Eine Bund-Länder-Gruppe nimmt ihre Arbeit auf, um die Pflegeversicherung zu reformieren. Sie hat alle Hände voll zu tun, schon jetzt fehlen Milliarden. Und die Zahl der Pflegebedürftigen steigt unerwartet stark. Der Rechnungshof schlägt Alarm.
Die Pflegeversicherung steuert einem Medienbericht zufolge auf eine massive Finanzlücke zu. Der Bundesrechnungshof warnt vor einem Defizit von 12,3 Milliarden Euro bis zum Jahr 2029. Das meldet die "Bild am Sonntag" unter Berufung auf ein Schreiben der Rechnungsprüfer an den Haushaltsausschuss des Bundestages.
Die Rechnungsprüfer beriefen sich auf Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums. Als Gründe für das wachsende Defizit werden der unerwartet starke Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen sowie die Deckelung des Eigenanteils bei Pflegeleistungen im Heim genannt.
Ende des vergangenen Jahres waren demnach 5,6 Millionen Menschen pflegebedürftig, 400.000 mehr als im Vorjahr. In den nächsten beiden Jahrzehnten dürfte sich die Zahl der Gepflegten laut der Krankenkasse DAK-Gesundheit um mehr als ein Fünftel erhöhen. 2055 - so offizielle Prognosen - sollen es zwischen 6,8 Millionen und 7,6 Millionen sein.
Am Montag startet eine Bund-Länder-Kommission für eine Reform der Pflegeversicherung. Bis Ende des Jahres soll die Arbeitsgruppe einen Plan erarbeiten, um die Pflege bezahlbar und leistungsfähig zu halten. Ein Gesetz soll nach dem Jahreswechsel folgen. Nach DAK-Berechnungen steuert die Pflegeversicherung in diesem Jahr auf ein Defizit von 1,65 Milliarden Euro, im nächsten Jahr wären es demnach schon 3,5 Milliarden Euro.
Patientenschützer fordern Begrenzung auf 1000 Euro pro Monat
Der Bund will die gesetzliche Pflegeversicherung mit Darlehen von 0,5 Milliarden Euro in diesem Jahr und von 1,5 Milliarden Euro im kommenden Jahr stützen. Dies seien jedoch nur Nothilfen, betonte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken. Langfristig brauche es Strukturreformen. Darauf pochen auch die Rechnungsprüfer: "Die Gewährung des Darlehens löst die Finanzprobleme nicht."
Verbände und Patientenschützer dringen hingegen auf eine Entlastung der Pflegebedürftigen. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte eine Deckelung der reinen Pflegekosten für die Betroffenen auf 1000 Euro monatlich.
Die Eigenbeteiligungen sind auch nach der Verweildauer im Pflegeheim gestaffelt. Zuletzt betrug der Eigenanteil für die pflegerischen Kosten im ersten Jahr im Bundesschnitt etwa 1496 Euro. Davon gehen die nach Aufenthaltsdauer gestaffelten Zuschüsse ab. Der Eigenanteil für die reine Pflege wird derzeit im ersten Jahr im Heim um 15 Prozent gedrückt, im zweiten um 30, im dritten um 50 und ab dem vierten Jahr um 75 Prozent. Hinzu kommen für die Betroffenen noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung sowie für Investitionen in den Heimen.
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, forderte die Bundesregierung auf, sie solle "endlich ihre Schulden bei der Pflegekasse" begleichen. Der Patientenschützer verwies auf durch die Corona-Pandemie bedingte Lasten von 5,5 Milliarden Euro für die Pflegeversicherung. Hinzu kämen jährlich anfallende Kosten von 3,5 Milliarden für Rentenversicherungsbeiträge pflegender Angehöriger, die Ausbildungsumlage von einer Milliarde Euro und der gestrichene Bundeszuschuss von einer Milliarde Euro.
Außerdem würden aktuell von den Bewohnerinnen und Bewohnern der Pflegeheime jährlich 3,8 Milliarden Euro für die medizinische Behandlungspflege in den Pflegeeinrichtungen gezahlt, dazu durchschnittlich 4,8 Milliarden Euro für Investitionskosten. "Bund und Länder plündern die Pflegeversicherung jährlich um fast 15 Milliarden Euro", warf Brysch daher der Regierung vor.
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