Vor einer Woche hat Israel das Atomprogramm des Iran angegriffen. Seitdem herrscht die Angst, dass der Konflikt sich ausdehnen könnte. Wie es im Nahen Osten weitergehen könnte, will Maybrit Illner von ihren Gästen wissen.

Vor einer Woche hat die israelische Armee den Iran angegriffen. Israel mache die Drecksarbeit, auch für Deutschland. Das meint Bundeskanzler Friedrich Merz. Zweifel gibt es jedoch, ob der Angriff mit dem Völkerrecht vereinbar ist. Aber immerhin sieht es so aus, als würde die Militäraktion den Weg Irans zur Atombombe stoppen. Auch wenn das Teheraner Atomprogramm des noch nicht zerstört ist: Die Wissenschaftler, die dafür verantwortlich sind, wurden schon am vergangenen Freitag getötet. Am heutigen Freitag verhandeln Bundesaußenminister Johann Wadephul mit seinen Kollegen aus Großbritannien und Frankreich mit dem iranischen Außenminister über ein mögliches Ende des Konflikts. Über den neuen Krieg im Nahen Osten diskutiert am Abend Maybrit Illner mit ihren Gästen.

"Es sind keine einfachen Zeiten für uns", beschreibt Sharzad Eden Osterer ihre privaten Gefühle. Die Deutsch-Iranerin ist mit einem Israeli verheiratet, und sie berichtet von ihrer im Iran lebenden Familie. "Ich habe vor ein paar Minuten mit meiner Mutter telefonieren können. Ihnen geht es gut, sie haben es gottseidank aus Teheran hinaus geschafft." Viele Menschen fliehen aus der iranischen Hauptstadt, die Straßen sind verstopft. Doch das größte Problem: Im Iran, einem der ölreichsten Länder der Welt, gibt es kaum Benzin. Das Land wird schon lange von einer Energiekrise heimgesucht.

Das iranische Regime hat es zudem versäumt, Bunker und Schutzräume für die Bevölkerung Teherans zu schaffen. Nun wird die Stadt immer wieder von der israelischen Luftwaffe angegriffen. Die Menschen fürchten um ihr Leben, berichtet Osterer. Sie macht sich große Sorgen, denn die iranische Regierung hat auch das Internet gedrosselt. "Das letzte Mal, als die Regierung das gemacht hat, hat sie 1500 Menschen abgeschlachtet", so Osterer. Auch der Familie ihres Mannes gehe es gut, zumindest physisch, sagt die Journalistin und Autorin. Zwar sei das Haus eines Verwandten ihres Mannes in Israel getroffen worden, doch dabei habe sich niemand verletzt. "Ich sage immer: Zum Glück bin ich hier, meine Kinder sind in Sicherheit. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie die Menschen sich in beiden Ländern fühlen." Osterer hat Kontakt zu vielen Menschen im Iran. Sie ist sich sicher: "Fast allen Menschen, die in den vergangenen Jahren immer wieder auf die Straße gegangen sind, ist klar, wer für diese Misere zuständig ist."

Wolffsohn: Krieg hat am 7. Oktober 2023 begonnen

Kein deutscher Politiker hätte Israel zu diesem präventiven Schlag geraten, gibt der CDU-Außenpolitiker Armin Laschet zu. Auch wenn der israelische Angriff völkerrechtlich umstritten sei, sagt er klar: "Dass der Iran entwaffnet werden soll, bevor er eine Atombombe bekommt, ist richtig."

Der Krieg sei im vergangenen Jahr vom Iran eröffnet worden, erklärt der Historiker Michael Wolffsohn. Doch in Wahrheit habe er am 7. Oktober 2023 mit dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf israelische Zivilisten begonnen. "Da hatte der Iran seine Stellvertreter vorausgeschickt. Und jetzt erwartet er, dass die Stellvertreter, die eigentlich schon besiegt sind, zu Hilfe kommen. Und welche Überraschung: Sie kommen nicht. Denn jeder dieser Akteure hat inzwischen eingesehen, dass es zwar vielleicht verführerisch ist, mit dem Kopf gegen die israelische Wand zu rennen, aber dass das dem eigenen Kopf stärker schadet als der israelischen Wand." Israel habe vor der Zerstörung seines Staates gestanden, so Wolfssohn. "Und wenn diese Frage besteht, dann hat jede Regierung, ob sie einem gefällt oder nicht, die Fürsorgepflicht für ihren Staat."

Regimewechsel und die Chancen

Unklar seien die nächsten Schritte Israels. So sei sich die Regierung in Jerusalem uneinig, ob sie einen Regimewechsel im Iran herbeiführen wolle, sagt Wolffsohn. Er glaubt, Teile der Bevölkerung im Iran seien dazu bereit: "Der Iran ist ein Vielvölkerstaat mit vielen Minderheiten. Wenn man jetzt die nicht vorhandene Selbstbestimmung dieser Minderheiten verändern möchte, kann man sie politisch unterstützen, geheimdienstlich und militärisch. Das wäre eine weit reichende Politik, die die Selbstbestimmungskräfte im Iran fördert. Das hätte man seit Jahrzehnten machen können. Stattdessen betrachtet die europäische, und nicht zuletzt die deutsche Außenpolitik, den Iran als Einheit. Man sieht nicht die verschiedenen Gruppierungen, die man unterstützen kann im Sinne einer Selbstbestimmung."

Armin Laschet sieht das ähnlich. "Im Iran haben wir eine Zivilgesellschaft, die in vielen Jahren immer wieder gezeigt hat: Wir haben die Vorstellung von einem anderen Iran. Ich glaube, dass im Iran trotz all der Gegensätze und der ethnischen Unterschiede und Gruppen ein Sturz des Mullah-Regimes eine Chance bedeutet, aus eigener Kraft eine neue Gesellschaft zu bauen. Das muss das Ziel sein." Ein möglicher Regimewechsel dürfe aber nicht durch Israel oder die USA erfolgen, so Laschet. "Es muss unser Ziel sein, die Iraner in die Lage zu versetzen, die Dinge in die eigene Hand zu nehmen."

Trump spielt auf Zeit

Unklar ist auch, wie sich die USA in diesem Konflikt verhalten. US-Präsident Donald Trump jedenfalls spielt auf Zeit. Er muss Angst haben, dass er Teile seines Lagers verliert, die verlangen, dass sich die Vereinigten Staaten aus Konflikten heraushalten sollen. Nahost-Expertin Kristin Helberg sieht das so: "Ich glaube, was Trump tun könnte ist, die Israelis in die Lage zu versetzen, dem Atomprogramm noch weiter Schaden zuzufügen, ohne sich direkt einzumischen. Einen Kriegseintritt der USA wird Trump zu verhindern suchen. Die iranische Führung ist übrigens interessiert an Verhandlungen, muss aber versuchen, das Gesicht zu wahren." Eine gesichtswahrende Lösung für alle wäre, wenn Israel das iranische Atomprogramm nachhaltig schädigen könne und der Iran zu Verhandlungen bereit wäre. Zudem müsse Teheran auf den Bau von Atombomben verzichten. "Die Frage ist nur, wie man dahinkommt."

Ob der Bundesaußenminister und seine Kollegen am Freitag eine solche Lösung erreichen, ist fraglich, wäre aber vor allem für Johann Wadephul wünschenswert. Immerhin wurden in den vergangenen Tagen erste Zweifel an seinen Fähigkeiten laut. Armin Laschet jedenfalls klingt ein wenig zuversichtlich. "Alle wirken im Moment auf den Iran ein, dass er nachgibt", sagt der CDU-Politiker.

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