Grausame Videos der Hamas von ihren Geiseln empören die CDU. Deren Freilassung sei Voraussetzung für einen Waffenstillstand mit Israel, sagt Kanzleramtschef Frei im Frühstart. Seine Parteikollegen Laschet und Kiesewetter kritisieren derweil den Nahost-Kurs der Bundesregierung.

Kanzleramtschef Thorsten Frei drängt auf eine schnelle Freilassung der 50 israelischen Geiseln, die sich noch in der Gewalt der Hamas-Terroristen im Gazastreifen befinden. Die Freilassung sei die Grundvoraussetzung für einen Waffenstillstand. "Das wiederum ist die Grundvoraussetzung dafür, sowohl die humanitäre Lage im Gazastreifen zu verbessern als auch tatsächlich zu Verhandlungen kommen zu können", sagte Frei im Frühstart von RTL und ntv.

Auf die Frage, ob die Bundesregierung hierbei an schrittweisen Abkommen festhalten wolle, antwortete Frei: "Nein, die Geiseln müssen so schnell wie möglich freigelassen werden. Man darf nicht vergessen, dass sie seit dem 7. Oktober 2023 in der Gewalt der Hamas sind." Man sehe immer wieder Fotos, die dokumentierten, dass die Geiseln "unglaublich schlecht, furchtbar behandelt" und zu Propagandazwecken missbraucht werden. Dies müsse ein sofortiges Ende finden.

Am Sonntag hatte sich Bundeskanzler Friedrich Merz schockiert über die von der Hamas verbreiteten Aufnahmen ausgehungerter israelischer Geiseln gezeigt. Die Hamas und die mit ihr verbündete Gruppe Islamischer Dschihad hatten drei Propagandavideos der seit Oktober 2023 gefangen gehaltenen Geiseln verbreitet. Eines der Videos zeigt den abgemagerten 24-jährigen Evyatar David, wie er sich in einem engen Tunnel sein eigenes Grab zu schaufeln scheint. Ein anderes Video zeigt, wie der Deutsch-Israeli Rom Braslavski sich Nachrichtenvideos über die Hungersnot der Palästinenser im Gazastreifen anschauen muss.

"Ich bin entsetzt über die Bilder von Evyatar David und Rom Braslavski", sagte Merz der "Bild"-Zeitung. "Die Hamas quält die Geiseln, terrorisiert Israel und benutzt die eigene Bevölkerung im Gazastreifen als Schutzschild." Merz betonte wie Frei, die Freilassung aller Geiseln sei eine zwingende Voraussetzung für einen Waffenstillstand. Die Hamas dürfe dann aber "in der Zukunft von Gaza keine Rolle spielen".

Der CDU-Außenpolitiker Armin Laschet kritisierte derweil die ungenügende Solidarität Deutschlands mit den Geiseln, unter denen sich auch deutsche Staatsbürger befinden. Auf X schrieb Laschet: "Warum schafft es unsere Staatsspitze nicht, sich dem Appell anzuschließen, täglich die Namen der deutschen Geiseln zu nennen und die sofortige Freilassung zu fordern?" Und weiter: "Warum sind die Bilder der geschundenen Deutschen nicht täglich in den deutschen Medien?" Die Bilder sollten an deutschen Straßen und Flughäfen hängen, forderte er. Mit Blick auf seine Kolleginnen und Kollegen im Bundestag ergänzte Laschet, die Abgeordneten sollten "trotz aller Meinungsunterschiede zum Nahost-Konflikt wenigstens diese Barbarei an unseren Landsleuten öffentlich und klar benennen".

Deutsche Hilfspakete in Händen der Hamas

Im Gazastreifen leidet die palästinensische Zivilbevölkerung unter Hunger und mangelhafter medizinischer Versorgung. Doch der Zugang für Hilfsgüter habe sich verbessert, sagte Frei im Frühstart. "Inzwischen kommen jeden Tag weit mehr Hilfslieferungen in den Gazastreifen, als zur Verhinderung einer Hungersnot notwendig wären", so der CDU-Politiker. Verschiedene UN-Organisationen begrüßten die Wiederaufnahme größerer Hilfslieferungen, kritisierten jedoch vor einigen Tagen, diese reichten bei weitem nicht aus. Es brauche eine "Flut" an Hilfsgütern, um eine Verschärfung der Hungerkrise unter der Bevölkerung in dem abgeriegelten Küstenstreifen zu verhindern, erklärte das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA auf der Plattform X und forderte die Öffnung aller Grenzübergänge in das Kriegsgebiet.

Frei sieht jedoch ein Problem darin, dass die Hilfslieferungen in die falschen Hände gelangten: "Das Problem ist, dass über 50 bis zu 90 und mehr Prozent der Hilfslieferungen von Terroristen, von der Hamas, von organisierter Kriminalität gekapert werden und deshalb nicht dort ankommen, wo sie ankommen müssten." Auch aus deutschen Sicherheitskreisen hieß es am Samstag, 50 bis 100 Prozent der Hilfsgüter, die in den Gazastreifen gelangten, würden von der islamistischen Hamas oder anderen kriminellen Organisationen abgezweigt. Die Bundeswehr hatte am Sonntag erneut Paletten mit Lebensmitteln und Medizin per Flugzeug über dem Gazastreifen abgeworfen. Zudem fuhren nach israelischen Angaben in der abgelaufenen Woche etwa 1200 Lastwagen mit Hilfsgütern in das abgeriegelte Küstengebiet.

"Gerade in den letzten Tagen ist deutlich geworden, dass nicht Israel das Problem ist, sondern die Hamas", so Frei weiter. Als Bundesregierung sei man gegenüber Israel sehr klar. Ein Problem sei, dass die Hamas häufig Bilder aus dem Gazastreifen einsetze, die ausschließlich zu Propagandazwecken dienten. Man müsse aufpassen, den Terroristen nicht auf den Leim zu gehen.

"Deutsche Nahost-Politik macht einen Riesenfehler"

Die Städte Hannover und Düsseldorf erklärten sich unterdessen bereit, hilfsbedürftige Kinder aus Gaza und Israel aufzunehmen. Frei reagierte darauf zurückhaltend. "Zunächst einmal ist es wichtig, vor Ort zu helfen. Darauf sollten wir uns konzentrieren und schauen, was können wir tun, um sowohl die Versorgung mit Lebensmitteln als auch die medizinische Versorgung zu verbessern", betonte der Kanzleramtschef. Es komme darauf an, so vielen Menschen wie möglich zu helfen. Er sei zurückhaltend bei der Frage, inwieweit man Hilfsbedürftige ausfliegen könne. "Da würde es immer nur um einzelne Personen gehen und darüber hinaus viele Fragen zu klären sein."

Freis Parteikollege Roderich Kiesewetter hatte den Kurs der schwarz-roten Bundesregierung in der Nahost-Politik zuvor scharf kritisiert. "Die deutsche Nahost-Politik macht einen Riesenfehler, wenn sie sich der kognitiven Kriegsführung der Hamas unterwirft und einer Täter-Opfer-Umkehr das Wort redet", sagte Kiesewetter dem "Tagesspiegel". "Es gilt, unverbrüchlich an der Seite Israels zu stehen und die propalästinensischen, israelfeindlichen Narrative in Deutschland, Frankreich und Großbritannien zu entlarven", so Kiesewetter weiter.

Großbritannien und Frankreich planen oder erwägen zumindest, Palästina bald als Staat anzuerkennen. Die Hamas, so Kiesewetter, halte zwei Millionen Palästinenser in Gaza in Haft. Eine Zukunftsperspektive für Frieden und Freiheit biete sie nicht. Das erklärte Ziel der Hamas sei die Vernichtung Israels und der Tod der letzten israelischen Geiseln, die seit fast 700 Tagen entführt seien. Deutschland verkenne diese Absicht der Hamas und des Irans dahinter. Nur so sei die "unberechtigte Kritik am notwendigen Vorgehen Israels" zu erklären.

Kiesewetter monierte ebenfalls, dass bis zu 100 Prozent der Hilfspakete, die Deutschland über Gaza abwerfe, in die Hände der Hamas fielen. "Warum führt Deutschland nicht eine Initiative zur Entwaffnung der Hamas an – unter Einbindung der arabischen Staaten, die sich gegen die Hamas gestellt haben?", fragte Kiesewetter. Er betonte, eine Perspektive für Gaza werde es nur geben, wenn die Terrororganisation Hamas vollständig zerschlagen sei. "Das wäre wesentlich sinnvoller, als einseitig Israel zu kritisieren und gerade in der Stunde der Bewährung unsere Staatsräson als leere Worthülse dastehen zu lassen."

Mehrere arabische Staaten, darunter Ägypten und Katar, die als Vermittler für ein Gaza-Abkommen fungieren, hatten in der vergangenen Woche bei einer UN-Konferenz in New York ein Ende der Hamas-Herrschaft im Gazastreifen gefordert. In einem siebenseitigen Dokument verlangte eine Gruppe von insgesamt 17 Ländern konkrete Schritte für ein Ende des Nahost-Konflikts: Die Hamas solle ihre Herrschaft in den Küstenstreifen beenden und ihre Waffen an die Palästinensische Autonomiebehörde übergeben. Unterstützt wird das Papier auch von zahlreichen europäischen Ländern, Deutschland zählte bei der Veröffentlichung jedoch nicht dazu.

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