Das Bundeskabinett hat Entlastungen bei den Strompreisen auf den Weg gebracht. Dafür ist ein Milliarden-Zuschuss vorgesehen. Was bedeuten die geplanten Änderungen für private Verbraucher und Unternehmen? Ein Überblick.
Die Bundesregierung hat mehrere Gesetzentwürfe auf den Weg gebracht, um die weiterhin sehr hohen Energiepreise zu drücken. Dabei geht es etwa um eine Senkung der Netzentgelte, die private Haushalte entlassen soll. Außerdem ist eine Entlastung bei der Stromsteuer für Unternehmen des produzierenden Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft vorgesehen.
Was ist bei den Netzentgelten geplant?
Die sogenannten Netzentgelte, über die unter anderem der teure Ausbau der Stromnetze finanziert wird, sind zuletzt deutlich gestiegen. Nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) haben sie derzeit einen Anteil am Gesamt-Strompreis von rund 28 Prozent.
Die Bundesregierung will deshalb die Betreiber der Übertragungsnetze im kommenden Jahr mit 6,5 Milliarden Euro bezuschussen. Dadurch sollen auch Kostenbelastungen der an die nachgelagerten Verteilernetze angeschlossenen Stromkunden abgemildert werden, wie es im Gesetzentwurf heißt.
Warum können Verbraucher davon profitieren?
Die Entgelte für die Übertragungsnetze werden an die nächste Netzebene weitergegeben. Die Versorger geben das dann an ihre Kunden weiter, also auch an private Haushalte.
Mit diesen Netzentgelten bezahlen die Energieversorger den Betrieb, die Instandhaltung, den Ausbau und die Modernisierung der Stromnetze. Je nach Region kann es laut Versorger EnBW unterschiedliche Kostenstrukturen und einen unterschiedlich alten Zustand der Infrastruktur geben. Ältere Netzinfrastrukturen haben etwa höhere Wartungs- und Reparaturkosten, was sich auf die Netzentgelte auswirkt.
Zum anderen hat der Ausbau der Erneuerbaren Energien Einfluss auf die Netzentgelte. Das liegt an Kosten für die Integration in die Netze. Wer also in einer Region mit hohen Wartungsarbeiten lebt, zahlt in der Regel höhere Netzentgelte.
Bringt der Zuschuss konkrete Entlastungen?
Das hängt von den Unternehmen ab. Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, sagte, es lasse sich nicht pauschal sagen, wie hoch die Entlastung jedes Kunden letztlich sein werde. In einer Studie der Beratungsfirma Consentec im Auftrag der Wirtschaftsverbände VKU und ZVEI heißt es, in manchen Gebieten von Verteilnetzbetreibern würden praktisch keine Entlastungen ankommen.
Anders wird das in einem Papier des Wirtschaftsministeriums dargestellt. Darin heißt es, der Zuschuss komme allen Unternehmen und privaten Haushalten zugute, die Strom verbrauchen. Nach einer "Überschlagsrechnung" könnten sich im bundesweiten Schnitt die Netzentgelte für Haushaltskunden um bis zu 2,4 Cent pro Kilowattstunde verringern.
Allerdings könne die tatsächliche Entlastungswirkung im einzelnen Netzgebiet höher oder niedriger sein. Zumal die Energieversorger nicht verpflichtet sind, den Zuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten weiterzugeben. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hatte die Branche zwar dazu aufgefordert, dass die Entlastungen beim Kunden ankommen. Ob das aber tatsächlich passiert, bleibt abzuwarten.
Was bedeutet das für die Stromrechnung?
Das Vergleichsportal Verivox kommt auf andere Zahlen als das Wirtschaftsministerium. Nach seinen Berechnungen sinkt durch den Bundeszuschuss der Strompreis für Haushalte im deutschlandweiten Durchschnitt nur um rund 1,6 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Ein Drei-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 4.000 kWh spare somit rund 64 Euro, so Verivox.
Allerdings werde die Entlastung der Strompreise über die Übertragungsnetzentgelte nicht überall in Deutschland ankommen. "Denn Netzgebiete, in denen selbst viel Strom erzeugt wird, sind weniger abhängig von den Übertragungsnetzentgelten. Dort käme entsprechend weniger von der Entlastung an als in Netzgebieten, in denen eine geringere Stromerzeugung anfällt", sagte kürzlich der Verivox-Energieexperte Thorsten Storck. Dazu kommt, dass die Energieversorger nicht verpflichtet sind, den Zuschuss an die Haushalte weiterzugeben.
Wie soll der Zuschuss finanziert werden?
Der Bundeszuschuss für die Netzentgelte soll aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert werden, einem Sondertopf des Bundes. Insgesamt ist für die nächsten vier Jahre eine Entlastung von 26 Milliarden Euro vorgesehen, wie es in einem Papier des Wirtschaftsministeriums heißt.
2027 könnte aber ein anderer Weg eingeschlagen werden. Dann wird laut Papier eine "signifikante Bezuschussung der Offshore-Netzumlage" angestrebt - dieser muss aber die EU-Kommission zustimmen. Die Offshore-Netzumlage ist ein weiterer Bestandteil des Strompreises. Über diese Umlage werden unter anderem Kosten aus der Netzanbindung von Windparks auf hoher See finanziert.
Wie sind die Reaktionen auf den geplanten Zuschuss?
Verbraucherschützer hatten die Bundesregierung dazu aufgefordert, statt eines Zuschusses für die Übertragungsnetzkosten lieber Strompreis-Umlagen zu senken - davon würden private Haushalte deutlich stärker profitieren.
Die Wirtschaftsvereinigung Stahl kritisierte, die dringend benötigte Planungssicherheit für stromintensive Unternehmen fehle nach wie vor. "Wir brauchen eine verlässliche und langfristige Senkung der Netzentgelte", sagte Hauptgeschäftsführerin Kerstin Maria Rippel.
Was ist außerdem noch geplant?
Für Unternehmen des produzierenden Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft wird bei der Stromsteuer eine Entlastung verstetigt. Die Stromsteuerentlastung bis auf den EU-Mindeststeuersatz könnte mehr als 600.000 Unternehmen zugute kommen. Dabei sind laut Papier des Wirtschaftsministeriums auch produzierende Handwerksbetriebe wie Bäckereien und Konditoreien oder Metallbauer und Feinwerkmechaniker erfasst.
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer aber schätzt, dass nur maximal 15 Prozent der Betriebe in Deutschland von der Senkung der Stromsteuer profitieren.
Gibt es eine Senkung der Stromsteuer für alle?
Eine Senkung der Stromsteuer für alle soll es vorerst nicht geben - obwohl dies im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD angekündigt wurde. An der Entscheidung der Bundesregierung, die Stromsteuer nicht für alle zu senken, gab es breite Kritik.
Marie-Christine Ostermann, Präsidentin der Familienunternehmer, warf der Koalition Wortbruch vor. "Bereits jetzt rollt eine Insolvenzwelle durch den Mittelstand." Alexander von Preen, Präsident des Handelsverbands Deutschland, sagte, die Politik lasse große Teile der Wirtschaft und die privaten Haushalte links liegen.
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