Digitalisierung und künstliche Intelligenz verändern die Arbeitswelt in rasantem Tempo. Zahlreiche Branchen stehen vor einem grundsätzlichen Strukturwandel. Dass Menschen den gleichen Job vom Berufseinstieg bis zur Rente machen, ist längst nicht mehr die Regel. Das sorgt bei vielen für Unsicherheit – eröffnet aber auch neue Jobchancen. Was überwiegt?
Die Recruiting-Plattform Softgarden hat dazu 5475 Menschen befragt, die sich aktuell auf eine neue Stelle beworben haben. Die Befragten kamen aus allen Altersstufen und vielen unterschiedlichen Branchen, mit Bildungshintergrund vom Hauptschul- bis zum Uniabschluss.
Die Ergebnisse, die Softgarden dem stern vorab zur Verfügung gestellt hat, sind ambivalent: Einerseits wünschen sich viele Menschen stabile Verhältnisse im Job. Andererseits zeigen sich die meisten Befragten offen für Veränderungen und sind bereit, diese aktiv anzugehen. Die sechs spannendsten Punkte:
1. Jobhopping oder Job fürs Leben
Der Arbeitsmarkt wird nach vielen guten Jahren wieder schwieriger für Bewerber. Das spiegelt sich auch im Wunsch nach sicherer Beschäftigung wider: Überwältigenden 96 Prozent der befragten Bewerber ist langfristige Jobstabilität "wichtig" oder "sehr wichtig". Nur 4 Prozent legen darauf keinen großen Wert. Besonders wichtig ist Jobstabilität Menschen mit einfacher Schulbildung, während Akademiker etwas entspannter darauf blicken. Zudem ist bei Vollzeitbeschäftigten der Anteil der "Sehr wichtig"-Nennungen höher als bei Teilzeitkräften.
Aber was verstehen die Menschen eigentlich heute unter Jobstabilität? Nur eine Minderheit von 28 Prozent wünscht sich das klassische Modell des "lebenslangen Arbeitgebers", dem man bis zur Rente treu bleibt. Eine Mehrheit von 52 Prozent favorisiert dagegen "stabile Verhältnisse" mit gelegentlichen Jobwechseln alle fünf bis zehn Jahre. Und jeder Fünfte ist sogar offen für häufiges Jobhopping nach dem Motto: "Chancen ergreifen, sobald sie sich bieten."
2. Mehr Geld oder mehr Sicherheit
Wie viel jemandem Jobsicherheit tatsächlich wert ist, lässt sich zum Beispiel daran ablesen, ob er oder sie auch bereit wäre, dafür auf Geld zu verzichten. Tatsächlich wäre mehr als jeder zweite Befragte bereit, für langfristige Beschäftigung auf einen Teil des Gehalts zu verzichten. Einige würden sogar Einbußen von 10 Prozent des Bruttogehalts oder noch mehr hinnehmen, wenn das ein Mehr an langfristiger Sicherheit bedeuten würde.
Ein tieferer Blick in die Daten zeigt: Nur zwei Gruppen schließen mehrheitlich einen Gehaltsverzicht aus – Frauen und Menschen mit einfachem Schulabschluss. Eine Erklärung dafür wäre, dass diese Personen im Schnitt schlechter verdienen und sich deshalb einen geringeren Verdienst weniger leisten können.
3. Umzug ja oder nein
Nicht immer liegen die beruflichen Chancen um die Ecke. Eine Mehrheit der Befragten würde für eine neue Arbeitsstelle aber auch in eine andere Stadt ziehen. Nur 47 Prozent schließen einen Wohnortwechsel kategorisch aus. Unterm Strich deutet sich hier eine steigende Umzugsbereitschaft an, denn bei der Vorläuferbefragung vor einem Jahr hatten noch rund 52 Prozent einen Umzug ausgeschlossen. "Möglicherweise zeigen sich hier erste Krisenphänomene im Mindset der Kandidaten", heißt es in der aktuellen Studie. Jeder Vierte würde für den Job sogar alles hinter sich lassen und mehr als 300 Kilometer weit wegziehen.
Natürlich ist die Bereitschaft zum Umzug von vielen persönlichen Faktoren abhängig. Wenig überraschend sind Jüngere unter 24 Jahren hier deutlich offener als Ältere ab 45 Jahren. Außerdem würden mehr Männer für einen neuen Job umziehen als Frauen und mehr Akademiker als Nichtakademiker. Nach familiären Verhältnissen und ob Kinder im Spiel sind, wurde hier nicht gefragt.

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4. Sich beruflich neu erfinden
Viele Menschen leben aktuell in dem Bewusstsein, dass sie – auch beruflich – in einer Zeit großer Umbrüche leben. So gehen drei von vier Befragten davon aus, dass sich ihr Job in den kommenden fünf Jahren stark verändern wird. Und: Mehr als 90 Prozent bezeichnen sich als offen für Veränderungen.
Wie sehr das zutrifft, zeigen einige weitere Antworten zu dem Thema. So sind 98 Prozent der Befragten bereit, sich neuen Anforderungen im Job anzupassen und weiterzubilden. 63 Prozent wären grundsätzlich bereit, die Branche zu wechseln und 67 Prozent können sich vorstellen, einen ganz anderen Job zu machen. Allerdings: Nur jeder Dritte wäre auch bereit, häufiger den Arbeitgeber zu wechseln. Neben grundsätzlicher Bereitschaft, sich weiterzuentwickeln, schwingt hier wohl auch der Wunsch mit, dies auch beim gleichen Arbeitgeber tun zu können.
5. Weiterbilden, aber wie?
Gefragt wurden die Bewerber auch, was sie denn in den kommenden fünf Jahren für ihre berufliche Weiterbildung machen wollen. Sechs von zehn planen demnach eine längere Weiterbildung von einem halben Jahr oder mehr, darunter überdurchschnittlich viele Jüngere. Neun von zehn Befragten setzen auf kürzere Seminare und Weiterbildungen, vor allem Frauen und Akademiker. Insbesondere bei Akademikern ist auch die Bereitschaft hoch, sich eigenverantwortlich durch Fachliteratur, Podcasts oder Video-Tutorials weiterzubilden – oder sich selbst neue Fähigkeiten wie den Umgang mit Software anzueignen. Ein überragendes Thema ist künstliche Intelligenz: Drei von vier Befragten wollen sich beruflich intensiv mit den Möglichkeiten beschäftigen, die KI bietet.
6. Arbeitgeber in der Pflicht
Beim Thema Weiterbildung sehen die befragten Beschäftigten nicht nur sich selbst in der Verantwortung, sondern auch ihren Arbeitgeber. Für die Frage, ob sie bei einem Arbeitgeber langfristig bleiben wollen, halten es 53 Prozent der Befragten für "sehr wichtig" und weitere 41 Prozent für "wichtig", dass dieser viel in ihre Weiterbildung investiert.

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capitalÜberraschend: Vor die Wahl gestellt, ob der Arbeitgeber ihnen lieber mehr Gehalt zahlen oder eine Weiterbildung finanzieren solle, entschied sich eine Mehrheit gegen das Geld. Selbst bei der Frage nach mehr Urlaub oder mehr Arbeitszeit für Weiterbildung lag die Präferenz auf mehr Weiterbildung. "Die Zeiten, in denen Weiterbildungsangebote als nettes Add-on wahrgenommen wurden, sind vorbei", heißt es in der Studie. Weiterbildung sei heute kein Benefit mehr, sondern ein hartes Kriterium im Wettbewerb um fähige Leute.
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