Der Vergleich hat seine Grenzen, ganz klar. Donald Trump ist nicht Mao Zedong. Mehrere chinesische Forschende sprechen dennoch von einer "amerikanischen Kulturrevolution", von Parallelen zwischen dem Vorgehen des früheren chinesischen Diktators und des aktuellen US-Präsidenten.
Donald Trump verabscheut die Eliten, misstraut der Bürokratie, betont seine Nähe zu den einfachen Leuten. Damit erinnert der US-Präsident manche an den früheren chinesischen Machthaber Mao Zedong. Einer davon ist der Wissenschaftler Ding Xueliang, der an der US-Elite-Universität Harvard promovierte. Der Experte für die chinesische Kulturrevolution und emeritierte Professor ist im kommunistischen China aufgewachsen. Mit 13 Jahren stieß er zu Maos Roten Garden, so erzählt es eine Reporterin des US-Senders CNN.
Ding wurde damals Teil einer Bewegung, die China bis aufs Mark erschütterte: In der Kulturrevolution schwärzten Kinder ihre Eltern an, Millionen Menschen wurden öffentlich bloßgestellt, gefoltert oder verbannt, Hunderttausende starben als Folge der neuen Politik. Mao gab vor, das Land von alten Parteikadern und verkrusteten Denkweisen befreien zu wollen.
Mit den USA von heute sei das nicht gleichzusetzen, sagte der ehemalige Rotgardist Ding laut CNN: "Aber es gibt sicherlich Parallelen." Ding ist nicht allein mit seinem Déjà-vu. In den vergangenen Monaten äußerten sich andere Chinesen ähnlich: Was da gerade in den USA passiere, so der Tenor, käme ihnen bekannt vor.
"Überwältigt von einem Gefühl der Vertrautheit"
Wie der Politikwissenschaftler Ding erlebte die Unternehmerin und Medienforschende Hu Shuli die chinesische Kulturrevolution als Jugendliche und ging später in die USA, um dort zu studieren. Auf der Social-Media-Plattform WeChat schrieb sie kürzlich: "Das ist eine amerikanische Kulturrevolution!"
"Vom Regen in die Traufe" sei sie geraten, sagte die chinesische Investigativ-Journalistin Jiang Xue der New York Times. Wegen ihrer Arbeit habe sie China Richtung der USA verlassen. Dort fühle sie sich jetzt "überwältigt von einem Gefühl der Vertrautheit", wird Xue von der Zeitung zitiert.
Der Pekinger Verfassungsrechtler Zhang Qianfan sagte dazu laut CNN: Wie schon Mao umgebe sich auch Trump mit Getreuen außerhalb des Establishments. In einem Blog-Beitrag erklärte Zhangs Kollegin Zi Zhongyun das so: Diktatoren wollten direkten Kontakt zum Volk, die Bürokratie störe dabei. Mao, so Zhang, schickte die Roten Garden - Trump setze auf Elon Musk und dessen Team. Der Vergleich funktioniert nur bedingt, denn die Roten Garden agierten ab 1966 wie Paramilitärs, töteten Tausende Menschen und wurden 1968 wieder aufgelöst. Musks Team besteht aus IT-Experten, die bürokratische Prozesse umgestalten.
Zwei Parallelen - viel Raum dazwischen
Laut CNN beunruhigt Zhang auch die zur Schau gestellte Begeisterung der Republikaner für ihren Anführer, der Personenkult um Trump: Brendan Carr, Chef der US-Kommunikationsbehörde, zeigte sich kürzlich mit einer goldenen Anstecknadel in Form von Trumps Profil. Zhang habe ein entsprechendes Foto zunächst für Satire oder Fälschung gehalten, schreibt CNN. In China seien solche Abzeichen politisch aufgeladen. Während der Kulturrevolution trugen Rotgardisten Mao-Plaketten als Zeichen ihrer Treue.
Zwischen solchen Parallelen kann also viel Raum liegen. Maos Kulturevolution entwuchs einer Diktatur, wurde zu einer landesweiten Jugendbewegung und kostete Hunderttausende, wenn nicht Millionen Menschen ihr Leben. Trump hingegen ist erst rund vier Monate im Amt. Die Kongresswahlen im kommenden Jahr könnten seine Macht einengen. Und auch wenn seine Regierung rücksichtsloser auftritt als frühere: Die USA sind ein ganz anderes Land als Maos China, in dem Menschen umgebracht wurden.
Die USA haben Mechanismen, um ihr politisches System vor einem autoritären Anführer zu schützen. Die Staatsgründer hätten "auf jeder Ebene des Systems Sand in die Getriebe gestreut", zitiert "Foreign Policy" den Soziologen Andrew Walder. "Und das hat sich als sehr effektiv erwiesen." In Maos China habe es kaum Widerstand gegen die aufkommende Kulturrevolution gegeben. In den USA fechten Gerichte hingegen Trumps Entscheidungen an - mehr als hundert Verfahren laufen gegen die Maßnahmen seiner Regierung.
Auch die Wähler werden immer kritischer. Inzwischen äußert eine Mehrheit der Bevölkerung in Umfragen ihre Unzufriedenheit mit der Arbeit des Präsidenten. US-Medien kritisieren den Präsidenten und sein Team ausgiebig und offen. Auch dieser Text wäre in Maos China sicher nicht entstanden.
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