Ende Juli versuchte der Menschenrechtsanwalt Sibusiso Nhlabatsi, fünf aus den USA abgeschobene Männer im Hochsicherheitsgefängnis von Eswatini zu besuchen. Vergeblich. Die Männer aus Kuba, Jamaika, Laos und dem Jemen waren einige Tage zuvor in einer geheimen Aktion in das kleine Königreich im südlichen Afrika ausgeflogen worden. Seitdem sitzen sie dort in Isolationshaft. Ohne Kontakt zu Angehörigen und ohne den ihnen zustehenden Rechtsbeistand, sagte Nhlabatsi der Nachrichtenagentur AP.
Immer klarer zeichnet sich in diesen Tagen ab, dass Eswatini längst nicht das einzige kontroverse Puzzleteil der amerikanischen Abschiebepolitik in Afrika ist. Seit Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus im Januar forciert die US-Regierung eine Migrationspolitik, die auf maximale Abschreckung zielt. Wer als krimineller Ausländer nicht in sein Herkunftsland zurückgeschickt werden kann – etwa, weil dieses die Aufnahme verweigert –, soll in sogenannte Drittstaaten abgeschoben werden. Eswatini und der von Konflikten erschütterte Südsudan haben bereits vereinzelt Migranten aufgenommen.
Auch Ruanda ist Teil dieses Netzwerks – und von der Trump-Administration offenbar sehr konkret für nicht straffällig gewordene Migranten eingeplant. Bis zu 250 Menschen will Kigali künftig übernehmen, wie Regierungssprecherin Yolande Makolo gegenüber der BBC bestätigte. Man werde „Arbeitskräfte fördern, Gesundheitsversorgung bieten, Unterkunft bereitstellen“. Jeder einzelne Fall werde geprüft, bevor eine Aufnahme erfolge.
Der Deal ist nicht der erste dieser Art mit Ruanda. Schon Großbritannien hatte 2022 unter der konservativen Regierung einen Asylpakt mit dem ostafrikanischen Land geschlossen – kostspielig und umstritten. Umgerechnet hunderte Millionen Euro flossen nach Kigali, Hotels wurden umgebaut, Personal ausgebildet. Doch kein einziger von Großbritannien abgeschobene Asylsuchender landete am Ende im Rahmen dieser Vereinbarung in Ruanda.
Zunächst stoppten britische Gerichte das Vorhaben wegen menschenrechtlicher Bedenken. Als die Justiz schließlich doch noch einlenkte, gewann die Labour Party die Wahlen im Juli 2024 – und beerdigte das umstrittene Vorhaben der Tories unverzüglich. Vor einigen Jahren hatte es bereits Medienberichte gegeben, dass Israel Migranten nach Ruanda abgeschoben hat, offiziell wurde das allerdings nie bestätigt. Und im vergangenen Jahr regte eine niederländische Ministerin bei einem Besuch in Uganda ein ähnliches Modell mit Ruandas Nachbarland an. Eine Vereinbarung hat sich bislang aber nicht konkretisiert.
Auch für Trumps Abschiebungen in afrikanische Drittstaaten ist die rechtliche Grundlage äußerst fragwürdig. Zwar sind solche Deportationen möglich, jedoch nur unter strengen Bedingungen, etwa wenn das Aufnahmeland als sicher gilt und den Abgeschobenen ein faires Verfahren garantiert wird. In der Praxis werden diese Voraussetzungen oft nicht erfüllt.
Das zeigt sich beim Beispiel Südsudan. Dorthin wurden acht Männer ausgeflogen, obwohl ein US-Gericht die Abschiebung untersagt hatte. Das Flugzeug musste umgeleitet und die Männer zwischenzeitlich in einem US-Militärstützpunkt in Dschibuti untergebracht werden. Der amerikanische Supreme Court erlaubte die Abschiebung später – ohne zu prüfen, ob der Südsudan überhaupt als sicher gelten kann. Juristen kritisieren, dass viele Betroffene kaum die Möglichkeit haben, rechtzeitig Rechtsmittel einzulegen.
Kigali will sich jedenfalls auch von den USA fürstlich entlohnen lassen, laut Medienberichten ist das Teil der Vereinbarung. Menschenrechtsorganisationen warnen: Ruanda mag sich als stabiler Staat mit Reintegrationskompetenz präsentieren, steht aber international wegen politischer Repression der Opposition und mutmaßlicher Unterstützung der M23-Rebellenmiliz im Kongo unter Druck. Trump zeigt indes großes Interesse am Kauf von Seltenen Erden aus Ruanda – und weniger an der berechtigten Frage, ob diese Rohstoffe aus dem Kongo in das Land geschmuggelt werden.
In so manch anderem afrikanischem Land verfolgt man die Kooperationsbereitschaft von Ländern wie Ruanda und Südsudan mit Argwohn. Denn Washington verschärft einmal mehr den Druck auf den Kontinent, und das nicht nur mit seiner Zollpolitik. Zwölf Länder stehen derzeit auf Trumps Einreiseverbotsliste, sieben davon aus Afrika. Neu eingeführt wurde zudem ein Visums-Pfand: Wer aus Malawi oder Sambia in die USA einreisen will, muss künftig 15.000 Dollar hinterlegen – rückzahlbar nur bei fristgerechter Ausreise. Begründung: Oft überziehen Staatsbürger dieser Länder ihr US-Visum.
Und es gibt eine zweite Begründung: mangelhafte Kooperation bei Rückführungen.
Christian Putsch ist Afrika-Korrespondent. Er hat im Auftrag von WELT seit dem Jahr 2009 aus über 30 Ländern dieses geopolitisch zunehmend bedeutenden Kontinents berichtet.
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