Mit ihrem Rückzug erlöst Frauke Brosius-Gersdorf die wortbrüchige Union. In der SPD brodelt es, sie kritisiert einen Sieg des rechten Mobs. Ein prominenter Unionspolitiker empfindet Reue. Eine rechte Kampagne kann er allerdings nicht erkennen.
Mathias Middelberg, der stellvertretende Fraktionschef der Union im Bundestag, hält eine Entschuldigung von CDU und CSU bei SPD und Frauke Brosius-Gersdorf für angebracht. Die Fraktionsführung der Union hätte die gewichtigen Bedenken gegen die Jura-Professorin als Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht früher erkennen müssen, sagte der CDU-Politiker im NDR. Die Fraktion habe sich gegenüber der SPD "nicht sauber und korrekt verhalten. Das haben wir versäumt, und das ist sicherlich ein Fehler gewesen."
Middelberg weiter: "Dafür kann man sich bei den Sozialdemokraten entschuldigen. Und das kann man auch gegenüber Frau Brosius-Gersdorf so tun." Denn sie sei dadurch unnötig lange in der Diskussion gehalten worden und Angriffen von außen ausgesetzt gewesen.
Im Gegensatz zu Brosius-Gersdorf und SPD bestreitet Middelberg allerdings, dass die Unionsfraktion einer Kampagne aufgesessen sei. Es habe zweifellos Kampagnen gegen Brosius-Gersdorf gegeben, aber das sei nicht maßgeblich für die Entscheidung in der Unionsfraktion gewesen, sagte der CDU-Mann. In der Fraktion habe es in erheblichen Teilen große Bedenken wegen ihrer Positionen zum Schutz ungeborenen Lebens gegeben. "Das war für uns das maßgebliche Kriterium, diesen Vorschlag, diesen Personalvorschlag am Ende dann abzulehnen."
Rechter Mob feiert "erstmals einen Triumph"
Die Wahl von Brosius-Gersdorf und zwei weiteren Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht war im Juli im Bundestag kurzfristig abgesetzt worden, weil der Widerstand in der Unionsfraktion gegen die SPD-Kandidatin zu groß geworden war. Die Fraktionsspitze konnte die mit dem Koalitionspartner verabredete Unterstützung nicht mehr garantieren. Brosius-Gersdorf zog ihre Bereitschaft zur Kandidatur schließlich zurück.
Der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner sprach anschließend von einer Niederlage der demokratischen Parteien: "Der Tag wird in die Geschichte eingehen als der Tag, an dem der rechte Mob erstmals einen Triumph gefeiert hat." Es sei zu hoffen, dass dies als "Warnschuss" begriffen werde. "Eine Wiederholung eines solchen Vorgangs muss ausgeschlossen werden."
Auch Juso-Chef Philipp Türmer stellte Bundeskanzler Friedrich Merz und Fraktionschef Jens Spahn infrage. "Friedrich Merz und Jens Spahn haben offensichtlich weniger Kontrolle über ihre eigene Fraktion als dubiose rechtsradikale Internetseiten. Die CDU macht öffentliches und durch Fake News angefeuertes Mobbing zu ihrem neuen politischen Stil. Die erste Amtshandlung des neuen Fraktionschefs sollte ein Anruf bei Frau Brosius-Gersdorf mit der Bitte um Entschuldigung sein."
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