Hat US-Präsident Trump einen Plan für den Gipfel mit Kremlchef Putin? Es sieht nicht danach aus. Reden soll vor allem der russische Staatschef über seine Vorstellungen für die Zukunft der Ukraine. Das Ergebnis des symbolischen Treffens dürfte sich schnell zeigen.

Zwei Präsidenten treffen sich und am Ende lacht der Dritte? Das hätte Ukraines Staatschef Wolodymyr Selenskyj wohl gerne, aber es ist höchst zweifelhaft, dass es so weit kommen wird. Wahrscheinlicher ist, dass er Zugeständnisse machen muss, um den russischen Angriffskrieg in seinem Heimatland zum Stillstand zu bringen. US-Präsident Donald Trump ist zugleich bemüht, den russischen Amtskollegen Wladimir Putin von dessen Maximalforderungen abzubringen. Im US-Bundesstaat Alaska treffen sich die beiden nun erstmals in Trumps zweiter Amtszeit. Wie üblich eiert der Republikaner inhaltlich in Richtung des Treffpunkts nahe der Stadt Anchorage.

Die große Frage stellt sich vorab: Kann der symbolträchtige Gipfel den Frieden nach Europa bringen? Sofort nicht, aber er könnte eine Grundlage dafür werden. Trump ist jedoch weder dafür bekannt, einen ausgeklügelten Plan zu haben, noch sich daranzuhalten. Das mögliche Ergebnis dürfte deshalb vor allem davon abhängen, wie überzeugend Bundeskanzler Friedrich Merz und die anderen europäischen Staatschefs bei ihrem Vorab-Meeting mit Trump waren, und wie empfänglich dieser in Alaska für Putins Argumente sein wird. Es werde "eine Zuhörübung" für den US-Präsidenten, sagte Karen Leavitt, die Sprecherin des Weißen Hauses.

Was bei all dem herauskommt, wird die Welt schnell erfahren. Eine gemeinsame Pressekonferenz der beiden Staatschefs ist angekündigt, aber noch kein Zeitpunkt dafür. Das Treffen an sich wird laut russischen Angaben am heutigen Freitag um 21.30 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit auf der Militärbasis Elmendorf-Richardson beginnen. Trump hat laut Medienberichten Angebote im Gepäck, aber auch öffentlich bei einem möglichen Scheitern schon mit "sehr schwerwiegenden Konsequenzen" gedroht, ohne Details zu nennen. Eine Frist für drastische Sanktionen und Sekundärzölle gegen Russlands Handelspartner ließ das Weiße Haus - bis auf einen 25-Prozent-Importzoll für Indien wegen dessen Ölkäufe - verstreichen.

"Den Tisch decken"

Trump möchte einen Waffenstillstand erreichen. Das will er schon lange. Bevor er das zweite Mal ins Weiße Haus einzog, hatte er sogar angekündigt, den Ukraine-Krieg im Handumdrehen zu beenden - noch vor seinem Amtsantritt. Doch in Osteuropa hat sich kaum etwas geändert. Moskau führt seinen Angriffskrieg im Nachbarland mit voller Kraft weiter, Kiew wehrt sich mit allen Kräften und Unterstützung der westlichen Allianz. Die hat sich zwar verändert, aber die Europäer und Trump sind sich angeblich über mindestens eine rote Linie einig: Entscheidungen über ukrainische Gebiete dürfen nur von Selenskyj getroffen werden.

Was hat Trump davon, den Vermittler zu spielen? Geld des US-Staatshaushalts ist es wohl kaum. Schließlich sagte zuletzt sein Vize JD Vance, die USA seien "fertig mit der Finanzierung des Ukraine-Kriegsgeschäfts". Ihre Militärhilfen laufen aus, neue bezahlen die Europäer und Kanada. Aber Vance' Chef, das ist ein offenes Geheimnis, jagt seit langer Zeit dem Friedensnobelpreis hinterher. Der selbstbetitelte Dealmaker möchte die in seinen Augen ultimative Auszeichnung erhalten. Was also ist Trump bereit zu geben, um sie zu überzeugen?

Einem Medienbericht zufolge könnte Trump den russischen Präsidenten mit wirtschaftlicher Zusammenarbeit in Alaska und der Beringstraße ködern, der rund 80 Kilometer breiten Seepassage zwischen den USA und Russland. Auch wird Trump mit der Aufhebung mancher Sanktionen locken. Neben dem Friedensnobelpreis könnte auch dies irgendwann Trump und seiner Familie nützen. Geschäfte in und mit Russland oder mit deren Handelspartnern würden einfacher. Trump vermengt privates Profitinteresse und das Präsidentenamt sehr offen. Die mögliche juristische Rückendeckung dafür ist wegen des Immunitätsurteils des Supreme Court im vergangenen Jahr enorm.

Trump wolle bei seinem Gespräch in Alaska für ein Folgetreffen zwischen Putin und Selenskyj "den Tisch decken", sagte der US-Präsident. "Wenn das erste okay verläuft, werden wir ein schnelles zweites haben", gerne "fast sofort". Er könne ebenfalls teilnehmen, falls die beiden dies wollten. Was die beiden Kriegsgegner als Verhandlungsmasse auf diesen Tisch legen könnten, ist das große Mysterium.

Trump mag Papier und Vier-Augen-Gespräche

Für Frieden müssten beide Seiten so gut wie sicher Zugeständnisse machen, die sie bislang offen abgelehnt haben. Es klingt derzeit nicht danach, als wolle Putin einlenken. Er möchte die östlichen Oblaste auch nach internationalem Recht zu russischem Territorium machen, Selenskyj darf das schon wegen der ukrainischen Verfassung nicht. Der Kremlchef reise unter anderem mit alten geografischen Karten an, um zu beweisen, dass die Ukraine russisch sei, schreiben mehrere Medien. Putin kennt Trump - und Trump mag Papier. Noch mehr mag Trump das Medienspektakel rund um solche möglicherweise entscheidenden Vier-Augen-Gespräche unter Staatschefs.

In seiner ersten Amtszeit waren es Gipfel mit Nordkoreas Diktator Kim Jong-Un in Singapur sowie in der demilitarisierten Zone zum Süden - und der gemeinsame Schritt über die Demarkationslinie in den Norden. Gebracht hat es nicht viel, außer einigen parfümierten Briefen aus Pjöngjang nach Washington. Im Jahr 2018 traf sich Trump mit Putin in Helsinki hinter verschlossenen Türen und ohne Berater. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz danach sagte Trump, er glaube dem russischen Staatschef, dass Moskau sich nicht in die US-Präsidentschaftswahl 2016 eingemischt habe - obwohl die eigenen Geheimdienste dies als belegt ansahen. Sollte Trump sich erneut von Putin einlullen lassen, wäre der Gipfel krachend gescheitert.

Der Ort des Treffens ist praktisch, weil Putin nur durch russischen und kurzen US-Luftraum fliegen muss. Aber er ist auch symbolisch, ob gewollt oder nicht. Russische und russisch-indigene Kultur ist mancherorts in Alaska noch immer vorhanden. Die Vereinigten Staaten kauften Alaska im Oktober 1867 von Russland, wegen der danach entdeckten Bodenschätze zu einem Spottpreis, wie sich später herausstellte. Ironischerweise brauchte der russische Zar damals das Geld, um den Krimkrieg zu finanzieren.

Von der Militärbasis Elmendorf-Richardson in Anchorage aus beobachteten die USA im Kalten Krieg die Sowjetunion und schreckten sie ab. Radaranlagen verfolgten russische Einheiten und mögliche Atomwaffenstarts. Noch immer steigen von der Basis regelmäßig Kampfflugzeuge auf, um russische Jets aus dem US-amerikanischen Luftraum zu geleiten. Das Treffen der Staatschefs ermögliche es ihnen, möglichen Protesten aus dem Weg zu gehen und biete ein hohes Maß an Sicherheit, sagte Benjamin Jensen, von der Denkfabrik Center for Strategic and International Studies in Washington der Nachrichtenagentur AP. Trump könne zudem militärische Stärke zeigen.

In Putins Vorstellung des neuen imperialen Russlands hat womöglich auch Alaska einen Platz: Er ist der erste russische Präsident, der nach Anchorage reist. Kirill Dmitriev, ein hochrangiger Unterhändler des Kreml, der zudem den staatlichen Russischen Direktinvestitionsfonds leitet, hatte vergangene Woche gesagt, Alaska sei "russisch-amerikanisch". Bei dem Treffen könnte auch eine engere Zusammenarbeit zwischen Moskau und Washington in der Arktis diskutiert werden, ließ er durchblicken.

Monatelanger Schlingerkurs

Trump schlingert seit Monaten übers diplomatische Parkett, um Frieden in der Ukraine zu ermöglichen. Jahrelang hatte er Putin als Freund mit guten Absichten dargestellt. Nach seiner Wahl im vergangenen Jahr säuselte er mit dem Kremlchef immer wieder freundlich telefonisch, aber es kam nichts dabei heraus. Als er zurück im Weißen Haus war, führte er Selenskyj erfolglos vor, um den Staatschef zu mehr Zugeständnissen zu bewegen. Er schickte seine Verhandler mehrfach nach Moskau, aber auch das hat bislang keine Ergebnisse gebracht. Er drohte Putin mehrfach mit Sanktionen - zuletzt im Juli, und dessen Verbündeten mit Zöllen. Moskau ließ die Ultimaten verstreichen, Raketen flogen weiter, Bomben fielen, Drohnen griffen an. Trump fing an zu poltern, tat aber fast nichts. Nun also das persönliche Treffen mit Putin, das nach dreieinhalb Jahren des Krieges die Wende bringen soll.

Das Weiße Haus moderiert die Erwartungen an den Gipfel. Zwar ist das Ziel ein Waffenstillstand und der Frieden - aber Trump wolle persönlich herausfinden, ob es Putin "ernst meint" mit einem Verhandlungsangebot, was er dem Gesandten Steve Witkoff unterbreitet habe, sagte ein Mitarbeiter des Weißen Hauses zu "Politico". Es gehe darum, "auf Trumps Instinkte zu vertrauen", wird der Mitarbeiter zitiert. Putin habe einen Plan vorgelegt. "Es mag kein umsetzbarer Plan sein, aber es gab etwas auf dem Papier, was einen Fortschritt darstellt." Als Witkoff mit dieser Nachricht aus Russland zurückgekehrt war, und dass sich Putin treffen wolle, sah Trump dies bereits als Fortschritt.

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