Er ist Forensiker, Psychiater und Autor: Der gebürtige Deutsche und Wahl-Schweizer Frank Urbaniok war lange Chefarzt des Psychiatrisch-Psychologischen Diensts des Kantons Zürich, mittlerweile arbeitet er als selbstständiger Psychiater und Gutachter.
Sein aktuelles Buch widmet sich den „Schattenseiten der Migration“, es wurde teils kritisch besprochen, auch WELT widmete dem Werk einen Beitrag. Darin will Urbaniok herausgefunden haben, dass Einwanderer aus bestimmten Nationen wie etwa Afghanistan oder Gambia deutlich häufiger und auch in bestimmten Deliktfeldern besonders kriminell sind.
Der Autor hat dazu nach eigenen Angaben die Kriminalitätsquoten nationalitäten- und deliktspezifisch berechnet. Dabei spricht der Psychiater von einer Art „Weltsicht“, die die Delinquenz fördert – sprich, kulturelle Prägungen, die einfach nicht verschwinden, selbst dann oft nicht, wenn der oder diejenige als gut integriert erscheint.
WELT-Moderatorin Nele Würzbach hat mit Frank Urbaniok über seine Thesen gesprochen, und zitiert diese wie folgt: Demnach seien beispielsweise Afghanen bei dem Delikt der gefährlichen Körperverletzung um über 700 Prozent häufiger vertreten, Männer aus Gambia bei Sexualstraftaten sogar um mehr als 2000 Prozent häufiger als Deutsche. Verharmlosen unsere Politiker also womöglich Ausländergewalt, aus falsch verstandener Political Correctness?
WELT: Herr Urbaniok, Sie sagen, bestimmte Nationalitäten seien bei Gewalttaten krass überrepräsentiert. Wie erklären Sie diese enormen Unterschiede, wenn es nicht alleine an Armut oder auch Perspektivlosigkeit liegt?
Frank Urbaniok: Ja, Sie sagen es richtig. Es ist zunächst einmal wichtig, dass man diese Fakten wirklich zur Kenntnis nimmt. Sie haben die Überrepräsentation genannt von bestimmten Nationalitäten im Migrationsbereich. Und die Erklärung für diese ganz starken Überrepräsentationen im Bereich von Gewalt und Sexualkriminalität sind kulturspezifische Prägungen. Und solche kulturspezifischen Prägungen, die sind langlebig, die sind hartnäckig. Das bedeutet ja nicht, dass alle Menschen, die aus einer Region kommen, dann eine kriminelle Neigung haben.
Aber wenn Sie sich vorstellen, dass sie aus einem Gebiet kommen, in dem zum Beispiel extremistische religiöse Vorstellungen weit verbreitet sind, dann ist es ganz plausibel und nachvollziehbar, dass dann viele Menschen kommen werden, die extremistische religiöse Vorstellungen haben, die dann auch zu einer erhöhten Gewaltbereitschaft führen können.
Und genauso verhält es sich dann mit anderen kulturspezifischen Prägungen, wie zum Beispiel einem bestimmten Rollenbild im Verhältnis von Männern und Frauen oder einer gewissen Gewaltaffinität. Also eine Gewaltneigung in dem Sinne: Wie schnell greift man zur Gewalt, um Konflikte zu lösen, um eine vermeintliche „Ehre“ zu verteidigen? Da gibt es viele solcher Phänomene.
Und wenn die in bestimmten Herkunftsländern sehr stark ausgeprägt sind und es kommen viele Menschen aus diesen Regionen, dann schlägt sich das eben in diesen extrem überproportionalen Kriminalitätsdaten etwa im Bereich der Gewalt- und Sexualkriminalität nieder.
WELT: Wenn es solche kulturellen Prägungen gibt, wie kann man dann mit diesen umgehen in Form von Integration und auch Prävention? Viele der angesprochenen Länder sind ja auch noch immer Krisen- oder sogar Kriegsgebiete.
Urbaniok: Ja, es sind ja nicht nur die Kriegsgebiete, sondern es sind ja viele Faktoren, die da wirksam sind. Und es ist ja mit der Migrationspolitik so wie mit vielen Phänomenen. Es ist nicht Schwarz-Weiß, es ist nicht nur gut oder nur schlecht. Wir führen viele Diskussionen in der – ich sage jetzt mal – ideologischen Polarisierung so, als wären diese Phänomene so. Es gibt gar keine Probleme oder es gibt nur Probleme. Und es ist mit der Migration so wie mit anderen Dingen auch, es hat positive Seiten, positive Potenziale, und es hat Schattenseiten.
In meinem Buch beschäftige ich mich mit den Schattenseiten, weil die zu wenig zur Kenntnis genommen werden. Und ich sage, die Schattenseiten – wie zum Beispiel die überproportionale Kriminalität oder auch Sozialhilfemissbrauch – die haben das Potenzial, die Gesellschaft zu spalten, zu polarisieren, die Gesellschaft stark zu schädigen. Wir machen damit auch die Ränder stark.
Man darf nie vergessen, wir schaden damit auch den vielen integrierten Ausländern, weil die doppelt von diesen Phänomenen betroffen sind. Denn einerseits werden sie in denselben Topf geschmissen, und andererseits sind sie dann auch noch selber überproportional betroffen von der Kriminalität.
Hier braucht es eine aus meiner Sicht umfassende Migrationswende. Man muss sich ehrlich machen, man muss die Zahlen und Fakten anerkennen. Wir müssen daran glauben, dass man in der Demokratie davon lebt, dass die Menschen und die Bürger Fakten verstehen, dass man diese aber auch nicht vertuscht und verzerrt. Und auf dieser Grundlage braucht es dann ein umfassendes Lösungskonzept. Das ist kurz skizziert so, dass man die Potenziale nutzt, dass man fördert, dass man aber auch Integration fordert in den zentralen Werten, und dass man rote Linien verteidigt. Solche roten Linien fangen bei Gewaltkriminalität an und gehen über Extremismus, Ablehnung des Rechtsstaates und Parallelkulturen.
WELT: Sie widersprechen unter anderem der These, dass Menschen mit Migrationshintergrund häufiger angezeigt werden. Was entgegnen Sie Kritikern, die Ihre Zahlen als verzerrend oder sogar diskriminierend bezeichnen?
Urbaniok: Ich habe ein ganzes Kapitel in meinem Buch, in dem ich zeige, dass es eine aus meiner Sicht gezielte Desinformation gibt, indem die Zahlen dann verfälscht und verzerrt werden. Weil man die Menschen nicht aufregen will, weil man sie beruhigen will, weil man Angst hat, dass man damit Fremdenfeindlichkeit und Rassismus fördert. Ich sage, das Gegenteil ist der Fall. Die Menschen verlieren Vertrauen in die staatlichen Organisationen, in die Handlungsfähigkeit des Staates. Und all diese Faktoren, die seit Jahren und Jahrzehnten in den Medien breitgetreten werden, die man gerne hört, wie zum Beispiel „Ausländer werden häufiger angezeigt“, es sind nur die „jungen Männer“, es sind „soziale Faktoren“ – wenn man diese methodisch überprüft, stimmen sie einfach nicht. Und man kann zu den Anzeigen etwas ganz Einfaches sagen: Da sind Vertreter Jahrzehnte durch die Talkshows getingelt und haben immer gesagt, die Ausländer werden häufiger angezeigt als die Deutschen. Da hätte man doch eine einfache Rückfrage stellen können. Man hätte ja fragen können, wie ist es denn dann bei den Delikten, bei denen es gar keine Anzeige braucht?
WELT: Zum Beispiel?
Urbaniok: Zum Beispiel bei Tötungsdelikten – da braucht es keine Anzeige, was jeder aus dem Krimi oder aus dem „Tatort“ weiß. Und da sieht es eben gar nicht anders aus. Letztlich gibt es ganz viele methodische Einwände, mit denen man dieses Beruhigungsnarrativ entkräften kann. Es stimmt einfach nicht. Es ist meiner Meinung nach der Versuch, aus vermeintlich guten Motiven die Bevölkerung nicht aufzuregen. Aber wir erreichen das Gegenteil. Die Probleme kann doch jeder mit den Händen greifen – jeder Mensch, der sich an Bahnhöfen bewegt, jeder, der im öffentlichen Nahverkehr fährt, jeder, der in seinem eigenen Bereich diese Probleme sieht. Und wie schon erwähnt: Ich sage immer, die Vernünftigen müssen das anpacken und lösen. Sonst ist das ein Sprengsatz für die gesamte Gesellschaft.
Dieses Transkript des Interviews bei WELT TV entstand mithilfe Künstlicher Intelligenz. Für bessere Lesbarkeit wurde das gesprochene Wort leicht redaktionell bearbeitet.
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