Die EU-Kommission plant eine kleine Revolution: Um die heimische Stahlindustrie besser zu schützen, sollen die Zölle auf Importe massiv erhöht werden.

Die EU-Kommission will die heimische Stahlindustrie mit deutlich höheren Zöllen vor billiger Konkurrenz aus Ländern wie China schützen. Zudem soll die Menge für zollfreie Importe nahezu halbiert werden, teilte der zuständige EU-Kommissar Stéphane Séjourné mit. Konkret solle der Zollsatz für Importe, die darüber hinausgehen, auf 50 Prozent verdoppelt werden.

Bevor die neuen Regeln in Kraft treten können, müssen auch das Europaparlament und die EU-Staaten zustimmen. Es gehe darum, die europäischen Stahlproduzenten und Arbeitsplätze zu retten. "Das ist die Reindustrialisierung Europas", so Séjourné.

Thyssenkrupp Steel begrüßt Pläne

Künftig sollen nach dem Vorschlag der Kommission noch rund 18 Millionen Tonnen Stahlprodukte zollfrei in die EU gelangen. Das wären laut Wirtschaftsvereinigung Stahl etwa die Hälfte der bisherigen Importmenge. Nach Angaben des Branchenverbands Eurofer lag der Stahlverbrauch in der EU 2024 insgesamt bei rund 130 Millionen Tonnen.

Deutschlands größter Stahlhersteller Thyssenkrupp Steel begrüßt die Pläne. Die Kommission habe klar erkannt, dass die europäische Stahlindustrie und mit ihr verbundene Wertschöpfungsketten ohne einen wirksamen Handelsschutz in ernster Gefahr sind, erklärte Stahlchef Dennis Grimm in einer Mitteilung. "Entscheidend ist nun, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen zügig und konsequent umgesetzt werden." Die Gewerkschaft IG Metall sieht in dem Vorhaben einen großen Schritt in die richtige Richtung, um Arbeitsplätze zu sichern.

In der Kommission wird von deutlich mehr als 600 Millionen Tonnen weltweiter Überkapazitäten gesprochen. Damit sind in der Regel Waren gemeint, für die es keine Abnehmer gibt. Weltweite Überkapazitäten sind jüngst relevanter geworden, nachdem die USA ihre Einfuhrzölle massiv erhöht haben.

Deutschland besonders betroffen

In der EU steht die Befürchtung im Raum, dass Exporte, die bislang nach Nordamerika verkauft wurden, nun nach Europa umgeleitet werden. Dadurch könnten europäische Hersteller zusätzlich unter Druck geraten.

Die meisten Stahlimporte in die EU kamen nach EU-Angaben bislang aus der Türkei, Südkorea, Indien, Vietnam, China, Japan, dem Vereinigten Königreich und der Ukraine. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teilte mit: "Die weltweite Überkapazität schadet unserer Branche. Wir müssen jetzt handeln."

Innerhalb der EU hat Deutschland die mit Abstand größte Stahlindustrie – weltweit liegt Deutschland nach Branchenangaben auf Platz sieben. Doch die Stahlindustrie hierzulande leidet unter der Krise in Abnehmerbranchen, vor allem der Autoindustrie. Hinzu kommen gestiegene Energiepreise, Billigimporte vor allem aus China und die Kosten für den Umbau hin zu einer klimafreundlicheren Stahlproduktion. Auch die hohen Zölle auf Stahlexporte in die USA machen der Branche zu schaffen.

Nach Angaben des Lobbyverbands arbeiten in Deutschland etwa vier Millionen Menschen in stahlintensiven Branchen, davon rund 80.000 für die Stahlindustrie direkt. 2024 verzeichnete die Industrie zum zweiten Mal in Folge einen Umsatzrückgang – minus 5,3 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr auf 45,3 Milliarden Euro. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) will im Herbst einen "Stahlgipfel" abhalten, um die Probleme der Branche anzugehen.

DPA tis / Marek Majewsky
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