Es soll ein Aufbruchssignal sein: Mehr als 60 Unternehmen wollen Milliarden in den Standort Deutschland investieren. Wie viel von dem Geld tatsächlich neu ist, bleibt aber vage.
Vor einem Treffen im Kanzleramt haben 61 Firmen die Gründung einer Initiative "Made for Germany" bekanntgegeben. Die Mitglieder würden gemeinsam in den kommenden drei Jahren 631 Milliarden Euro am Standort Deutschland investieren, heißt es in einer am Morgen veröffentlichten Mitteilung.
Kanzler Friedrich Merz zum Wirtschaftstreffen im Kanzleramt: "Eine der größeten Investitionsinitiativen"
tagesschau24, 21.07.2025 14:00 UhrDiese Summe umfasse sowohl bereits geplante als auch neue Kapitalinvestitionen, Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie Zusagen internationaler Investoren. "Ein dreistelliger Milliardenbetrag und damit ein signifikanter Anteil der Gesamtsumme entfällt auf Neuinvestitionen", heißt es weiter.
Offensive soll Aufbruchssignal sein
Ziel sei es, mit der Initiative ein starkes positives Signal zu setzen, dass Deutschland ein attraktiver Investitionsstandort sei. Das Geld wird laut Mitteilung unter anderem in neue Standorte und Anlagen in Deutschland, aber auch in Forschung und Entwicklung sowie die Modernisierung der Infrastruktur fließen.
Zu den Initiatoren gehören nach eigenen Angaben der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Christian Sewing, der Chef von Siemens, Roland Busch, der Vorstandsvorsitzende des Medienkonzerns Axel Springer, Mathias Döpfner, sowie Axel Geiser, CEO von FGS Global.
Viele DAX-Konzerne bei Treffen
Hintergrund der Zusage ist das heutige Treffen zahlreicher Chefs großer Konzerne im Kanzleramt mit Bundeskanzler Friedrich Merz, Vizekanzler Lars Klingbeil und Wirtschaftsministerin Katherina Reiche. An dem Treffen nehmen dem Vernehmen nach rund 30 Unternehmen teil, darunter mehr als ein Dutzend DAX-Konzerne. Merz hatte bereits am vergangenen Dienstag die Chefs internationaler Finanzfirmen und -fonds empfangen und danach von einem hohen Interesse am Standort Deutschland gesprochen.
Der Präsident des Münchner ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, lobte gegenüber dem rbb zunächst einmal die Ankündigungen der Unternehmen als Schritt in die richtige Richtung. In Deutschland mangele es derzeit an Investitionen. "Wir sind derzeit ungefähr sieben Prozent unter dem Niveau von 2019 bei Investitionen", sagte Fuest.
Wie viel wird wirklich neu investiert?
Allerdings gibt es Zweifel an dem Volumen der angekündigten Investitionen. Fuest sagte, sicherlich sei ein Teil der Investitionen ohnehin schon geplant gewesen. Die zentrale Frage sei, was an neuen Investitionen geplant sei. "Man muss abwarten, was wirklich kommt", so der Ökonom.
Ähnliche Kritik kam auch von dem Konjunkturforscher des Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW), Jens Boysen-Hogrefe. Viele Investitionszusagen seitens der Unternehmen würden so oder so anstehen, sagte er. "Was drumherum passiert, ist relevant. Natürlich geht es aus Sicht der Unternehmen um sehr viele Aufträge, die demnächst der Staat aushändigen wird angesichts der neuen Kreditmöglichkeiten." Er forderte, der Staat müsse sich vor allem auf die Verbesserung der Standortqualität konzentrieren.
Wirtschaftsweise begrüßt Vorhaben
Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer begrüßte die Ankündigung der 61 Unternehmen und Investoren zu investieren als "positives Signal". Damit zeigten die Unternehmen, dass sie "grundsätzlich an den Standort Deutschland glauben", sagte sie der Rheinischen Post.
Die Bundesregierung sei auf die Investitionen der Unternehmen angewiesen, um wieder positive Wachstumszahlen vorweisen zu können, sagte Schnitzer der Zeitung weiter. "Damit aus der großen Ankündigung auch große Taten folgen, werden die Unternehmen von der Bundesregierung Planungssicherheit sowie politische und sicher auch finanzielle Unterstützung bei ihren Vorhaben erwarten", fügte sie hinzu.
Mittelstand fast nicht dabei
Ein Streitpunkt ist die Frage nach der Zusammensetzung des Treffens. Beim Investitionsgipfel im Kanzleramt sind überwiegend große Unternehmen dabei. "Aber das, was für den Standort Deutschland relevant ist, die vielen kleinen und mittleren Unternehmen, die sitzen nicht am Tisch", sagte Boysen-Hogrefe im br.
Fuest betonte: "Wenn Großunternehmen investieren, dann geht das einher mit Aufträgen für Zulieferer, für kleinere Unternehmen also, das strahlt dann schon aus." Allerdings dürfe die Politik den Mittelstand auf keinen Fall vergessen. "Wenn man zum Beispiel an Entbürokratisierung denke, das braucht der Mittelstand unbedingt", sagte Fuest dem rbb.
Unternehmen haben Forderungen
Mit den Investitionszusagen der 61 Unternehmen ist auch eine Erwartungshaltung an die Politik verbunden. Der Deutsche Bank-Chef Sewing, Mitinitiator von "Made for Germany", sagte dem Handelsblatt in einem Doppel-Interview mit Siemens-CEO Busch: "Wir brauchen jetzt ein klares Zeichen an die Gesellschaft, dass sich hier etwas bewegt."
Als Allianz vieler führender Unternehmen wolle man im Schulterschluss mit der Politik dazu beitragen, Deutschland auf Wachstumskurs zu bringen. Das könne auch zu einem Stimmungsumschwung beitragen. "Wir brauchen in der Politik den Mut für strukturelle Veränderungen, und da müssen unbedingt große Schritte folgen", sagte Busch der Zeitung.
Schulden können nur einen Teil ausmachen
Merz hatte zuletzt grundlegende Reformen der Sozialversicherungen angekündigt. Wie diese genau aussehen und wann genau sie kommen, ist aber offen. Unternehmen klagen zudem seit langem über zu viel Bürokratie.
Bundestag und Bundesrat hatten ein 500 Milliarden schweres Sondervermögen für zusätzliche staatliche Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz beschlossen. Nur ein Teil der notwendigen Investitionen aber könne staatlich getätigt werden, ein großer Teil müsse privat erfolgen, hatte ein Regierungssprecher gesagt.
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