Die Aufbruchstimmung im vergangenen Sommer war gross. Keir Starmer und seine Labour-Partei hatten bei den Parlamentswahlen im Juli einen überwältigenden Wahlsieg errungen. Weniger, weil ihr Wahlprogramm so überzeugend war, sondern eher, weil die Schadenbilanz der Konservativen nach vierzehn Jahren an der Macht die Britinnen und Briten immer mehr frustrierte.

Sie hatten schlicht genug von verspäteten Zügen, telefonischen Warteschlaufen beim staatlichen Gesundheitsdienst und verschmutzten Flüssen. Wer für den Niedergang des Service Public in Grossbritannien verantwortlich ist, haben die Britinnen und Briten nicht vergessen. Die Umfragewerte der Konservativen sind bis heute im Keller.
Wahlversprechen blieben unerfüllt
Eine Rückkehr scheint so bald nicht in Sicht. Im Gegenteil: Als Oppositionschefin Kemi Badenoch kürzlich in London den Wahlkampf der Tories lancierte, tönte sie eher wie die Vorsitzende einer funeralen Selbsthilfegruppe als einer Partei im Aufbruch. «Obwohl konservative Kommunalpolitiker bessere Arbeit leisten als Labour-Politiker, müssen wir uns auf eine weitere Niederlage vorbereiten.»

Für Labour könnten die Regionalwahlen trotzdem zu einer Zitterpartie werden. Der Start der neuen Regierung war holprig. Das lag nicht allein daran, dass sich der ehemalige Staatsanwalt Starmer Schuhe und Brillen von einem Millionär finanzieren liess. Seine Wahlversprechen – etwa die Stimulierung der Wirtschaft oder die Reduktion der Einwanderung – haben sich bis heute nicht erfüllt.
Der britische Premierminister hat sich zwar in den vergangenen Monaten medienwirksam auf der internationalen Bühne als Vermittler zwischen Europa und den USA profiliert. Doch Regionalwahlen werden nicht auf der Weltbühne, sondern auf kaputten Strassen und in vollen Zahnarztpraxen in der Provinz entschieden.
Generalprobe für die rechtspopulistische Reform UK
Die grosse Frage wird deshalb sein, wie erfolgreich Nigel Farage und seine rechtspopulistische Reform UK bei diesen Wahlen das Versagen der grossen Parteien kapitalisieren und abschliessen werden. Farage bewirtschaftet den Ärger der Britinnen und Briten und die Zumutungen des Alltags äusserst erfolgreich. Reform UK liegt in Umfragen seit Wochen weit vor den Konservativen und hat in diesen Tagen sogar knapp Labour überholt.

Der 1. Mai könnte für Farage und seine Partei deshalb zu einer Art Generalprobe für ein weitaus grösseres Ziel werden, wie der Reform-Chef kürzlich an einer Wahlveranstaltung in Birmingham verkündete. «Mein Ziel ist, die nächsten Parlamentswahlen zu gewinnen und Premierminister zu werden.» Danach will er das Vereinigte Königreich endlich nach amerikanischem Vorbild aufräumen. Was das genau heisst und wie er die anstehenden Probleme genau lösen will, lässt er erst einmal offen.
Zum Verhängnis könnte Farage aber zurzeit ausgerechnet sein bester Freund im Weissen Haus werden, den er regelmässig besucht und charmiert. Seit der US-Präsident die britische Stahl- und Autoindustrie mit Zöllen belegt hat, sind die Sympathien für Donald Trump im Vereinigten Königreich ziemlich am Schrumpfen.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke