Der US-Präsident zieht die EU über den Tisch, weil er es kann. Wütend muss man nicht über seine Ruchlosigkeit sein. Sondern über unsere Schwächen.
Ein Erpresser macht Erpresser-Sachen. Ein wirtschaftlich völlig Unterbelichteter macht wirtschaftlich völlig unterbelichtete Sachen. Ein militärisch arg Schutzloser macht Sachen, die sein Schutzherr verlangt. So weit, so klar, eigentlich keine Überraschung.
Aber warum sind jetzt nahezu alle so bass erstaunt und geradezu wütend, dass Donald Trump die Europäische Union bei der Zoll-Einigung über den Tisch gezogen hat? "Niederlage", "Unterwerfung", "Desaster" - Politiker und Medien überbieten sich in ihren Verrissen. Allein: Was hat man denn erwartet? Bei der Ausgangs- und Verhandlungslage.
Zur füglichen Erinnerung: Donald Trump hat nur getan, was er meistens tut. Er hat die Schwächen seiner Gegenüber gesehen, sie zu seinem Vorteil ausgenutzt und es dann genüsslich zelebriert. Das ist seine "Art of the Deal", seine Ego-Bestätigung, sein Narzissmus. Sein Weg ist, die Regeln, in diesem Fall die des freien Welthandels, mit Füßen zu treten, wenn es kurzzeitigen politischen und vor allem: einen persönlichen Image-Vorteil verspricht. Dass es am Ende gerade auch zum wirtschaftlichen Schaden seines Landes sein wird - egal, denn das liegt ja in der Zukunft. Dass am Ende gerade "seine" Amerikaner die Zeche zahlen werden über Zoll-getriebene Inflation im ganz normalen Ladenregal - egal, denn auch das liegt in der Zukunft und es wird sich schon ein Sündenbock finden lassen. Darin ist Donald Trump Meister.
Trump hat zwei Dinge verknüpft
Die EU kann lediglich (aber immerhin) für sich verbuchen, dass es nicht noch schlimmer gekommen ist. Und das wäre es. Sie kann auch hinter der Hand darauf verweisen, dass die dreistelligen Milliardenzusagen für Käufe und Investitionen bloße Luftbuchungen sind, weil die EU nicht kauft, nicht einmal ihre Staaten. Es sind Unternehmen, und die werden durch Zusagen nicht gebunden. Diesen Trick hat in Trumps erster Amtszeit der damalige EU-Kommissionschef Juncker auch schon benutzt. Damals ging es um Soja-Käufe, von denen danach nicht mehr viel zu hören war.
Trotzdem stimmt: Dass die EU mit 450 Millionen Konsumenten und erheblichem Wohlstand einknickte vor einem US-Markt mit gut 340 Millionen Konsumenten, erscheint rätselhaft. Vielleicht hat sich der eine oder andere davon in die Irre führen lassen, dass die EU tatsächlich weitgehend einig mit einer Stimme gesprochen hat - ihre ökonomischen PS also halbwegs komplett auf die Straße brachte. Doch so stark die EU auf dem einen Feld erscheint, so schwach ist auf dem anderen, dem militärischen. Der US-Präsident hat nicht gezögert, beides zu seinem Vorteil zu verknüpfen.
Seine Logik dabei ist leider so abwegig nicht: Wenn die Europäer zu wenig in der Nato "Schutzgeld" an die USA zahlen, dann sollen sie es gefälligst über die Zölle tun. Denn eines schaffen die Zölle ja: zumindest für eine gewisse Zeit lang, frisches Geld in die amerikanische Staatskasse zu spülen. Zwar wird das nur einen sehr kleinen Teil des Loches stopfen, das Trump mit seiner Haushaltspolitik bis zum Horizont reißt - aber auch das rächt sich erst in einiger Zeit, siehe oben.
Militärisch zu schwach
So erstaunlich die Reaktion auf die Niederlage der Europäer hierzulande also ist - mindestens so ärgerlich ist sie auch. Denn viele, die jetzt wehklagen, werden sehr, sehr einsilbig, sobald es um die Schlussfolgerungen geht.
Wenn die EU militärisch zu schwach ist, um mit einem eingeschränkten Schutzversprechen der USA zu leben - dann müsste sie mehr Geld und Willen in die eigene Aufrüstung stecken. Wenn die EU an vielen Stellen an internationaler Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt hat, dann müsste sie über weniger (Klimaschutz-)Bürokratie nachdenken und gerade in Deutschland auch über einen anderen Sozialstaat, der nicht hohe Kosten auf den Faktor Arbeit packt. Gegen beide Überlegungen regt sich massiver Widerstand, paradoxerweise besonders bei jenen, die sich über Donald Trumps Stärke und Rücksichtslosigkeit besonders aufregen.
Ihnen sei gesagt: Seine Stärke ist in Wahrheit unsere Schwäche. Donald Trump werden wir nicht ändern. Wir können nur uns selbst ändern.
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