Ex-SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat das von ihm und mehreren anderen prominenten SPD-Politikern unterzeichnete sogenannte Manifest zur Außenpolitik gegen Kritik verteidigt. „Auch unsere Überlegungen können nicht alle Fragen beantworten, und dennoch suchen wir nach Auswegen in gefährlichen Zeiten“, sagte Mützenich am Mittwoch dem „Stern“. „Im Kern brauchen wir eine Kombination aus Verteidigungsfähigkeit und Anreizen zur Konflikteindämmung und für Koexistenz.“
Mützenich hatte wie auch der Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner und Ex-Parteichef Norbert Walter-Borjans das sogenannte Manifest unterzeichnet. Darin fordert die Gruppe aus Sozialdemokraten von der schwarz-roten Bundesregierung eine grundlegende Wende in der Außen- und Sicherheitspolitik.
In Deutschland und in den meisten europäischen Staaten hätten sich Kräfte durchgesetzt, die die Zukunft „vor allem in einer militärischen Konfrontationsstrategie und hunderten von Milliarden Euro für Aufrüstung suchen“, heißt es in dem „Manifest“. „Militärische Alarmrhetorik und riesige Aufrüstungsprogramme schaffen nicht mehr Sicherheit für Deutschland und Europa, sondern führen zur Destabilisierung und zur Verstärkung der wechselseitigen Bedrohungswahrnehmung zwischen Nato und Russland.“
Die SPD-Politiker fordern mehrere konkrete Maßnahmen, darunter Gespräche mit Russland: Nötig sei jetzt eine „schrittweise Rückkehr zur Entspannung der Beziehungen und einer Zusammenarbeit mit Russland“.
Kritik üben die Verfasser zudem an der geplanten massiven Aufstockung der Verteidigungsausgaben. Für das Nato-Ziel, die Verteidigungsausgaben der Mitgliedstaaten auf fünf Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung zu erhöhen, gebe es „keine sicherheitspolitische Begründung“.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner verteidigte das Papier gegen Kritik. Er sei „weder Pazifist noch naiv“, aber er wundere sich darüber, dass nur derjenige kritisiert werde, der diplomatische Lösungen einfordere, aber nicht derjenige, „der nur über Waffen redet“, so Stegner. „Das ist eine komische Verteilung“, sagte er bei WELT TV.
Die Unterzeichner ernteten für ihr Papier massive Kritik, auch aus der SPD-Fraktion. Lobend äußerte sich hingegen Juso-Chef Philipp Türmer zu dem „Manifest“. „Es ist gut, dass wir jetzt diese Debatten führen, denn sie entfalten neben der inhaltlichen Ebene auch eine psychologische Wirkung“, sagte Türmer dem „Stern“ mit Blick auf die Diskussion über deutsche Verteidigungsausgaben.
„Hätten wir 2024 tatsächlich 3,5 Prozent des BIP ausschließlich für traditionelle Verteidigung aufgewendet, wären das über 150 Milliarden Euro gewesen“, kritisierte Türmer. „Das sind von der Realität weitestgehend entkoppelte Mondzahlen.“
Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Adis Ahmetovic, distanzierte sich von dem Manifest. Ahmetovic sprach am Mittwoch gegenüber der Nachrichtenagentur AFP in Berlin von einem „inhaltlich in weiten Teilen fragwürdigen Papier“, das „nicht Beschlusslage in der Fraktion oder Partei“ sei. „Es würde im Falle einer Einbringung auf dem Bundesparteitag auch keine Mehrheit finden“, fügte der Außenexperte hinzu.
Die SPD sei „eine Friedenspartei und bleibt diese auch“, stellte der Abgeordnete klar. Dies bedeute aber, dass sie „klar erkennt, dass es neue Realitäten gibt, die neben Diplomatie auch militärische Stärke bedingen“.
Der Text kommt zu einem heiklen Zeitpunkt. Die SPD steht Ende Juni vor einem Bundesparteitag. Fast zeitgleich findet der Nato-Gipfel statt, auf dem sich Deutschland dazu verpflichten will, die Verteidigungsausgaben massiv zu erhöhen.
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