuvor hatte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nach Angaben seines Büros angeordnet, die Stadt Gaza schneller einzunehmen als bislang geplant. Der "Zeitplan für die Eroberung der letzten Terrorhochburgen und die Niederlage der Hamas" solle verkürzt werden, teilte sein Büro mit, ohne Details zu nennen. Netanjahus Anordnung sei erfolgt, bevor Israels Verteidigungsminister Israel Katz den Einsatzplan der Armee zur Einnahme Gazas gebilligt habe.

Katz' Büro hatte am Morgen mitgeteilt, dass der Minister die Einberufung von rund 60.000 weiteren Reservisten für die Einnahme der Stadt Gaza genehmigt habe. Außerdem solle der Reservedienst von rund 20.000 weiteren Soldaten verlängert werden, hieß es.

Angehörige der israelischen Geiseln, die sich in der Gewalt der Hamas und anderer islamistischer Organisationen befinden, haben derweil im Grenzgebiet zum Gazastreifen für die Freilassung ihrer Angehörigen demonstriert. Der Marsch vom Kibbutz Beeri zum Gelände des Nova-Musikfestivals führte zu zwei Schauplätzen des Terrorangriffs der Hamas am 7. Oktober 2023. Macabit Mayer, die Tante der Zwillingsbrüder Gali und Ziv Berman, warf Netanjahu vor, Zehntausende weiterer Reservisten für eine "sinnlose Mission" rekrutiert zu haben, die "unsere Liebsten und sie selbst in Gefahr bringt".

Die Angehörigen der verbliebenen 50 Geiseln, von denen mindestens 20 noch am Leben sein sollen, befürchten das Schlimmste für ihre Familienmitglieder. Militärischer Druck rette Geiseln nicht, sondern töte sie, sagte Ofir Braslavski, der Vater von Rom Braslavski. Die Hamas hatte Anfang August ein Video des jungen Mannes verbreitet, in dem dieser ausgezehrt und stark geschwächt wirkt. "42 Geiseln kamen zu Fuß nach Gaza - und kehrten in Leichensäcken zurück. Ich möchte nicht, dass mein Kind Nummer 43 ist", sagte Braslavski. "Mein Kind ist hungrig, durstig, verängstigt, gefoltert, stirbt. Und niemand hat das Recht, ihn zum Tode zu verurteilen."

"Abhängigkeit von der Hamas beenden"

Das israelische Sicherheitskabinett hatte Anfang August einem Plan zur Einnahme Gazas zugestimmt. Wann die Bodenoffensive beginnen soll, ist bisher aber unklar. Medien berichteten, dass die Bewohner von Gaza-Stadt bis Anfang Oktober in Flüchtlingslager im Zentrum des abgeriegelten Gazastreifens evakuiert werden sollen. Es wird befürchtet, dass die Offensive die ohnehin katastrophale Lage der Zivilbevölkerung im abgeriegelten Gazastreifen, wo insgesamt rund zwei Millionen Palästinenser leben, noch verschlimmern wird.

Defrin sagte, das Militär werde die Zivilbevölkerung warnen und ihre Evakuierung ermöglichen, um die Gefahr für die Menschen so gering wie möglich zu halten. Dabei sollten sich Zivilisten von den aktiven Kampfgebieten fernhalten.

Defrin sagte weiter, die Hamas sei heute nicht mehr dieselbe wie vor dem israelischen Militäreinsatz. "Von einer militärischen Terrororganisation hat sie sich zu einer angeschlagenen und geschwächten Guerillaorganisation entwickelt", so der Armeesprecher. Das israelische Militär werde den Schaden für die Hamas in Gaza, "einer Hochburg des staatlichen und militärischen Terrors der Terrororganisation, noch weiter verschärfen" und die Abhängigkeit der Bevölkerung von der Hamas beenden.

Hamas greift Soldaten an

Am Morgen hat die radikalislamische Hamas einen Großangriff auf israelische Soldaten im Gazastreifen ausgeführt. Dabei wurden nach israelischen Angaben mindestens zehn Hamas-Kämpfer getötet. Am Mittwoch gegen 9.00 Uhr (Ortszeit, 8.00 Uhr MESZ) seien "mehr als 15 Terroristen aus mehreren Ausgängen eines Tunnels" nahe eines Militärvorpostens im Süden von Chan Junis gekommen, erklärte die israelische Armee. Dabei seien "zehn Terroristen" getötet worden. Ein israelischer Soldat sei schwer verwundet, zwei weitere leicht verletzt worden.

Die Hamas-Kämpfer hätten einen "kombinierten Angriff mit Schusswaffen und Panzerabwehrraketen" auf den Posten ausgeführt, erklärte die Armee weiter. Mehrere Angreifer seien im Nahkampf und durch Luftangriffe getötet worden. Acht weitere Angreifer konnten sich demnach in den Tunnel zurückziehen. "Der Vorfall ist noch nicht beendet", fügte die Armee hinzu. Die geflüchteten Kämpfer würden "lokalisiert und eliminiert". Nach Angaben des israelischen Senders Channel 12 zielte der großangelegte Angriff darauf ab, israelische Soldaten als Geiseln zu entführen.

Die Hamas und mit ihr verbündete Palästinensergruppen hatten mit ihrem beispiellosen Großangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 den Krieg im Gazastreifen ausgelöst. Bei dem Angriff wurden nach israelischen Angaben mehr als 1200 Menschen getötet, 251 Menschen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Fast zwei Jahre danach hält die Hamas in dem Palästinensergebiet noch immer etwa 50 Geiseln in ihrer Gewalt. Nur etwa 20 von ihnen sind nach Einschätzung der israelischen Armee noch am Leben. Israel geht seit dem Hamas-Großangriff massiv militärisch im Gazastreifen vor.

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