Das Treffen von Trump und Putin war eine große Inszenierung: roter Teppich, gegenseitige Schmeicheleien, Punktsieg für den Kremlchef. Denn das Töten in der Ukraine geht weiter. Und doch gibt es positive Indizien.

Die Reaktion des BBC-Korrespondenten in Alaska war klassisch britisch. "There is a bit of uncercainty on what they agreed", sagte er unmittelbar nach dem Auftritt von US-Präsident Donald Trump und dem russischen Machthaber Wladimir Putin in Anchorage. Es gebe ein bisschen Unsicherheit darüber, was die beiden vereinbart hätten. Eine dramatische Untertreibung.

Die Journalisten, die bei der "Pressekonferenz" auf der Luftwaffenbasis in Anchorage nicht einmal Fragen stellen durften, hatten zumindest die Inszenierung eines Verhandlungsergebnisses erwartet. Stattdessen bekamen sie nur eine Inszenierung: roter Teppich, gegenseitige Schmeicheleien und über allem der Slogan "Pursuing Peace", Streben nach Frieden.

Unsicherheit darüber, was zur Hölle eigentlich in Anchorage besprochen wurde und warum in drei Teufels Namen der Gipfel "großartig und sehr erfolgreich" gewesen sein soll, herrscht auch am Tag danach. Selbst die Europäer, die von US-Präsident Donald Trump nach dessen Gespräch mit Kremlchef Wladimir Putin unterrichtet wurden, wirken ein bisschen ratlos. "Die Staats- und Regierungschefs begrüßten die Bemühungen von Präsident Trump, das Töten in der Ukraine zu beenden, den russischen Angriffskrieg zu beenden und einen gerechten und dauerhaften Frieden zu erreichen", teilen sie in einer gemeinsamen Erklärung mit.

"Das ist in der Pressekonferenz gar nicht zum Ausdruck gekommen"

Zu der von Bundeskanzler Friedrich Merz initiierten Gruppe gehören der französische Staatspräsident Emmanuel Macron, der britische Premier Keir Starmer, die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, der polnische Regierungschef Donald Tusk und der finnische Präsident Alexander Stubb, außerdem EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Antonio Costa. Merz hatte die Runde in der vergangenen Woche zusammengetrommelt, um vor dem Gipfel Einfluss auf Trump zu nehmen.

Ob das gelungen ist? Man muss in aller Vorsicht sagen: Es könnte sein. Trump sprach zunächst wie verabredet mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj über die Ergebnisse des Gipfels. Danach seien die europäischen Staats- und Regierungschefs dazugekommen, schreibt Selenskyj auf X. Insgesamt habe das Gespräch mehr als anderthalb Stunden gedauert, allein eine Stunde habe er allein mit Trump gesprochen.

Trump habe den Europäern "ausführlich dargelegt, wie intensiv er mit Putin über Modalitäten eines Friedensabkommens gesprochen hat", erläuterte Merz im Interview mit RTL/ntv. "Bis hin zu der Zusage, dass Amerika bereit ist, Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu geben. Das ist in der gemeinsamen Pressekonferenz gestern so noch gar nicht zum Ausdruck gekommen." Merz nannte diesen Punkt einen "wirklich großen Fortschritt".

Den Punkt mit den Sicherheitsgarantien hatte Trump auf dem Flug nach Anchorage angesprochen, dabei aber auch stärkeres europäisches Engagement gefordert. Man sei zu einer "aktiven Rolle" bereit, betonen die Europäer deshalb in ihrer gemeinsamen Erklärung.

Trump verabschiedet sich vom Waffenstillstand als Zwischenziel

Merz sagte, die "große Arbeit an einem Friedensabkommen, wenn es jetzt keinen Waffenstillstand geben sollte, die liegt jetzt vor allen Beteiligten und nicht hinter uns". Aus deutschen Regierungskreisen hatte es zuvor geheißen, es gehe weiterhin darum, die zentralen Sicherheitsinteressen der Europäer zu wahren, dies aber auf eine partnerschaftliche Weise, die die USA im Spiel hält. Wichtig seien drei Botschaften: erstens die europäische Bereitschaft zu einem Gipfel von Trump, Putin und Selenskyj, zweitens Sicherheitsgarantien für die Ukraine und drittens anhaltender Druck auf Russland.

Ohne Sicherheitsgarantien für die Ukraine könne es keinen Frieden geben, davon sind die Europäer überzeugt. Sie hatten allerdings vor ein paar Tagen auch gefordert, dass ein Waffenstillstand am Anfang eines Friedensprozesses stehen müsse. Davon hat Trump sich in Alaska offiziell verabschiedet. "Es wurde von allen entschieden, dass der beste Weg, den schrecklichen Krieg zwischen Russland und der Ukraine zu beenden, ist, direkt zu einem Friedensabkommen zu gehen, das den Krieg beendet, nicht zu einem bloßen Waffenstillstandsabkommen, das oft nicht hält", schrieb er auf seiner Plattform Truth Social. Ein Punkt für Putin: Das Töten geht vorerst unvermindert weiter.

Berichten zufolge hat Putin in Alaska eine "schriftliche Zusage" angeboten, dass er die Uraine nicht noch einmal angreifen werde, wenn die ihm den Donbass überlässt. Jeder Ukrainer weiß, was Zusagen des Kreml wert sind.

Insofern lässt sich auch argumentieren, dass der Gipfel von Alaska ein Sieg für Putin war. Zumal Trump Putin dort bescheinigte, dieser wolle das Sterben in der Ukraine genauso beenden wie er. Kann man daraus schließen, dass Trump sich von Putin hat einwickeln lassen? Die Konfliktforscherin Nicole Deitelhoff hält das nicht für wahrscheinlich. Für sie sind solche Sätze eher PR-Floskeln: "Klingt schön, ist Blödsinn."

"Immerhin ein Gesprächsbeginn"

Als Sieg für Putin kann man auch Trumps Aufforderung verstehen, Selenskyj möge jetzt einen "Deal machen", wie er im Interview mit Fox News sagte. Das klingt nach Frieden um jeden Preis. Auch die in Anchorage zelebrierte Atmosphäre ließ nicht erkennen, dass Trump klar ist, dass Putin die Ukraine vernichten will. Der Kremlchef scheint das auch gar nicht abzustreiten, er formuliert es nur anders: Im Gespräch mit Trump habe Putin "offensichtlich wieder längere Ausführungen zur Geschichte der Ukraine und zur Geschichte Russlands gemacht", sagte Merz bei RTL/ntv. Putin habe dabei zum wiederholten Male behauptet, "dass die Existenz der Ukraine der eigentliche Grund für diesen Konflikt ist".

Putins Darstellung ist falsch. Aber wenn er sie wenigstens ernst meinen würde, dann müssten andere Länder wie Moldau oder die baltischen Staaten eigentlich sicher vor russischen Überfällen sein, so Merz. "Ist es so? Ich habe große Zweifel daran. Putin hat bis jetzt viel versprochen, viele Abkommen unterschrieben. Ich glaube dem nicht so ohne Weiteres. Aber immerhin, es ist ein Gesprächsbeginn."

Das ist der springende Punkt. Es gebe momentan zwar "überhaupt keinen Hinweis darauf, dass durch die Gespräche Fortschritte erzielt werden konnten", sagt Deitelhoff. Aber das müsse nicht heißen, dass das Treffen sinnlos war. Hoffnung macht der Konfliktforscherin Trumps Besessenheit mit dem Friedensnobelpreis. "Trump will den Friedensnobelpreis, er ist bereit, viel dafür zu tun. Das könnte immerhin ein positives Indiz dafür sein, dass sich die USA weiter engagieren werden und dass es in der Folge auch zu weiteren Verhandlungsschritten kommen könnte."

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