Bodo Ramelow zeigt sich nach einem turbulenten Parteitag in Thüringen ernüchtert und macht eine große Distanz zwischen sich und gewissen Strömungen aus. Führt das sogar zum Austritt aus der Linkspartei? Die Bundesvorsitzende Ines Schwerdtner reagiert verhalten.
Der langjährige Linken-Politiker Bodo Ramelow zeigt sich irritiert über den Wandel seiner Partei und spricht sogar von einem möglichen Bruch. "Heute ist mir beim Aufwachen ein Satz durch den Kopf gegangen, der mich nicht loslässt: Bin ich dabei, die Partei zu verlassen - oder verlässt meine Partei gerade mich?", schrieb der frühere Thüringer Ministerpräsident und heutige Bundestagsvizepräsident in einem Beitrag auf seiner Webseite.
Hintergrund ist ein turbulenter Linken-Landesparteitag in Ilmenau am vergangenen Wochenende. Nach einer Kontroverse über Ämtertrennung wurde das Spitzenpersonal ausgetauscht. Ramelow kritisiert diverse Redebeiträge, so etwa die Forderung nach einem Kurswechsel der Landespartei, nach einer Fehleranalyse der zehnjährigen Regierungszeit der Linken und einem Einkommensdeckel für Abgeordnete.
"Die Linke in Bewegung darf nicht zu einer Bewegungslinken werden, die sich selbst isoliert", schrieb Ramelow. Parteiarbeit müsse Spaß machen. "Aber wir wollen doch keine Spaßpartei werden. Wir wollen auch keine Elitenpartei sein. Wir wollen auch keine Partei der 'besseren Menschen' werden, sondern eine Partei, die an der Verbesserung der Lebensumstände für alle Menschen arbeitet! Nicht nur eine Partei, die sich bewegt, sondern eine Partei, die etwas bewegt - nämlich etwas zum Guten für jeden Menschen."
Schwerdtner: "Kritisches Verhältnis zum Regieren"
Die Bundesvorsitzende der Linken, Ines Schwerdtner, reagierte zurückhaltend. "Bodo Ramelow und anderen Parteimitgliedern, die in Regierung Verantwortung übernommen haben, gebührt Respekt", sagte Schwerdtner. "Und doch gibt es zu Recht auch ein kritisches Verhältnis zum Regieren, das gerade in der Partei aufgearbeitet wird. Diese Debatte ist richtig, sie läuft in Thüringen wie auch in der Gesamtpartei."
Tatsächlich beziehe die Linke Position für die Mehrheit der Bevölkerung, genau wie Ramelow es fordere, fuhr Schwerdtner fort. "Wir stellen also den Klassenkampf zwischen oben und unten wieder nach vorne. Das ist das, womit wir erfolgreich sind." Ramelows Beitrag sei deshalb "so ein bisschen wie ein Brief an die Partei von vor einem halben Jahr oder Jahr vielleicht, aber eigentlich nicht die aktuelle Partei."
Der 69-jährige Ramelow hatte als eine der "Silberlocken" zusammen mit Gregor Gysi und Dietmar Bartsch zum Erfolg der Linken bei der Bundestagswahl beigetragen und ein Direktmandat in Erfurt gewonnen. Die Partei hatte nach einem jahrelangen bundesweiten Tief binnen kurzer Zeit Boden gut gemacht und bei der Wahl im Februar 8,8 Prozent der Stimmen erreicht. Zugleich traten seit Jahresbeginn bundesweit Zehntausende neue Mitglieder ein.
Bei dem Thüringer Parteitag hatten junge Mitglieder dominiert, die sich kritisch zu einigen Positionen des Vorstandes äußerten. In Thüringen hatte die Linke bei der Landtagswahl im Herbst mit 13,1 Prozent der Stimmen viel schwächer abgeschnitten als zuvor und war nach zehn Jahren in der Regierung auf die Oppositionsbank gewechselt.
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