Deutschland bekommt eine neue Fluggesellschaft: Ab dem 1. September fliegt Skyhub Pad dreimal täglich zwischen Paderborn und München hin und her. Damit schreibt die Airline deutsche Luftfahrtgeschichte.
Der Flughafen Paderborn/Lippstadt ist ein kleiner Regionalflughafen in Nordrhein-Westfalen, üblicherweise unscheinbar und unbekannt: In seiner 55-jährigen Geschichte stand er nie im Rampenlicht. Das ändert sich gerade, denn am 1. September startet dort in der westfälischen Provinz ein Jungfernflug. Die virtuelle Fluggesellschaft Skyhub Pad nimmt ihren Betrieb auf.
Dass es die neue Airline gibt, hat die Region gewissermaßen der Lufthansa zu "verdanken": Letztes Jahr kündigte die Fluggesellschaft an, ab Mai 2025 die täglichen Direktflüge vom Flughafen Padeborn/Lippstadt nach München zu streichen. Die Verbindung lohne sich für sein Unternehmen nicht mehr, begründete Lufthansa-Chef Carsten Spohr den Schritt.
Eine nachvollziehbare Begründung aus Lufthansa-Sicht, doch für die lokale Wirtschaft mit zahlreichen starken Mittelständlern war die Entscheidung eine ernsthafte Gefahr: Sie braucht eine Luftanbindung, um schnell nach München und von dort in alle Welt zu kommen. Keine Flugverbindung bedeutet: weniger Geschäftstermine und gar keine mehr, die man mit An- und Abreise an einem Tag absolvieren kann, denn die Region ist auch vom Fernverkehrsnetz der Deutschen Bahn weitgehend abgeschnitten.
Nur ein ICE am Tag
"Das ICE-Netz fährt im Grunde genommen um Paderborn herum. Wir haben zwar eine direkte Verbindung, aber die fährt nur einmal am Tag", berichtet Flughafensprecher Matthias Hack, der auch als Sprecher der neuen Airline fungiert. Noch dazu fährt der direkte ICE erst um 11 Uhr in Paderborn ab. "Da ist es nie im Leben möglich, an einem Tag hin und zurück zu kommen und darüber hinaus noch Geschäftstermine zu machen", macht Hack im ntv-Podcast "Wieder was gelernt" deutlich.
Mit dem Zug braucht man etwa fünf Stunden für die Strecke von Paderborn zum Münchener Flughafen, nach Frankfurt dauert es gut dreieinhalb Stunden. Die Verbindung mit dem Flugzeug nach München ist zeitlich unschlagbar. Eine Stunde und 25 Minuten beträgt die Flugzeit von Paderborn bis in die bayerische Landeshauptstadt.
Wäre die Lufthansa-Verbindung ersatzlos gestrichen worden, hätte sich Paderborn/Lippstadt zu einem reinen Urlaubsflughafen entwickelt. Das wollten die lokalen Unternehmer verhindern. "Im Herbst vergangenen Jahres hat uns die Lufthansa über ihre Pläne informiert", berichtet Hack im Podcast. "Dann hatten wir zwei Möglichkeiten. Wir können sagen: Gut, dann ist das halt die Entscheidung der Lufthansa, das können wir nicht ändern. Oder wir nehmen das Schicksal in die eigene Hand und machen es selbst."
Flugzeug aus Dänemark
Prominente Unterstützung haben die Unternehmer von Carsten Linnemann bekommen. Der CDU-Generalsekretär ist der Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Paderborn. Er rief Christoph Plass auf den Plan. Plass ist Chef des Beratungsunternehmens Unity AG und gleichzeitig Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer Bielefeld. Ihm zufolge hat Linnemann angeregt, dass die Wirtschaft verhindern sollte, dass die Region abgehängt wird. So erinnert sich Plass fast ein Jahr später im Gespräch mit der "Zeit". Herausgekommen ist Skyhub Pad - eine Fluggesellschaft, die gar kein eigenes Flugzeug besitzt.
Das Konzept sieht so aus: Die neue Airline mietet ein Flugzeug von der dänischen Fluggesellschaft DAT, hinzu kommen Crew, Wartung und Versicherung. Wenn die gemietete Turboprop-Maschine ausfällt, stellt die DAT ein Ersatzflugzeug. Dieses All-in-one-Paket macht Skyhub Pad zu einer sogenannten virtuellen Fluggesellschaft. Die neue Airline trägt das wirtschaftliche Risiko allein.
Das Startkapital für das Unterfangen haben Unternehmer aus der Region zusammengeschüttet. Mittlerweile sind 59 Geschäftsführer dabei. Jeder hat 25.000 Euro bereitgestellt.
90.000 Fluggäste braucht die neue Airline
Doch das Unterfangen ist kompliziert. Wenn die Airline finanziell tragfähig sein, sprich in die Gewinnzone kommen soll, müssen pro Jahr 90.000 Fluggäste zwischen Paderborn und München fliegen. So steht es im Businessplan von Skyhub Pad. Die Lufthansa hat voriges Jahr 104.000 Passagiere auf der Route gezählt. Der Raum für Fehler ist demzufolge gering. Und selbst mehr als 100.000 Reisende haben Deutschlands größter Fluggesellschaft bekanntlich nicht gereicht, um die Linie weiterzubetreiben.
Wie will Skyhub Pad den Betrieb sichern? Die Maschine, eine moderne Turboprop-Maschine mit 70 Sitzplätzen, ist kleiner, leichter und damit effizienter als das von der Lufthansa eingesetzte Fluggerät. "Wir gehen davon aus, dass diese Maschine mittel- bis langfristig sehr gut ausgebucht sein wird", sagt Sprecher Hack. "Die Vergangenheit hat gezeigt, dass der Bedarf hier in der Region vorhanden ist."
Für 149 Euro pro Strecke können Passagiere mitfliegen - in der ersten Woche kostet es einmalig 89 Euro. Mit dem Preismodell kann die Verbindung in der Regel zwar nicht mit den Sparpreisen der Bahn mithalten. Aber wer einigermaßen kurzfristig bucht, zahlt ohnehin einen deutlich höheren und oft dreistelligen Preis für die Fahrt mit dem Zug.
Neue Chance für kleine Flughäfen?
Leistet Skyhub Pad womöglich sogar Pionierarbeit für wirtschaftlich vor sich hin siechende Regionalflughäfen in Deutschland? Kassel-Calden, Erfurt-Weimar, Rostock-Laage, Frankfurt-Hahn und etliche weitere - die Liste ist lang. In Paderborn/Lippstadt könnten am Flughafen Heinz Nixdorf eines Tages weitere Kurzstreckenverbindungen dazu kommen. "Wenn die Nachfrage aus der Wirtschaft, aber auch aus dem privaten Bereich hoch genug ist, können wir uns durchaus vorstellen, andere Ziele ins Visier zu nehmen", sagt Hack. "Aber jetzt geht es erst mal darum, diese bewährte Strecke zwischen Paderborn und München erfolgreich zu machen."
Dabei ist den Unternehmern von Skyhub Pad bewusst, dass eine innerdeutsche Flugverbindung auch Kritik hervorrufen wird. Klimaschützer fordern seit Jahren vehement die Abschaffung von Kurzstreckenflügen. "Unsere Turboprop-Maschine hat den großen Vorteil, dass sie ökologisch sehr zukunftsorientiert ist, weil sie deutlich weniger Kerosin verbraucht als ein klassischer Jet", hält Hack dagegen.
Der BUND hatte 2020 sogar eine Studie veröffentlicht und gefordert, Paderborn/Lippstadt sowie sechs weitere Regionalflughäfen vollständig zu schließen. Die Reaktion auf den Flugstopp durch die Lufthansa zeigt: Gegen eine Airport-Schließung würde es in Westfalen großen Widerstand geben.
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