Enttäuschende Arbeitsmarktzahlen und schlechte Stimmung in der Industrie, trotzdem wächst die Wirtschaft: Die Lage in den USA scheint zweigeteilt. Doch die konjunkturellen Alarmsignale häufen sich.

Etwas mehr als ein halbes Jahr ist US-Präsident Donald Trump nun im Amt. Übernommen hat er damals eine starke US-Wirtschaft mit niedriger Arbeitslosigkeit, einem soliden Wirtschaftswachstum und einer moderaten Inflation.

"Egal, aus welcher Richtung man auf die US-Wirtschaft schaut: Man kann nur zu dem Schluss kommen, dass sie sehr gesund ist", sagte Marktexperte Robert Rethfeld von Wellenreiter-Invest angesichts dieser Situation im Januar im Gespräch mit tagesschau.de. Seither hat sich viel bewegt in der US-Wirtschaft - nicht unbedingt immer zum Besseren.

Überraschend schwacher Arbeitsmarkt

So zeichnen etwa die jüngsten Zahlen einen überraschend schwaches Bild vom US-Arbeitsmarkt. Im Juli kamen nur noch 73.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft hinzu, wie aus dem am vergangenen Freitag veröffentlichten Bericht der Regierung hervorgeht. Von Reuters befragte Ökonomen hatten einen Zuwachs von 110.000 neuen Stellen auf dem Zettel.

Zugleich wurde die Zahl der im Juni geschaffenen Stellen massiv abwärts revidiert - von 147.000 auf nur noch 14.000. Auch im Mai sollen laut den revidierten Daten deutlich weniger Jobs geschaffen worden sein als ursprünglich angenommen.

"Die Zahlen sind schlechter ausgefallen als jede Prognose", sagte Helen Given, Chefanlegerin beim Finanzdienstleister Monex, mit Blick auf die Arbeitsmarktdaten. Der Knackpunkt sei vor allem die Abwärtskorrektur für den Vormonat.

Trumps Reaktion auf die Daten

Trump hatte angesichts der überraschend schwachen Daten noch am Freitag verkündet, die Chefin des Amtes für Arbeitsmarktstatistik, Erika McEntarfer, zu entlassen. Er warf ihr vor, Arbeitsmarktzahlen für politische Zwecke manipuliert zu haben. "Wir brauchen akkurate Arbeitsmarktzahlen", erklärte Trump. Kurz darauf schrieb er dann ohne Vorlage von Beweisen, Arbeitsmarktdaten seien manipuliert gewesen.

Die Entscheidung des US-Präsidenten sorgt in den USA für viel Kritik - doch Trumps Wirtschaftsberater Kevin Hassett verteidigt den Schritt. Auf die Frage, ob die Regierung irgendwelche Beweise dafür habe, dass die Arbeitsmarktzahlen manipuliert worden seien, sagte Hassett dem Sender NBC News: "Nun, der Beweis ist, dass es eine Reihe von Revisionen gab." Diese könnten zu parteiisch wirken. Auf das Nachhaken, ob es auch handfeste Beweise gebe, antwortete Hassett: "Ich denke, die Revisionen sind handfeste Beweise."

Alarmsignale häufen sich

Doch nicht nur die Arbeitsmarktdaten stellen die Stärke der US-Wirtschaft, wie sie noch Anfang des Jahres herrschte, in Frage. Ein weiteres Alarmzeichen kam von der US-Industrie, die ihre Talfahrt im Juli überraschend beschleunigte. Die Stimmung in der US-Industrie fiel auf 48,0 Punkte - den niedrigsten Stand seit Oktober 2024. Dies geht aus der jüngsten Unternehmensumfrage des Institute for Supply Management (ISM) hervor.

Das ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil auf das Verarbeitende Gewerbe gut zehn Prozent der Wirtschaftsleistung der USA entfallen. Die zeigte sich zuletzt zwar überraschend robust: Im zweiten Quartal wuchs die US-Wirtschaft aufs Jahr hochgerechnet um 3,0 Prozent, wie das Handelsministerium nach einer ersten Schätzung Ende Juli mitteilte.

Wie nachhaltig dieses Wachstum ist, ist aber völlig unklar. So warnen Ökonomen vor einer strukturellen Schwächung der Wirtschaft. Chefvolkswirt Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank sagte: "Die Investitionen gehen in einem auffällig starken Tempo zurück und auch der US-Konsument hält sich weiterhin zurück."

Dies seien zwei recht deutliche Signale, dass Unternehmen und Haushalte in den Vereinigten Staaten auf Vorsicht bedacht seien - besonders für Unternehmen sei die fehlende Planungssicherheit angesichts vielen Handelskonflikte ein Problem. Sie wollten erst einmal abwarten, was die US-Regierung in den kommenden Monaten mache.

Ist die Dollar-Schwäche ein Misstrauensvotum?

Und nicht zuletzt wird die aktuelle Schwäche des Dollar von Experten als Misstrauensvotum gegen die Politik Trumps gesehen - obwohl Trump damit genau das erreicht haben dürfte, was er wollte. Denn durch die Abwertung des Dollar, der seit Jahresbeginn deutlich verloren hat, sind Exporte für die USA billiger und Importe teurer. Das entlastete die defizitäre Handelsbilanz der USA.

Und gleichzeitig zeigt die Abwertung der US-Währung auch die Furcht der Anleger vor den Folgen von Trumps erratischer Zollpolitik; viele Investoren zogen Geld aus den USA ab.

Zollpolitik als Grund für hohe Zinsen

Trumps erratische Zollpolitik wird seit Monaten auch als Grund dafür genannt, warum die US-Notenbank Fed ihre Zinsen nicht senkt. In der vergangenen Woche beließ die Zentralbank den Leitzins erneut im Bereich von 4,25 bis 4,50 Prozent. Die Fed will ihrem Chef Jerome Powell zufolge mehr Klarheit darüber gewinnen, wie sich die von Zollerhöhungen geprägte Handelspolitik von Trump auf das gesamte Konjunkturbild auswirkt.

Allerdings ist die Stimmung innerhalb der Fed längst nicht mehr einheitlich: Bei dem Zinsentscheid für eine erneute Pause gab es zwei Abweichler, die eine Senkung befürworteten. Direktorin Michelle Bowman begründete den Schritt mit "Anzeichen für einen weniger dynamischen Arbeitsmarkt". Ihr Kollege Christopher Waller erklärte, die Fed sollte seiner Ansicht nach nicht mit einer Zinssenkung warten, bis sich der Arbeitsmarkt verschlechtert habe. Die jetzige abwartende Haltung der Fed sei aus seiner Sicht "übervorsichtig".

Und besonders die jüngsten Arbeitsmarktdaten dürften die US-Notenbank nun unter Druck setzen, meint etwa NordLB-Analyst Tobias Basse. Beim Thema Leitzinssenkungen gerate die Fed "unter wirklich großen Zugzwang". Eine Zahl von 100.000 neuen Stellen pro Monat gilt einer Faustregel zufolge als nötig, um die wachsende US-Bevölkerung mit ausreichend Arbeitsplätzen zu versorgen. Ähnlich sieht das auch LBBW-Ökonom Elmar Völker: Die Daten seien "gewiss Wasser auf die Mühlen der geldpolitischen Tauben um Fed-Gouverneur Christopher Waller". Mit Tauben sind Währungshüter gemeint, die eher einen lockeren geldpolitischen Kurs bevorzugen.

Trumps Chance bei der Fed?

Für US-Präsident Trump, der seit Monaten eine Senkung des Leitzinses fordert, eröffnet sich womöglich eine Chance. Denn am vergangenen Freitag gab die Gouverneurin Adriana Kugler überraschend ihr Amt im Führungsgremium der Fed vorzeitig ab. Nun kann Trump diesen wichtigen Posten neu besetzten, denn der Präsident nominiert die - vom Senat zu bestätigenden - Vorstandsmitglieder der Fed, die wiederum den Großteil des mächtigen Zentralbankrats ausmachen. So ist es wenig verwunderlich, dass er über den überraschenden Rücktritt der Gouverneurin "sehr glücklich" sei, weil nun ein Platz im Zentralbankrat frei werde.

Turnusmäßig wäre Kuglers Amtszeit erst im Januar 2026 abgelaufen. Mit der anstehenden Neubesetzung will Trump nun den künftigen Kurs der Fed in seinem Sinne beeinflussen, denn das Gremium legt den wichtigen Leitzins fest, der indirekt das Wirtschaftswachstum fördern kann.

Dass es nun obendrein auch noch die Entlassung der Chefin des Amtes für Arbeitsmarktstatistik gab, schürt weiter Unsicherheit. Laut Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege bei Robomarkets, weckt das Vorgehen Trumps "einmal mehr die Angst vor der zukünftigen politischen Unabhängigkeit solcher Institutionen und Berichte".

Mit Informationen von Lilli-Marie Hiltscher, ARD-Finanzredaktion.

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