Nach der Ankündigung von Donald Trump, dass er in den kommenden zwei Wochen über einen Militärschlag gegen Iran entscheidet, sind nun die Europäer gefragt. Am Freitag treffen die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens ihren iranischen Amtskollegen Abbas Araghtschi in Genf.
Angesichts der militärischen Drohkulisse, die Trump durch sein Militär im Nahen Osten aufbauen lässt, könnte das Teherans letzte Chance zur Vermeidung schwerer Bombardierungen und eines möglichen Kriegs sein. Außenminister Johann Wadephul sagte WELT, Iran müsse jetzt „den nächsten Schritt gehen. Es muss klar sein, dass der Iran keine Nuklearwaffe anstrebt.“ Trumps Sprecherin hatte am Donnerstag erklärt, „jedweder Deal muss das Verbot der Anreicherung von Uran und ein Ende von Irans Fähigkeit zum Bau von Atomwaffen beinhalten“.
Seit dem Ausstieg der USA 2018 aus dem Nukleardeal hatten sich die drei europäischen Länder im „E-3-Format“ um einen Fortbestand des Vertrags und eine diplomatische Lösung bemüht, aber ohne Erfolg. Vor wenigen Tagen hatte die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) die erheblich gestiegene Produktion und Akkumulation von hoch angereichertem Uran durch den Iran scharf kritisiert.
Der britische Außenminister David Lammy war am Donnerstag kurzfristig nach Washington gereist, um mit seinem US-Amtskollegen Marco Rubio das diplomatische Vorgehen zu koordinieren. Europa, respektive Großbritannien, spielt in dem Konflikt noch aus einem anderen Grund eine entscheidende Rolle. Die USA haben auf der im Indischen Ozean gelegenen Insel Diego Garcia B-2 Spirit Stealth Bomber stationiert. Nur diese Flugzeuge, die Israel nicht besitzt, könnten die schweren Bomben für einen Angriff auf die unterirdische Nuklearanlage Fordo transportieren.
Rechtlich müsste London den Start amerikanischer Bomber autorisieren
Das Archipel war lange britisches Überseegebiet. Erst im Mai hatten London und die zuständige Regierung von Mauritius jedoch vertraglich vereinbart, dass Mauritius die Kontrolle über die Inseln zurückerlangt. Das Vereinigte Königreich ist aber weiter für die „Sicherheit und Verteidigung“ des kleinen Territoriums verantwortlich. So steht es in Artikel 3 des Übergabevertrags.
Rechtlich müsste die britische Regierung den Start amerikanischer Bomber daher autorisieren. Das bringt London in ein Dilemma. Zum einen sitzt der britische Außenminister Lammy am Freitag in Genf mit seinem iranischen Amtskollegen zusammen bei dem Versuch, die Lage zu deeskalieren. Zum anderen hat der britische Attorney General, Oberster Rechtsberater im Kabinett, die Regierung von Ministerpräsident Keir Starmer gewarnt, Großbritannien dürfe sich nur an rein defensiven Aktionen beteiligen. Das bringt den Sozialdemokraten Starmer innenpolitisch unter noch größeren Druck, zumal die öffentliche Kritik an Israels Vorgehen in Gaza wie im Iran massiv ist. Ob Trumps Regierung die Nutzung von Diego Garcia für einen Einsatz der Bomber angefragt hat, ist bisher nicht bekannt.
Am Donnerstag hatte US-Präsident Trump angekündigt, sich innerhalb der nächsten zwei Wochen entscheiden zu wollen, wie sein Land in diesem Konflikt weiter verfährt. Zuletzt hatte Trump Teheran gedroht, Kräfte tiefer in die Region zu verlegen, sich aber auch davor gesträubt, den Konflikt tatsächlich zu eskalieren. Es gebe noch immer eine „beträchtliche Chance“ für Verhandlungen, ließ Trump seine Sprecherin am Donnerstag mitteilen. Vorsichtshalber wurde ein Stützpunkt in Katar wegen seiner Nähe zum Iran fast vollständig geräumt.
Stefanie Bolzen berichtet für WELT seit 2023 als US-Korrespondentin aus Washington, D.C. Zuvor war sie Korrespondentin in London und Brüssel.
Nachrichtenredakteur Florian Sädler schreibt bei WELT vor allem über politische Themen, darunter Migration, Extremismus und Russlands Krieg gegen die Ukraine.
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