Als Architekt des Heizungsgesetzes stand Habecks Energiestaatssekretär Graichen ganz vorn im politischen Sturm. Dann stürzte er über den Vorwurf der Vetternwirtschaft. Im Rückblick wundert sich der erklärte Feind aller fossilen Energieträger über die eigene Blindheit. Nun will er zurück ins politische Geschäft.

Zwei Jahre nach seiner Entlassung hat der einstige Energie-Staatssekretär Patrick Graichen erstmals über die "Trauzeugen-Affäre" gesprochen, die im Mai 2023 zu seiner Entlassung führte. "Ich hatte einen Tunnelblick", sagt Graichen im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. "Im Nachhinein würde ich sagen: Selbst wenn du 18 Stunden am Tag arbeitest, musst du immer wieder drei Schritte zurücktreten und dich fragen: Was mache ich hier eigentlich gerade?"

Graichen war seinerzeit an der Berufung eines neuen Chefs für die Deutsche Energie-Agentur beteiligt gewesen. Später stellte sich heraus, dass es sich bei dem Kandidaten um seinen Trauzeugen handelte. "Das war mein persönlicher Fehler", räumte Graichen nun ein. Wegen des Vorwurfs der Vetternwirtschaft und des wachsenden politischen Drucks entließ der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ihn schließlich. "Letztlich war das Ziel, Robert Habeck zu stürzen - oder zumindest ihn massiv zu schwächen", meint Graichen gegenüber der SZ rückblickend.

Graichen galt damals auch als Kopf hinter sogenannten Heizungsgesetz, dessen erster Entwurf bundesweit für Empörung sorgten. Er sei durchgestochen worden, während die Ampel noch über Förderprogramme für den Heizungstausch verhandelt habe, so Graichen. "Der zentrale Fehler war sicherlich, dass wir als kalte Technokraten rüberkamen." Wochenlang habe die Ampel in einem "kommunikativen Limbo" festgehangen, weil die FDP die Förderung blockiert habe. Inzwischen sei er über diese Zeiten hinweg, sagte Graichen der Zeitung. Für ihn sei es damals ein Absturz gewesen, aufgefangen habe ihn seine Familie. "Die schlaflosen Nächte sind jedenfalls vorbei."

"Kann nicht einfach an der Seitenlinie stehen"

Derzeit plant Graichen eine Rückkehr in die Klima- und Energiepolitik. "Interessierte Kreise arbeiten schon daran, uns zurück in die Gasabhängigkeit zu bringen und das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 infrage zu stellen. Da kann ich nicht einfach an der Seitenlinie stehen und zuschauen", sagte Graichen der SZ. Weltweit gebe es derzeit einen Rollback in der Klimapolitik. "Wir sind jetzt in der Phase: ,Das Imperium schlägt zurück.'", so Graichen.

Zwei Jahre lang hielt sich Graichen nach seiner Entlassung aus der Öffentlichkeit fern. Nun sitzt er im Aufsichtsrat des ukrainischen Stromnetzbetreibers Ukrenergo. "Inzwischen beschäftige ich mich wieder mit Klima- und Energiepolitik und denke über ein Buch nach", sagte Graichen. Letzteres solle sich auch um den Kampf "sauberer Strom gegen dreckiges Gas" drehen. "Der Job ist erst erledigt, wenn die Erderhitzung gestoppt ist."

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