Schiffe mit russischem Öl unterlaufen nicht nur den westlichen Ölpreisdeckel. Es gibt auch Hinweise, dass sie in Sabotage und Spionage verwickelt sind. Die Bundesregierung hat dennoch keinen Überblick über entsprechende Vorfälle. Die Linke spricht von einem sicherheitspolitischen Blindflug.

Trotz einer ganzen Reihe von Vorfällen mit schrottreifen Tankern mit russischem Öl an Bord hat die Bundesregierung keinen Überblick darüber, wie viele Zwischenfälle es mit Schiffen der sogenannten Schattenflotte gegeben hat. Das geht aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Frage der Linken-Bundestagsabgeordneten Donata Vogtschmidt hervor.

"Eine Übersicht aller Aktivitäten der sogenannten Schattenflotte in den Hoheitsgewässern Deutschlands existiert nicht, demzufolge führt die Bundesregierung auch keine statistische Erfassung anhand dieses Kriteriums", heißt es in der Antwort.

Das Ministerium verweist darauf, dass es "keine rechtsverbindliche allgemeingültige Definition" der Schattenflotte gebe. "Nach Verständnis der Bundesregierung bezeichnet der Begriff eine Gruppe von Schiffen, die zum Teil alt sind, unsichere Schifffahrtspraktiken anwenden und zur Umgehung von Sanktionen eingesetzt werden. Diese Schiffe sind in der Regel nicht zwingend mit Sabotage- oder Spionageakten in Verbindung zu bringen."

"Voll mit Spionageausrüstung"

Zwingend ist der Zusammenhang nicht. Allerdings gab es in den vergangenen Monaten mehrere Vorfälle, die zumindest verdächtig sind. Im Januar meldete der Öltanker "Jazz" vor Rügen einen Maschinenschaden und begann abzudriften. Verdächtig war etwa, dass der unter der Flagge Panamas fahrende Tanker binnen zwei Wochen dreimal Maschinenprobleme meldete. Probleme gab es immer dann, wenn die "Jazz" in der Nähe eines Datenkabels unterwegs war, das Rostock mit Finnland verbindet.

Die finnischen Behörden gehen zudem davon aus, dass der Tanker "Eagle S" im Dezember mit seinem Anker mehrere Datenkabel zerstört hat - vorsätzlich. Das Schiff fährt unter der Flagge der Cookinseln. Einem britischen Bericht zufolge war der Tanker "voll mit Spionageausrüstung".

Auch Bundeskanzler Friedrich Merz stellte die Schattenflotte zumindest indirekt in einen Zusammenhang mit Spionage und Sabotage. Im Mai sagte er in einer Regierungserklärung im Bundestag: "Schauen Sie auf die Giftanschläge und Mordtaten in zahlreichen europäischen Städten, auch hier bei uns, in unserer Hauptstadt! Schauen Sie auf die Cyberangriffe gegen unsere Dateninfrastruktur! Schauen Sie auf die physische Zerstörung vieler Daten- und Unterseekabel offenbar auch durch die sogenannte Schattenflotte! Schauen Sie auf die Spionage- und Sabotageakte und die systematische Desinformation unserer Bevölkerung! Das ist ganz überwiegend das Werk der russischen Staatsführung und ihrer Helfer - auch hier bei uns, im eigenen Land."

"Dies wirkt wie ein sicherheitspolitischer Blindflug"

Die Linken-Abgeordnete Vogtschmidt, Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestags, reagierte mit scharfer Kritik auf die Antwort aus dem Innenministerium. "Die Bundesregierung räumt ein, keine Übersicht über die Aktivitäten der russischen Schattenflotte in deutschen Hoheitsgewässern zu haben - obwohl die Flotte für Russland zentral ist, um zu sabotieren, zu spionieren und die internationalen Sanktionen gegen sich zu umgehen", sagte sie ntv.de. "Dies wirkt, angesichts der hybriden Bedrohungen gegen Pipelines, Unterseekabel bis hin zu Offshore-Windparks, wie ein sicherheitspolitischer Blindflug."

Zentrale Aufgabe der Schattenflotte-Tanker ist es, russisches Öl zu transportieren. Russland will so den Ölpreisdeckel umgehen, mit dem die Europäische Union, die USA, Kanada und Großbritannien das Land im Krieg gegen die Ukraine schwächen wollen. Der Ölpreisdeckel sieht derzeit vor, dass russisches Öl auf dem Weltmarkt nur zu begrenzten Preisen verkauft werden darf. Derzeit liegt der Ölpreisdeckel bei maximal 47,60 US-Dollar je Barrel.

Das sollte Russlands Einnahmen schmälern, ohne Öl weltweit sehr viel teurer zu machen. Russland reagierte, indem es eine Schattenflotte aufbaute, die mittlerweile aus mehreren hundert Schiffen besteht. Gegen diese Schiffe verhängen westliche Staaten Sanktionen, um das Unterlaufen des Ölpreisdeckels zumindest zu erschweren.

"Schwimmende Umweltkatastrophen"

Aus Vogtschmidts Sicht geht die Europäische Union noch immer nicht scharf genug gegen die Schattenflotte des Kreml vor. "Putins Kriegskasse darf nicht weiterhin mit schmutzigem Öl aus dubiosen Tankerflotten gefüllt werden", sagt die Abgeordnete. "Außerdem sind viele dieser alten, unsicheren Schiffe schwimmende Umweltkatastrophen. Ein Unfall in der Ostsee könnte verheerende Folgen haben."

Das Bundesinnenministerium schreibt in seiner Antwort, insgesamt würden durch die EU-Sanktionspakete 444 Schiffe gelistet. "In diesem Zusammenhang verweist die Bundesregierung auf die zollrechtliche Beschlagnahme des Tankers EVENTIN im Januar 2025."

Der Öltanker "Eventin" war im Januar auf dem Weg von Russland nach Ägypten, als vor Rügen plötzlich der Strom ausfiel. Der Tanker unter panamaischer Flagge trieb mehrere Stunden lang manövrierunfähig vor Deutschlands größter Insel - mit fast 100.000 Liter Öl an Bord. Um die Ostseeküste vor Rügen vor einer Umweltkatastrophe zu bewahren, beschlagnahmte der deutsche Zoll den Tanker und seine Ladung.

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