Vizekanzler Lars Klingbeil schließt eine Rückkehr zur Wehrpflicht in Deutschland zwar aus, will aber die Voraussetzungen für ein verpflichtendes Einziehen schaffen. Der Koalitionsvertrag setze auf Freiwilligkeit, „wir müssen aber jetzt schon die Voraussetzungen dafür schaffen, dass auch verpflichtend eingezogen werden könnte“, sagte Klingbeil der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft. „Aber es wird keine Rückkehr zur alten Wehrpflicht geben, bei der alle jungen Männer eines Jahrgangs eingezogen werden“, sagte der SPD-Chef.

Die Wehrpflicht wurde 2011 in Deutschland ausgesetzt. Es fehlt jedoch an Soldaten. Die Nato-Verteidigungsminister haben vereinbart, was künftig jedes Mitgliedsland beitragen muss, damit die Allianz ausreichend verteidigungsfähig ist und einen potenziellen hochgerüsteten Angreifer wie etwa Russland abschrecken kann. Deutschland benötige daher 50.000 bis 60.000 aktive Soldaten mehr, hatte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gesagt.

Im schwarz-roten Koalitionsvertrag steht: „Wir schaffen einen neuen attraktiven Wehrdienst, der zunächst auf Freiwilligkeit basiert.“ Pistorius hatte zuletzt deutlich gemacht, dass die vereinbarte Freiwilligkeit nur gilt, wenn der Bedarf an Soldaten auf diesem Weg gedeckt werden kann. Unionsfraktionschef Jens Spahn plädiert dafür, die Voraussetzungen für einen möglichen Pflichtdienst in der Bundeswehr vorsorglich zu schaffen.

Kanzleramtschef Frei fordert Entscheidung der Bundesregierung

Auch Kanzleramtschef Thorsten Frei äußerte sich zum Thema Wehrpflicht und drängt auf eine baldige Entscheidung darüber, ob die angestrebte Vergrößerung der Bundeswehr über Freiwilligkeit oder nur über die Rückkehr zur Wehrpflicht erreichbar ist. „Wir haben nicht die Zeit, bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag zu warten“, sagte der CDU-Politiker in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Die schwarz-rote Koalition müsse eine klare Verabredung treffen, „wann wir unsere Strategie verändern müssen, damit wir das allseits für notwendig erkannte Ziel auch erreichen können“.

Frei hält es für nur schwer vorstellbar, dass die nun von Pistorius angestrebten 230.000 bis 240.000 Soldaten über einen freiwilligen Wehrdienst erreicht werden können, wie er im Koalitionsvertrag vorgesehen ist. Man müsse sich nun zunächst darauf verständigen, bis wann die neue Zielgröße erreicht werden soll, sagte Frei. „Und dann muss man sich überlegen: Wie viel Zeit können wir uns lassen, dieses Ziel auf freiwilliger Basis zu erreichen? Meine persönliche Einschätzung ist, dass wir dafür eigentlich so gut wie gar keine Zeit haben, denn die Bedrohungslage ist enorm.“

Klingbeil: „Dürfen uns nicht allein auf Zahlen fixieren“

Mitte kommender Woche ist der Nato-Gipfel in Den Haag geplant. Unter dem Druck von US-Präsident Donald Trump soll bei dem Gipfeltreffen vereinbart werden, künftig mindestens einen Betrag in Höhe von 3,5 Prozent des nationalen Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung zu investieren.

Lars Klingbeil hält eine Fixierung auf die Zahlen allein für falsch. Prozente zu zählen, sei unproduktiv. „Wir dürfen uns nicht allein auf Zahlen fixieren, sondern müssen klären, was die Nato und die Bundeswehr brauchen, damit wir auch in Zukunft sicher leben“, sagte Klingbeil.

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