Trotz eines knappen neuen Dow-Rekords im frühen Geschäft herrschte an der Wall Street heute Zurückhaltung. Der Markt wartet sehnlichst auf Hinweise zur weiteren Zinspolitik der US-Notenbank.

An der Wall Street dreht sich derzeit (fast) alles um Zinsen. Zwar werden auch in New York die geostrategischen Entwicklungen verfolgt. Das Notenbankertreffen am Donnerstag in Jackson Hole im Bundesstaat Wyoming und damit verbunden die Hoffnung auf neue Zinssignale der Notenbank steht jedoch besonders im Fokus. Schließlich warten die US-Märkte sehnlichst auf ein niedrigeres Zinsniveau.

Eine hartnäckige Inflationsentwicklung sowie die Unklarheit über die Folgen der Zollpolitik der US-Regierung hat dies aber bisher verhindert. Vor der Rede von Notenbankchef Jerome Powell am Freitag im Rahmen des Treffens scheuten die Anleger angesichts schon hoher Bewertungen größere Risiken. Durchwachsene Daten vom US-Immobilienmarkt gaben zudem keine klaren Impulse.

"Angesichts des wirtschaftlichen Schadens durch Handelssteuern und der politischen Unsicherheit kann man durchaus für sofortige Zinssenkungen in den USA plädieren", sagte Paul Donovan, Chefvolkswirt bei UBS Global Wealth Management.

Dow Jones gibt Gewinne wieder ab

Die großen Aktienindizes tendierten zunächst uneinheitlich, der Leitindex Dow Jones markierte im Verlauf bei 45.207 Punkten knapp ein neues Rekordhoch. Erst in der Vorwoche hatte der Index bei 45.203 Punkten seine bisherige Bestmarke markiert. Im Gefolge gab der Leitindex die Gewinne aber wieder komplett ab und drehte ins Minus. Der Schlusskurs lag bei 44.922 Zählern, ein Mini-Plus von 0,02 Prozent.

Der marktbreite S&P 500 und die Nasdaq beendeten den Handel hingegen deutlich im Minus, wobei die Nasdaq schon schwächer gestartet war. Der S&P gab letztlich 0,59 Prozent nach auf 6.411 Punkte, die Nasdaq 1,46 Prozent auf 21.314 Zähler. Auch der Auswahlindex Nasdaq 100 gab 1,39 Prozent ab.

Alle Augen auf Powell

Für Zurückhaltung sorgte das jährliche Treffen der Notenbanker in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming, das am Donnerstag beginnt. Anleger erhoffen sich von einer Rede von Notenbank-Chef Jerome Powell mehr Klarheit über die Lage der amerikanischen Wirtschaft und die künftige Geldpolitik.

Die Geldmärkte setzen derweil darauf, dass die Fed bei ihrer Sitzung Mitte September ihre erste Zinssenkung für 2025 vornehmen und bis zum Jahresende eine weitere Senkung angehen wird. Denn die Schwäche des Arbeitsmarktes überwiegt inzwischen die Inflationsrisiken. Die US-Bondmärkte tendierten freundlich.

Home Depot unter Erwartungen

Unter den Einzelwerten waren die Quartalszahlen von Home Depot das Thema. Investoren nahmen die Ergebnisse des Dow-Jones-Mitglieds positiv auf, nachdem die US-Baumarktkette trotz unter den Markterwartungen ausgefallener Ergebnisse an ihrer Jahresprognose festhielt. Der bereinigte Gewinn je Aktie lag mit 4,68 (Vorjahr: 4,67) Dollar unter den Schätzungen von 4,71 Dollar. Die Titel legten um 3,17 Prozent zu.

Die Zahlen waren mit Spannung erwartet worden, weil sich Anleger Hinweise erhofften, ob die US-Verbraucher wegen der Zölle ihre Ausgaben drosseln. "Die Verbraucher geben immer noch nicht wirklich mit vollen Händen ihr Geld aus, sie sind ein wenig vorsichtig", sagte Peter Cardillo, Chef-Marktökonom bei Spartan Capital Securities. Sie warteten ab, um zu sehen, wie sich die Zölle auswirken werden. Experten der UBS sprachen allerdings im Hinblick auf die Zahlen von einer gestiegenen Dynamik im zweiten Quartal.

S&P bestätigt US-Ratingnote

Unterdessen hat die Ratingagentur S&P die Kreditwürdigkeit der USA trotz des hohen Haushaltsdefizits bestätigt und dies auch mit steigenden Zolleinnahmen begründet. Die Note werde bei "AA+" belassen, teilten die Bonitätswächter gestern mit. Sie hatten der weltgrößten Volkswirtschaft bereits 2011 die Bestnote "AAA" entzogen.

Auch die aktuelle Bewertung signalisiert den Anlegern eine sehr hohe Kreditwürdigkeit mit einer großen Wahrscheinlichkeit, in US-Staatsanleihen investiertes Geld wieder zurückzubekommen. Der Ausblick für das US-Rating bleibe stabil, erklärte S&P weiter. Die US-Staatsverschuldung hatte zuletzt allerdings die Marke von 37 Billionen Dollar überschritten, ein neuer Rekordwert.

Ölpreis fällt nach Ukraine-Gipfel

Nach den Ukraine-Gesprächen in Washington sehen Investoren am Rohölmarkt gestiegene Chancen für ein mögliches Ende der Sanktionen gegen russisches Rohöl. Der Preis für Rohöl der Sorte Brent fiel zuletzt knapp 0,9 Prozent, US-Leichtöl WTI notierte rund 1,1 Prozent tiefer.

Euro gibt Gewinne wieder ab

Der Euro hat im US-Handel seine im Tagesverlauf verbuchten Gewinne wieder weitgehend abgegeben. Zuletzt kostete die Gemeinschaftswährung 1,1647 Dollar und damit nur wenig mehr als im asiatischen Handel am Morgen. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs am Nachmittag in Frankfurt auf 1,1682 (Montag: 1,1673) Dollar fest.

Die Aufmerksamkeit am Devisenmarkt gilt einerseits weiterhin den diplomatischen Bemühungen, den Ukraine-Krieg zu beenden. Ob allerdings Russland von seinen Maximalforderungen Abstand nehmen werde, sei unklar, hieß es von den Experten der Dekabank. Sie bezogen sich ferner auf Äußerungen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, wonach von den von Europa bereitgestellten Geldern Waffen in den USA gekauft werden sollen.

Diese Aussagen bestärkten den Eindruck, dass die finanzielle Unterstützung für die Ukraine durch die Europäische Union wohl zunehmen werde. Dies wiederum werde die Diskussion über gemeinsame Schuldenfinanzierung weiter schüren.

DAX nähert sich dem Rekordhoch

Der DAX hat nach zunächst schwachem Start den Handelstag mit Gewinnen beendet. Bei einer Handelsspanne zwischen 24.283 und 24.441 Punkten schloss der deutsche Leitindex bei 24.423 Punkten um 0,45 Prozent höher - und damit am oberen Ende der heutigen Spannbreite. Bei vielen Investoren überwog heute die Erleichterung über den Ausgang des Ukraine-Treffens in Washington.

Zwar blieben konkrete Ergebnisse auf dem Weg zu einer Friedensordnung aus, es hätte mit US-Präsident Trump und seinen Gesprächspartnern aber auch schlechter ausgehen können. Das reichte der Börse schon, um etwas Mut zu schöpfen. Der MDAX der mehr auf den heimischen Markt fokussierten mittelgroßen Werte bewegte sich heute kaum und ging bei 30.984 Punkten aus dem Handel.

"Es ist eine eher moderate, aber positive Reaktion", sagte Elwin de Groot, Stratege bei der Rabobank, mit Blick auf die Friedensbemühungen. US-Präsident Donald Trump zufolge sollen sich in den kommenden Wochen der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und das russische Staatsoberhaupt Wladimir Putin treffen, danach soll es zu einem trilateralen Gipfel mit seiner Beteiligung kommen. Unklar ist, ob das passieren wird.

Ausbruch noch nicht geschafft

Markttechnisch nimmt der deutsche Leitindex damit die wichtige Hürde bei 24.500 Punkten auf dem Weg zu seinem Allzeithoch von Mitte Juli bei 24.639 Zählern wieder ins Visier. Gestern hatte er um 0,2 Prozent auf 24.314 Zähler nachgegeben.

Seit Anfang Juni habe der DAX in schöner Regelmäßigkeit bei 24.500/24.600 Punkten immer wieder wichtige Hochpunkte ausgebildet, kommentieren die Charttechniker von HSBC. "Entsprechend würde ein neues Allzeithoch jenseits der Marke von 24.639 Punkten zu einem Lüften dieses Deckels führen", so ihre Prognose. 

Jackson Hole immer im Blick

Auch wenn die Friedensbemühungen um die Ukraine derzeit die europäischen Märkte bestimmen, haben die Anleger derzeit auch das jährliche Treffen der Notenbanker in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming im Blick, das am Donnerstag beginnen wird.

Analystin Birgit Henseler von der DZ Bank erwartet, dass der Chef der US-Notenbank Federal Reserve, Jerome Powell, auch dieses Jahr die Gelegenheit nutzen wird, um die Märkte auf den geldpolitischen Kurs der Fed vorzubereiten und unerwünschte Überraschungen zu vermeiden.

Rüstungswerte geben nach

Unter den Einzelwerten auf dem heimischen Kurszettel standen Rüstungswerte unter Druck. Anleger wetteten nach dem Ukraine-Gipfel in Washington auf eine Beendigung des Krieges und stießen diese ab. Rheinmetall standen am DAX-Ende mit einem Minus von 4,6 Prozent. Der europäische Verteidigungssektor gab nach der Rally der vergangenen Monate auf breiter Front nach, nachdem das Treffen zwischen Trump und Selenskyj am Vorabend von Marktteilnehmern positiv bewertet wurde.

Ansonsten gingen Gewinne und Verluste im DAX quer durch alle Branchen. Spitzenreiter waren Online-Händler Zalando und Autobauer Porsche AG. Zalando stiegen nach einem positiven Analystenkommentar. Baader-Analyst Volker Bosse hatte die Papiere von "Add" auf "Buy" hochgestuft, das Kursziel aber von 37 auf 32 Euro gesenkt. Er verwies auf den verbesserten Ausblick und das Potenzial im Zusammenhang mit der Übernahme von About You. Mit der Akquisition habe Zalando nun eine sehr gute Marktstellung inne. Die Aktie war allerdings zuvor schlecht gelaufen.

Intel bekommt milliardenschwere Investition - US-Regierung will Anteil

Der kriselnde Chipkonzern Intel bekommt eine Milliarden-Finanzspritze aus Japan. Der Technologiekonzern Softbank kauft Intel-Aktien im Wert von zwei Milliarden Dollar, wie die Unternehmen mitteilten. Der Kaufpreis liegt mit 23 Dollar pro Aktie leicht unter dem gestrigen Schlusskurs. Im regulären Handel hatte sie gestern zuvor noch gut 3,6 Prozent an Wert verloren.

Ein möglicher Auslöser war ein Bericht des Finanzdienstes Bloomberg, wonach die US-Regierung über einen Einstieg mit zehn Prozent bei Intel verhandelt. Dies hat Handelsminister Howard Lutnick inzwischen bestätigt. Die US-Regierung will eine Beteiligung am Chiphersteller Intel als Gegenleistung für frühere staatliche Zuschüsse. Diese waren noch von der Vorgängerregierung unter Präsident Joe Biden genehmigt worden.

Auch Finanzminister Scott Bessent äußerte sich dazu. Ihm zufolge soll eine Beteiligung dabei helfen, den angeschlagenen Chipkonzern zu stabilisieren und die heimische Chipproduktion zu sichern. An der Börse kamen die Äußerungen gut an. Die Aktien von Intel schossen zwischenzeitlich mehr als zehn Prozent ins Plus.

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