Zu viel und zu wing ist ein Ding: Stickstoff ist zweifelsohne eine Lebensnotwendigkeit für Organismen aller Couleur, gleichzeitig belastet das Element europaweit Gewässer, Klima und Naturräume. Der Plan der Europäischen Union zielt deshalb auf einen Balanceakt: So viel wie nötig – so wenig wie möglich. Es darf nur so viel Stickstoff im Boden landen, wie Nutzpflanzen auch aufnehmen können. Die Farm-to-Fork-Strategie (F2F) im Rahmen des European Green Deals sieht vor, bis 2030 den Einsatz von chemischen Düngemitteln um zwanzig Prozent zu reduzieren, damit der Stickstoffüberschuss im Boden um die Hälfte zurückgeht.

Einheitliche Strategie? In Europa wird unterschiedlich gedüngt

Das wird kaum funktionieren, zeigen jetzt Forschende des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig und legen ihre Ergebnisse im Fachblatt Nature Food vor. Grund seien die starken Unterschiede in Flächennutzung, Düngung und Technologien innerhalb der Europäischen Union. Das Forschungsteam hat dazu die Stickstoffüberschüsse der Jahre 1850 bis 2019 in vier Kategorien unterteilt: Zum einen sind das "Wirtschaftsdünger" mit viel Gülle-Düngung auf Grund eines hohen Tierbestands und "Kunstdünger" für Länder mit mehr mineralischem Dünger als Gülle. Außerdem: "Moderater Einsatz von Wirtschafts- und Kunstdünger" und "Natürliche Landschaften" mit wenig Düngung.

Für die einzelnen Kategorien haben die Forschenden anschließend Zukunftsszenarien entwickelt: Grundlage der Berechnungen seien zum einen die Stickstoffüberschüsse der Jahre 2015 bis 2019, zum anderen die bestehenden Vorgaben, zum Beispiel der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) oder eben des Green Deal, heißt es in einer Mitteilung.

Bildrechte: MDR WISSEN, Karte: Masooma Batool/UFZ

Aktuelle EU-Vorgaben: Stickstoff-Ziele sind weit entfernt

Im Ergebnis zeigt sich: Mit den EU-Vorgaben ließe sich der Stickstoffüberschuss gerade mal um zehn bis 16 Prozent reduzieren statt den angestrebten fünfzig Prozent. Mit regionalen Unterschieden: So könnte es Schweden, Tschechien, Dänemark, Lettland und Litauen in einem ehrgeizigen Szenario tatsächlich gelingen, die Ziele zu erreichen. Länder mit hohem Stickstoffüberschuss wie Deutschland und den Niederlanden lägen deutlich unter dem angestrebten Ziel. So müsste die Bundesrepublik etwa zusätzlich den Einsatz von Gülle halbieren. Wenn Technologien und Anbau nicht modernisiert würden, müsste der Gülleeinsatz sogar um 63 Prozent zurückgehen.

Das Thema Stickstoff ist ein zweischneidiges Schwert: Weniger Dünger gehe kurzfristig mit Ertragseinbußen einher, räumen die Forschenden ein, besonders bei einer ausbleibenden Modernisierung des Anbaus. Auf fast zwei Dritteln der landwirtschaftlichen Nutzfläche wächst allerdings kein Obst und Gemüse für den menschlichen Verzehr, sondern Tierfutter, insbesondere für die Fleisch- und Milchproduktion.

Stickstoffüberschuss: Erhebliche Belastung für Gewässer und Klima

Zu viel Stickstoffdüngung kann etwa zur Belastung von Gewässern und Grundwasser führen. Die Folgen sind Sauerstoffmängel in Seen und Flüssen, Rückgang der Arten, Fischsterben und schlechte Badegewässerqualität. Ein Stickstoffüberschuss führt zudem zu einem Rückgang von empfindlichen Pflanzen. Weiterhin entsteht beim Düngeeinsatz Lachgas (Distickstoffmonoxid), das wie CO2 als Treibhausgas zur Klimaerwärmung beiträgt.

flo

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