In der Nacht zu Montag erschien Cyril Ramaphosa im bequemen Adidas-Trainingsanzug auf dem Rollfeld der Militärbasis Waterkloof in Pretoria. Bevor er beschwingten Schritts die Treppenstufen zu seinem startbereiten Regierungsjet „Inkwazi“ hinaufstieg, winkte er noch drei Techniker zu sich, schüttelte Hände, bedankte sich mit einem Lächeln: „Ihr seid also diejenigen, die sicherstellen, dass wir auch abheben“, plauderte er, wohlwissend, dass die Kameras liefen.

Es war ein betont lockerer Moment vor einer heiklen Mission. In Washington trifft Ramaphosa am Mittwoch auf Donald Trump – ein schwieriges Treffen. In den vergangenen drei Monaten hat der US-Präsident Südafrika so stark wie kaum eine andere Nation unter Druck gesetzt: mit der Kürzung von Entwicklungshilfe, der Ausweisung des südafrikanischen Botschafters, der Aufnahme weißer „Flüchtlinge“ aus dem Land und neuen Zöllen, die eine Verlängerung des auslaufenden Freihandelsabkommens AGOA utopisch erscheinen lassen. Selbst Iran oder China wurden in den vergangenen Wochen nicht mehr in dieser Frequenz und Aggressivität in die Mangel genommen.

Wirklich gelassen dürfte Ramaphosa die Reise also doch nicht angetreten haben, zumal schon vor Trumps Wahl die US-Sanktionen gegen Südafrika im Gespräch waren. Washington erzürnt seit Jahren die ideologische Nähe des Landes zu BRICS-Staaten wie Russland und China, aber auch die Klage gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof wegen des angeblichen Völkermordes in Gaza – ein Thema, bei dem Südafrika weiterhin klare Worte findet.

Und so stieg Ramaphosa nach der Landung in Washington frisch umgezogen im feinen Maßanzug aus dem Flugzeug. Weiterhin lächelnd, aber für eine gewisse Grundanspannung spricht die ungewöhnliche Akribie, mit der seine Diplomaten die Reise vorbereiteten. Im Vorfeld schickte Ramaphosa eine Delegation nach Kanada, wo man sich im Außenministerium Tipps zum Umgang mit dem polternden Nachbarn einholte.

Die Tatsache, dass das Treffen mit dem zunächst widerwilligen Trump überhaupt zustande kam, verdankt Ramaphosa offenbar seinem südafrikanischen Milliardärsfreund Johann Rupert, der beste Beziehungen zu Trump pflegt und einen Anruf zwischen den beiden Politikern arrangierte. Rupert, der in der Nähe von Kapstadt lebt, flüstere Trump ins Ohr, „dass es in Südafrika keine gewalttätigen Landbeschlagnahmungen von Grundstücken der Weißen gab“, berichtete das Nachrichtenportal „Daily Maverick“.

Ramaphosa nahm jedenfalls offenbar so manchen guten Rat mit. So lud er Trump im Februar am Telefon zum Golf-Spiel in Südafrika ein. Eine erneute Einladung soll beim aktuellen Besuch ausgesprochen werden – nicht nur als Geste, sondern auch als Versuch, Trump für den G-20-Gipfel im November in Johannesburg zu gewinnen, die er bislang zu boykottieren drohte.

Sicherheitshalber soll Rupert Teil des südafrikanischen Trosses in Washington sein. Zu diesem gehört auch der weiße Landwirtschaftsminister John Steenhuisen – der beweisen soll, dass die Behauptung eines angeblichen Genozids gegen die Weißen in Südafrika nichts mit der Realität zu tun hat. Und in der Hoffnung, dass sich Trump davon eher überzeugen lässt als von den offiziellen Polizeistatistiken. Sie entkräften den Vorwurf zwar, interessieren den US-Präsidenten aber nicht.

Im Gepäck hat Ramaphosa zudem Vorschläge, wie Elon Musks Unternehmen in Südafrika Fuß fassen könnten. So soll Tesla bei Investitionen in E-Ladeinfrastruktur mit Zollvorteilen belohnt werden. Auch eine Lösung für das Satellitenprojekt Starlink steht auf dem Plan. Dessen Lizenzierung scheitert bisher an Südafrikas Gesetzen, die für Telekommunikationsunternehmen vorschreiben, dass ihre Eigentümer in der Regel zu 30 Prozent aus historisch benachteiligten Gruppen bestehen müssen – schwarzen Südafrikanern etwa.

Hoffnung auf Wiederbelebung des Handels

So könnte Musk mit Investitionen in Raumfahrt und Technologie in Südafrika punkten, auch der Bau von Schulungszentren für Jugendliche oder die Bereitstellung von Risikokapital für Start-ups könnte den seit Jahren von Musk angestrebten Marktzugang im wichtigsten Land Afrikas beschleunigen. Es wäre eine großzügige Auslegung bereits bestehender Ausnahmeregelungen für ausländische Investoren. Das stolze Südafrika könnte wiederum argumentieren, dass niemand für Musk die Gesetze verbogen hat.

Im Gegenzug hofft Ramaphosa auf eine Wiederbelebung des Handels mit den USA in Form einer Verlängerung des in diesem Jahr auslaufenden AGOA-Abkommens, das Südafrika zollfreien Zugang zum US-Markt erlaubt. Trumps Strafzölle bedrohen dieses Privileg. „Wir lassen uns nicht ablenken“, erklärte Südafrikas Präsident gegenüber dem staatlichen Sender SABC. „Wir sprechen über das, was für unser Land wichtig ist.“

Der Politiker ist also bereit, Falschbehauptungen über den angeblichen Genozid und die Enteignung weißer Farmer entgegenzutreten – und hofft unter dem Eindruck von Trumps Konfrontationskurs beim Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus aber wohl inständig, dass sich Trump auf das Thema Handel konzentriert.

„Wir werden unsere Gespräche in sachlicher, geschäftsmäßiger Weise führen“, sagte Ramaphosa. „Wir lassen uns von nichts ablenken. Wir konzentrieren uns nur auf das, was für unser Land wichtig ist: den Handel.“

Christian Putsch ist Afrika-Korrespondent. Er hat im Auftrag von WELT seit dem Jahr 2009 aus über 30 Ländern dieses geopolitisch zunehmend bedeutenden Kontinents berichtet.

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