US-Bomben stoßen am Wochenende ins Herz der iranischen Atomanlagen vor. Nach einem Gegenschlag der Mullahs erklärt Trump eine Waffenruhe und ruft "Liebe, Frieden und Wohlstand" aus. Völlig naiv? Kann schon sein. Aber mit seinem Schlag gegen Irans Atomprogramm lag Trump richtig.
Natürlich kann die Sache immer noch kippen. Israel meldet einen iranischen Angriff auf Haifa, trotz Waffenruhe, und der rechtsextreme Finanzminister poltert sofort, "Teheran wird beben". Beide Länder sind nur einen Schritt davon entfernt, wieder in die alte Kriegslogik zu verfallen. Wenn also Donald Trump im Internet seinen "Deal" feiert und beiden Nationen eine Zukunft voll "Liebe, Frieden und Wohlstand" vorhersagt, dann ist das ziemlich verfrüht und womöglich naiv. Aber auch nicht völlig falsch.
Denn ganz unabhängig von der Frage, ob die Waffenruhe zwischen Israel und Iran dieses Mal hält, hat der US-Präsident am Wochenende richtig gehandelt. Nach dem unübersichtlichen Zoll-Desaster, nachdem er mit seinem Ukraine-Deal bei Putin gegen die Wand lief, ein erster Erfolg für den amerikanischen Präsidenten. Allerdings hat er dafür hoch gepokert, und noch sind nicht alle Risiken vom Tisch.
Für einen Gegenschlag hatte der Iran reichlich Auswahl
Schlimmer als durch die massiven Angriffe auf die iranischen Nuklearstandorte hätte Trump die Mullahs kaum vorführen können. Nach eigener Logik musste Teheran darauf mit Eskalation antworten - eine Ausweitung des Kriegs drohte. Für einen Angriff auf US-amerikanische Militärbasen hatte man reichlich Auswahl - im Irak, in Bahrain, Kuwait, Saudi-Arabien oder auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Flächenbrand also unvermeidbar? Keineswegs, denn die Blaupause für eine solche Lage gibt es seit der gezielten Tötung des militärischen Masterminds Ghassem Suleimani vor fünf Jahren. Auch damals war der Iran durch einen US-Schlag schwer gedemütigt, "eskalierte" daraufhin per Luftangriff auf US-Militär im Irak. Zuvor hatte er aber die USA gewarnt, niemand wurde verletzt und gut war's.
Sehr ähnlich lief es am Montagabend ab: Der Iran attackierte die USA auf einer Militärbasis in Katar. Zuvor gab Teheran den USA Bescheid, alle Raketen wurden abgefangen, Vergeltungsschlag erledigt, Haken dran. Der Iran eskalierte, ohne zu eskalieren. Alles andere wäre auch lebensmüde gewesen.
Denn am Sonntag stellten die USA unter Beweis, dass sie nicht nur den iranischen Revolutionsgarden enorm überlegen sind, sondern auch bereit, diese Fähigkeiten anzuwenden. Der präzise Angriff war Abschreckung pur. In Teheran scheint das Signal angekommen zu sein, die Gefahr eines Flächenbrands ist seit Montagabend deutlich geringer.
Ein anderes Risiko besteht weiterhin: Der Schlag gegen das iranische Atomprogramm war nur deshalb möglich, weil der Iran die Atomwaffe noch nicht hat. Schlussfolgerung des Regimes in Teheran muss also sein: Nur die Atombombe kann uns vor solchen Schlägen bewahren. Am Vormittag teilte Teheran denn auch mit, man werde das Atomprogramm "ohne Unterbrechung fortsetzen".
Könnte also der US-Angriff, der den Iran an der Entwicklung der Atomwaffe hindern soll, ihn am Ende sogar motivieren, die Entwicklung noch gezielter voranzutreiben? Das wäre ein geradezu kontraproduktiver Effekt. Zumal ja der eindeutige Beweis fehlt, dass das Regime in den Tunneln von Fordo, 100 Meter unter der Erde, wirklich an der eigenen Atombombe gebaut hat.
Für einen endgültigen Beweis fehlt der Einblick in die aktuellen Machenschaften. Außer Frage steht hingegen, dass in den Katakomben der Atomanlage iranische Atomphysiker Uran bis zu 60 Prozent mit dem spaltbaren Isotop Uran-235 angereichert haben. Laut Internationaler Atomenergiebehörde IAEA besitzt der Iran inzwischen fast 400 Kilogramm dieses auf 60 Prozent angereichten Urans.
Egal, ob eine Anreicherung dem Zweck dienen soll, Kernenergie zu gewinnen, Medizinprodukte herzustellen oder zu forschen - für nichts sind 60 Prozent spaltbares Uran-235 notwendig. Es gibt nur ein Ziel, ein einziges, das damit zu erreichen ist: die Atombombe. Deren Anteil liegt am Ende der Entwicklung bei 90 Prozent. Von 60 rauf auf 90 Prozent dauert es Experten zufolge nur wenige Tage.
Der Iran will Israel auslöschen
Frage an den gesunden Menschenverstand: Warum sollte der Iran Entwicklungsschritte gehen, die ihm international nur Ärger einbringen können und zu nichts nützlich sind, außer zur Entwicklung einer Atomwaffe, wenn er nicht vorhat, eine Atomwaffe zu entwickeln? Wie dämlich wäre das? Die Anreicherung auf 60 Prozent ergibt keinerlei Sinn, wenn das Ziel nicht die Atomwaffe war.
Zugleich gibt es aus Sicht der Mullahs sehr gute Gründe, eigene Atomwaffen zu bauen. Angefangen damit, dass ihr Erzfeind, der Staat Israel, auch welche hat. Fortgesetzt damit, dass der Iran sich nicht damit begnügt, Israel als Gegner in Schach zu halten. Ein ganz zentraler Baustein der iranischen Staatsdoktrin ist der Entschluss, Israel auszulöschen. Das Land zu zerstören, und zwar sobald die eigenen Fähigkeiten das zulassen. Der Plan, eine Atommacht auszulöschen, wird sich allerdings kaum realisieren lassen, wenn man nicht selbst auch Atommacht ist.
Zumal viele frühere iranische Schritte in Richtung Bombe über Jahre unentdeckt blieben, bis Israel im Jahr 2018 geheime Unterlagen vom Iran entwendete. Im Umgang mit den internationalen Kontrolleuren haben iranische Wissenschaftler immer wieder gelogen, verschleiert und die Kontrolle verweigert.
Noch ein Punkt ist wichtig: Das Regime im Iran ist derzeit schwach wie nie. Die libanesische Hisbollah-Miliz ist kaum noch handlungsfähig, der syrische Partner Assad ist entmachtet, die Hamas in Gaza hat ganz eigene Probleme - auch das dürfte ein wichtiges Argument für die Mullahs sein, sich per Atombombe unabhängig zu machen. Gleichzeitig ist diese Situation ein nie zuvor dagewesenes Handlungsfenster für Israel und die USA, die iranische Machtposition weiter zu beschädigen.
Keine Beweise, aber starke Indizien
Darum: Ja, der Iran hat am Wochenende in einer harten Lektion gelernt, dass er in seiner gegenwärtigen konventionellen Stärke und ohne Atomwaffe zu schwach für einen Krieg mit seinen größten Gegnern ist. Ob mit Blick auf seine Ambitionen überhaupt noch Luft nach oben war, ist allerdings fraglich. Und ja, es gibt keinen eindeutigen Beweis, dass die Mullahs unter Tage eine Atomwaffe entwickelten. Aber handfeste, unstrittige Indizien, die eklatant dafür sprechen.
So sehr allerdings die Indizienlage überzeugt - eindeutig gegen den US-Angriff spricht: das Völkerrecht. Die USA wurden nicht durch den Iran angegriffen oder akut bedroht und sie mussten nicht einem angegriffenen oder akut bedrohten Israel beispringen. Auch gab es keine kurzfristigen iranischen Planungen für eine Attacke, weshalb der Angriff auch nicht als Präventivschlag zu rechtfertigen ist.
Nur: Der Moment, in dem Israel oder die USA einen Präventivschlag mit dem Völkerrecht begründen könnten, wäre dann, wenn der Iran die Bombe hat und droht, sie zu zünden. Für diesen Moment sagt das Völkerrecht: Jetzt ist ein Präventivschlag angebracht und erlaubt. Doch klar ist: Dieser Schlag käme zu spät.
Das Problem wiegt schwer: Eine so spezielle Situation, wie sie zwischen Israel und dem Iran besteht - mit einer zur Staatsräson erklärten Tötungsabsicht plus eindeutiger, nicht anders begründbarer Entwicklungsschritte in Richtung Atomwaffe, lässt sich mit den Artikeln des Völkerrechts nicht abbilden. Die Situation kommt schlicht nicht vor. Darum ist der US-Angriff ein eindeutiger Bruch des Völkerrechts. Doch gibt es valide Gründe für die Attacke, da eine völkerrechtskonforme Schutzmaßnahme gar nicht möglich wäre.
Zwei Risiken, ein fehlender Beweis und ein Völkerrechtsbruch lassen sich ins Feld führen, wenn man Trumps Bombenangriff als falsch bewerten möchte. Doch keiner dieser Punkte ist unantastbar. Und wer sagt, bei dieser Masse an Gegenargumenten und unkalkulierbaren Folgen hätte man lieber verzichten sollen, lässt einen wichtigen Faktor außer Acht: Wer nicht handelt, produziert auch Folgen.
Soll der Iran weiter die Zentrifugen kreisen lassen?
Nicht zu handeln, sich auf die sechste, siebte, achte Verhandlungsrunde mit einem renitenten, repressiven, verlogenen, religiös verstrahlten und schlicht mörderischen Unrechtsregime einzulassen, das hätte in der Tat Konsequenzen. Die gefährlichste: Der Iran könnte in der Zwischenzeit in 100 Meter Tiefe weiter seine Zentrifugen kreisen lassen. Ohne irgendeinem Kontrolleur Zutritt zu gewähren. Ohne seine Absichten offenzulegen, bis in geschätzt einem halben Jahr der Schritt zur Waffe geschafft und in weiteren anderthalb Jahren auch das Trägersystem für die Bombe entwickelt wäre.
Welche Optionen hätte man dann noch? Zwischen welchen mehr oder weniger problematischen, riskanten, effektiven Maßnahmen könnten die USA und Israel dann wählen? Ein Blick auf Russland oder auf Nordkorea gibt eine Antwort, und die ist beängstigend. Trumps Friedensvision kann morgen schon überholt sein. Doch zwei Gründe werden weiter unterstreichen, dass der US-Schlag gegen Teherans Atomlabore nicht nur militärisch gekonnt, sondern auch richtig war: Der Iran darf unter keinen Umständen Atommacht werden, und die Gelegenheit, dieses Ziel zu erreichen, war da.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke