Asylbewerbern dürfen nach einem Beschluss des Niedersächsischen Landessozialgerichts nicht sämtliche Leistungen gestrichen werden. Das gelte auch, wenn diese nach dem Dublin-Verfahren abgelehnt worden seien, eine Ausreise aber zeitweise ohne Weiteres nicht möglich sei, wie das Gericht am Montag in Celle mitteilte. Dem Leistungsausschluss stünden verfassungs- und europarechtliche Vorgaben entgegen.
Mit dem Beschluss vom 13. Juni entschied das Gericht im Eilverfahren eines Afghanen. Dieser war im April 2024 mit einem polnischen Schengen-Visum nach Deutschland eingereist. Sein Asylantrag wurde abgelehnt, und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) ordnete eine Abschiebung nach Polen an. Zwei geplante Überstellungen scheiterten jedoch, weil der Mann nicht angetroffen wurde. Seit Dezember 2024 bekam er faktisch keine Leistungen mehr, wie das Gericht ausführte.
Abgeschoben werden sollte der 1996 geborene Afghane auf Basis einer gesetzlichen Neuregelung vom Herbst 2024. Diese sah vor, dass ausreisepflichtige Migranten, die zuvor in einem anderen EU-Land registriert wurden, in bestimmten Fällen keine Sozialleistungen mehr erhalten.
Denn nach den europäischen Dublin-Regeln wären sie verpflichtet gewesen, in ihrem EU-Ankunftsland Asyl zu beantragen. Mit der Änderung wollte die damalige Bundesregierung den Druck auf ausreisepflichtige Migranten erhöhen.
Urteilt demnächst der Europäische Gerichtshof?
Voraussetzung ist allerdings, dass die Ausreise nach Feststellung des Bamf rechtlich und tatsächlich möglich ist – das sah das Landessozialgericht hier nicht als gegeben an.
Bis November 2024 erhielt der Mann deshalb Geld nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, danach nur noch eine Unterkunft und einzelne Sachleistungen. Dagegen wehrte er sich vor Gericht und argumentierte, eine freiwillige Ausreise sei ihm nicht möglich, weil das Dublin-Verfahren diese nicht vorsehe.
Das Landessozialgericht betonte zwar, dass die asylrechtliche Entscheidung und Abschiebungsanordnung des Bundesamtes bindend sei. Es verwies jedoch darauf, dass das Dublin-Verfahren tatsächlich regelhaft lediglich Abschiebungen vorsehe.
Wegen der Vorgaben für eine menschenwürdige Mindestsicherung des Lebensunterhalts sieht das Gericht in dem Fall „ein erhebliches unionsrechtliches Klärungsbedürfnis“. Eine spätere Vorlage an den Europäischen Gerichtshof erscheine nicht ausgeschlossen, hieß es. Zuvor hatten bereits mehrere Sozialgerichte in anderen Fällen für die jeweiligen Asylbewerber entschieden.
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