Als Daniel Martindale Russland besucht, verliebt sich der selbst ernannte Missionar in das erzkonservative Weltbild Wladimir Putins. Jahre später zieht der US-Amerikaner von Polen aus in die Ukraine. Dort führt er ein Doppelleben und verrät ukrainische Truppen - um seine Abenteuerlust zu stillen.
Bei seinem Angriff auf die Ukraine kann Russlands Präsident Wladimir Putin auf die Unterstützung Tausender Ausländer bauen. Die meisten beteiligen sich als Soldaten an der russischen Invasion. Nur wenige unterstützen das russische Militär vom Gebiet der Ukraine aus mit Aufklärungsarbeit und wichtigen logistischen Details. Diese Beschreibung trifft auf Daniel Martindale zu: Der US-Amerikaner hat als Spion für Putin in der Ostukraine gelebt, ukrainische Truppenpositionen ausgekundschaftet und dem russischen Militär für tödliche Angriffe übermittelt.
Laut dem "Wall Street Journal" (WSJ) beginnt Martindales Verrat 2018 in Wladiwostok. Der US-Amerikaner zieht mit Anfang 30 in die russische Hafenstadt am Pazifik. Dort lernt er Russisch, unterrichtet in seiner Freizeit Englisch und verliebt sich als selbst ernannter christlicher Missionar in das erzkonservative Weltbild Wladimir Putins.
Noch im selben Jahr muss Martindale seine neue Liebe wieder verlassen: Die russischen Behörden werfen ihm vor, gegen das örtliche Arbeitsrecht für ausländische Studenten verstoßen zu haben. Der Amerikaner wird abgeschoben und dem WSJ zufolge mit einem fünfjährigen Einreiseverbot belegt.
Alles nur ein Abenteuer
Martindale kehrt allerdings nicht in die USA zurück, sondern taucht knapp zwei Jahre vor Kriegsbeginn im südpolnischen Dorf Palowice auf. Laut der polnischen Nachrichtenseite Onet stellt ihm die örtliche Gemeinde eine Unterkunft zur Verfügung, im Gegenzug hilft der Neuankömmling in der Gemeinde aus. Nach Russisch lernt Martindale auch Polnisch. "Daniel war vielseitig begabt und immer als Erster zur Stelle, wenn Hilfe gebraucht wurde", sagen Dorfbewohner über den US-Amerikaner.
Doch auch in Polen hält es Martindale nicht lang, Anfang 2022 verlässt er Palowice plötzlich. "Das war am 10. Februar", zitiert Onet einen Dorfbewohner. "Er reiste genau zwei Wochen vor Kriegsausbruch ab."
Das Ziel des US-Amerikaners ist inzwischen bekannt: Mit dem Fahrrad fährt er knapp 400 Kilometer zur ukrainischen Grenze. Er habe das Gefühl gehabt, dass Russland in die Ukraine einmarschieren würde, erzählt Martindale später dem prorussischen Medienprojekt Infodefense. Und dass er dabei sein wollte, wenn es passiert.
Als die russischen Truppen am 24. Februar 2022 die ukrainischen Grenzen passieren und ihren Angriff beginnen, befindet sich Martindale in Lwiw. "Es war ziemlich aufregend", sagt er im Mai bei Infodefense. "Das Abenteuer, auf das ich mich so gefreut hatte, fand wirklich statt."
Joggen, um auszuspähen
In den folgenden Wochen schlägt sich Martindale zur Front in der Ostukraine durch. In der Region Donezk besetzt er das verlassene Haus einer geflüchteten ukrainischen Familie. Seinen polnischen Bekannten schickt er laut Onet anschließend Fotos, wie er renoviert und auf Bauernhöfen hilft. Seine Kontakte in die Kirchengemeinde nutzt er gegenüber den ukrainischen Sicherheitskräften als Alibi. Onet zufolge beginnt der US-Amerikaner bereits in den ersten Kriegsmonaten, die Standorte von ukrainischen Militärposten über Telegram an das russische Militär zu übermitteln.
Trotz Krieg baut Martindale nahe der Front Karotten, Süßkartoffeln und Mais im Garten des durch ihn besetzten Hauses an. Und er geht viel joggen, wie ein Mitglied der polnischen Kirchengemeinde bei Onet berichtet. Diese Ausflüge soll der US-Amerikaner genutzt haben, um Truppenpositionen und andere strategisch wichtige Ziele in der Region Donezk auszukundschaften. Unter anderem sollen seine Informationen der russischen Armee dabei geholfen haben, die ukrainische Stadt Kurachowe zu erobern und zu besetzen.
"Er ist angeblich hingefahren, um den vom Krieg betroffenen Menschen zu helfen", sagt ein Bewohner von Palowice bei Onet. "Stattdessen hat er zu ihrer Ermordung beigetragen."
"Einer von uns"
Im Herbst 2024 endet das Abenteuer Martindales. Der US-Amerikaner wird von russischen Spezialkräften von Donezk nach Moskau gebracht. Dort gibt er sich im November 2024 auf einer Pressekonferenz als Spion zu erkennen und bittet um die russische Staatsbürgerschaft. "In den vergangenen zwei Jahren habe ich alles getan, um das Leben russischer Soldaten zu retten und den Russen in der Ukraine eine Zukunft zu sichern", sagt Martindale. "Ich würde dies gern weiterhin tun."
Die Bitte nach der russischen Staatsbürgerschaft wird erhört. Am 15. Juli bekommt Martindale in einer im Fernsehen übertragenen Zeremonie seinen neuen Pass überreicht - auf direkte Anordnung Wladimir Putins, wie russische Medien berichten.
Denis Pushilin, der von Moskau eingesetzte Militärchef der besetzten Region Donezk, ist bei der Passübergabe voll des Lobes für Martindale: Der Amerikaner habe "mit seiner Loyalität und seinen Taten längst bewiesen, dass er einer von uns ist".
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